Zum Internationalen Tag der Jugend am 12.08.2024: Mehr niederschwellige, lebensweltnahe Angebote für Jugendliche mit psychischen Erkrankungen
(Stuttgart) - Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2021 Kinder und Jugendliche zwischen 10 bis 17 Jahren vor allem auch aufgrund psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen (19 Prozent) stationär behandelt. Die häufigsten Ursachen waren Depressionen, Angst- oder Essstörungen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg und Jugendhilfeeinrichtungen fordern zum Internationalen Tag der Jugend (12.08.) den Ausbau niederschwelliger Angebote für Jugendliche mit psychischen Erkrankungen wie Anlauf- und Beratungsstellen, ambulante Dienste und Präventionsprogramme an Schulen. Wichtig sei, diese in der jugendlichen Lebenswelt zu verorten. Auch Eltern bräuchten mehr Unterstützungsangebote, um psychische Probleme bei ihren Kindern frühzeitig zu erkennen.
"Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen können die soziale und schulische Entwicklung erheblich beeinträchtigen und sich unbehandelt bis ins Erwachsenenalter fortsetzen und die Lebensqualität erheblich einschränken.
Deshalb ist es notwendig, psychische Unterstützungsangebote einfacher und leichter zugänglich zu machen und in den Lebenswelten der jungen Menschen wie Schule, Ausbildung, Studium und Freizeit anzubieten. Schnelle, unkomplizierte Hilfen und präventive Maßnahmen können einen wesentlichen Beitrag zum Schutz und zur Förderung der psychischen Gesundheit junger Menschen leisten", betont Kerstin Kleinheinz, Referentin für Bildung und Jugend beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Um die langen Wartezeiten zu verkürzen, sollte die Zahl der Therapieplätze und des Fachpersonals in der Kinder- und Jugendpsychiatrie dringend erhöht werden. Schulen benötigten zusätzliche Mittel für Präventionsprogramme zur Förderung der psychischen Gesundheit der Schüler*innen, um Stress besser zu bewältigen und Achtsamkeit zu lernen. Hier könnten regelmäßige Kurse und Beratungsmöglichkeiten nützlich sein, so Kleinheinz.
"Das selbstverletzende Verhalten in Form von tiefen, nahtpflichtigen Schnitten, Verbrennungen und selbstzugefügten Platzwunden am Kopf hat in den letzten Jahren sehr zugenommen. Daneben gibt es eine starke Tendenz des Rückzugs aus der Welt in das eigene kleine Zimmer mit lang anhaltendem Schulabsentismus und sehr aufwendigen, nachgehenden Behandlungssettings, um den Zugang zu sozialen Räumen und einer altersadäquaten Entwicklung wieder zu ermöglichen", sagt Sylvia Künstler, Geschäftsführung beim Verein für Psychoanalytische Sozialarbeit Rottenburg-Tübingen e.V.. Die flexiblen und den jeweiligen Bedürfnissen angepassten Hilfsangebote bewirkten, dass junge Menschen wieder selbständig handeln und die inneren, unbewussten Motive eines oft (selbst-)destruktiven Verhaltens verstehen und ihm neu begegnen könnten. Bei schwer psychisch beeinträchtigten Schulabsentist*innen werde mit Hilfe von "Hausunterricht" der Weg zurück in öffentliche Schulen ermöglicht.
"Der Weg in die oft als bedrohlich oder zumindest als unangenehm erlebte Außenwelt wird hierbei eng begleitet. Die sozialen Phobien, das Vermeiden von Kontakten vor allem zu Gleichaltrigen wird unterstützt durch die Neuen oder nicht mehr ganz so neuen Medien, mit denen ein Gefühl der Einsamkeit umgangen werden kann", so Künstler.
"Kompass ist eine Beratungsstelle für junge Menschen zwischen 16 und 26 Jahren, die sich in belastenden Lebenssituationen befinden, mit psychischen Erkrankungen umgehen müssen oder Fragen zum Thema psychische Gesundheit haben", erklärt Uwe Hellwich, Geschäftsführer des Weinsberger Hilfsvereins e.V. in Heilbronn. Mit dem Hilfsangebot für diese Altersspanne reagiere der Verein auf die verlängerte Jugendphase als eigenständige Lebensphase. "In dieser Zeit des Erwachsenwerdens möchten wir niederschwellige Unterstützung anbieten. Die Hilfe kann durch Einzel- und Angehörigenberatung im Büro oder zu Hause oder durch intensive Begleitung angeboten werden. Uns ist es wichtig, unsere Klientel in ihrer Lebenswelt zu begegnen, sie dort abzuholen und individuell zu unterstützen. Im Alltag stehen wir da vor mehreren Herausforderungen. Bei höherem Bedarf muss eine Überbrückungszeit ausgehalten werden, da stationäre Maßnahmen und Therapieplätze mit langen Wartezeiten verbunden sind. Die Versorgung von Stadt- und Landkreis Heilbronn ist mit viel Fahrtzeit verbunden. Dies bedeutet Arbeitszeiten bis in den Abend hinein und ein hohes Maß an Eigenverantwortung bei der Planung des Arbeitsalltags", so Hellwich.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Landesverband Baden-Württemberg e.V.
Hina Marquart, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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