Pressemitteilung | Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern / Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Zunahme der Meldungen von schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelereignissen in den USA

(Berlin) - Im September dieses Jahres wurde eine Auswertung der unerwünschten Arzneimittelereignisse publiziert, die im Rahmen des Spontanmeldesystems zwischen 1998 und 2005 bei der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) registriert wurden (1).

Unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE, engl. adverse drug event) sind definiert als unerwünschte medizinische Ereignisse, die in Verbindung mit der Anwendung eines Arzneimittels auftreten, aber im Unterschied zur unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW, engl. adverse drug reaction) nicht unbedingt in kausaler Beziehung mit dem Arzneimittel stehen. So können z. B. auch Medikationsfehler sowie absichtliche und versehentliche Überdosierungen zu den UAE gerechnet werden (2).

In die Auswertung gingen nur schwerwiegende UAE ein. Als "schwerwiegend" werden von der FDA Ereignisse eingestuft, die die folgenden Kriterien erfüllen: tödlich oder lebensbedrohlich, ursächlich für eine kongenitale Anomalie, eine Behinderung, eine stationäre Aufnahme oder eine medizinische Intervention.

Einbezogen in die Analyse wurden ausschließlich Spontanmeldungen, die entweder direkt an die FDA oder über die pharmazeutischen Hersteller berichtet wurden. Unerwünschte Ereignisse im Rahmen von Arzneimittelstudien oder aus anderen Ländern als den USA blieben unberücksichtigt. Sowohl Meldungen zu verschreibungspflichtigen als auch zu frei verkäuflichen Arzneimitteln wurden ausgewertet. Ausgeschlossen wurden Berichte zu Medizinprodukten, Nahrungsergänzungsmitteln, illegalen Drogen, Impfkomplikationen und zu Thalidomid (die in den USA in einem speziellen Register erfasst werden). Da Medienberichte über Marktrücknahmen von Arzneimitteln eine große Zahl von nachträglichen UAE-Meldungen induzieren können, wurden Berichte, die später als 14 Tage nach Marktrücknahme eines Arzneimittels bei der FDA eingingen, nicht in die Analyse einbezogen.

Während des Beobachtungszeitraums von acht Jahren wurden der FDA insgesamt 467.809 schwerwiegende UAE berichtet. Dabei stieg die Zahl der Meldungen von 34.966 im Jahr 1998 um das 2,6-fache auf 89.842 im Jahr 2005 an. Auch die berichteten Todesfälle erhöhten sich um das 2,7-fache von 5519 auf 15.107. Der relative Anstieg der gemeldeten schwerwiegenden UAE war viermal größer als der Anstieg der Arzneimittelverschreibungen im selben Zeitraum (1998: 2,7 Milliarden; 2005: 3,8 Milliarden).

Berücksichtigt man die unterschiedlichen Berichtstypen, die von der FDA erfasst werden (Spontanmeldungen direkt an die FDA, "Express"-Berichte der pharmazeutischen Hersteller an die FDA über bislang unbekannte UAE, periodische Berichte der pharmazeutischen Hersteller über bereits bekannte UAE), so ist der Anstieg zu 87,6 Prozent auf Berichte der Hersteller über bislang unbekannte und somit auch nicht in der Produktinformation aufgeführte UAE zurückzuführen.

Insgesamt 1489 verschiedene Arzneimittel wurden in den Berichten an die FDA genannt, jedoch nur 20 Prozent (298) dieser Arzneimittel waren Auslöser für 87,1 Prozent (407.394) aller gemeldeten UAE. Unter den 15 am häufigsten im Zusammenhang mit Todesfällen genannten Arzneimitteln finden sich sieben Analgetika (Oxycodon, Fentanyl, Morphin, Paracetamol, Methadon, die Kombination Paracetamol-Hydromorphon und Rofecoxib), drei Immunmodulatoren (Infliximab, Etanercept, Interferon beta), drei Antipsychotika (Clozapin, Risperidon, Olanzapin) sowie das Antidepressivum Paroxetin und das Zytostatikum Paclitaxel. Wegen der Neueinführung bzw. vermehrten Anwendung während des Beobachtungszeitraums wurde besonderes Augenmerk gelegt auf 13 biotechnologisch hergestellte Produkte aus der Klasse der TNF-alpha Antagonisten und Interferone alpha und beta. Für diese Arzneimittel zeigt sich ein besonders ausgeprägter Anstieg der schwerwiegenden UAE um das 15,8-fache von 580 Meldungen im Jahr 1998 auf 9181 im Jahr 2005.

Die Autoren der Studie fordern vor dem Hintergrund des fast dreifachen Anstiegs von schwerwiegenden UAE und medikamentenassoziierten Todesfällen präzisere und leistungsfähigere Systeme zur Überwachung von Arzneimitteln nach der Markteinführung, damit Patienten in Zukunft besser vor Schaden durch Einnahme von Arzneimitteln geschützt werden können.

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft nimmt den oben zusammengefassten Artikel von Thomas J. Moore et al. zum Anlass, nochmals auf den 2. Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie hinzuweisen, der unter Beteiligung der AkdÄ am 29. und 30.11.2007 im Bundeshaus in Bonn stattfindet. Vorgestellt wird dort u. a. der Aktionsplan Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland 2008/2009 durch das Bundesgesundheitsministerium. Ein weiteres Schwerpunktthema ist die Arzneimitteltherapiesicherheit bei älteren Patienten.

Da Arzneimitteltherapiesicherheit ein globales Thema ist, werden auch zahlreiche ausländische Experten ihre Erfahrungen referieren. Zu den Referenten zählt auch der Autor des oben zusammengefassten Artikels.

Quelle und Kontaktadresse:
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Pressestelle Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin Telefon: (030) 400456500, Telefax: (030) 400456555

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