Zum heutigen Tag gegen Lärm (27.April 2010) / Lärm trennt
Verkehrslärm, Nachbarschaftslärm, Freizeitlärm, Lärm in der Schule, Baulärm, Kinderlärm, Maschinenlärm - die Liste verschiedener Geräuschquellen ist sehr lang und zeigt, dass Lärm im alltäglichen Leben überall auftreten kann. Doch Lärm ist nicht nur allgegenwärtig, sondern auch schädlich für Gesundheit und Wohlbefinden und trägt somit nachhaltig zu einer Reduzierung der Lebensqualität bei.
Er hat zudem negative soziale Folgen. Der diesjährige Tag gegen Lärm stellt mit seinem Motto *Lärm trennt" diese gesellschaftlichen Auswirkungen in den Fokus. Lärm am Arbeitsplatz und zunehmend im Freizeitbereich trägt zum Verlust der Hörfähigkeit bei. Nach dem Diktum von Immanuel Kant *Nicht Sehen trennt von den Dingen, nicht Hören trennt von den Menschen" kann dies zu Unsicherheit in Gruppensituationen, zur Vermeidung von sozialen Kontakten, zu Misstrauen und Minderwertigkeitsgefühlen und schließlich zur Gefahr der Vereinsamung führen. Besonders problematisch ist in diesem Zusammenhang der sorglose Musikkonsum (MP3-Player, Konzerte, Diskotheken usw.) vieler junger Menschen: Die Nutzung von MP3-Playern mit durchschnittlicher Lautstärke an nur 4 Stunden in der Woche entspricht der wöchentlichen Lärmbelastung an einem Arbeitsplatz, an dem Hörschutz vorgeschrieben ist. Studien belegen, dass inzwischen relevante Teile der Jugendlichen bereits hörgeschädigt sind. Die Trennwirkung des Lärms wird auch bei vielen gesellschaftlichen Konflikten deutlich, vor allem zwischen Nachbarn: Der Lärm der Nachbarn ist inzwischen nach dem Straßenverkehrslärm die störendste Lärmart in Deutschland: 37 Prozent der Wohnbevölkerung fühlen sich von ihm belästigt. Die Lösung dieser Konflikte ist mitunter besonders schwierig, weil die Einen Geräusche als lästig empfinden, die für Andere Ausdruck von Lebensfreude und notwendiges Medium lebendiger Kommunikation sind. Verkehrslärm schließlich führt zur unerwünschten städtebaulichen Trennung: Untersuchungen in Deutschland zeigen, dass sich die unteren Einkommensklassen im Vergleich zu den Besserverdienenden doppelt so stark von Straßenverkehrslärm gestört fühlen (siehe auch die Beiträge des UBA und des VCD). Aktuell erleben wir, dass der Streit um Flugrouten in Frankfurt und Berlin die Umlandgemeinden der Flughäfen in der Frage entzweit, wie die Belastungen zu verteilen sind.
Zusammen mit dem Arbeitsring Lärm der DEGA (ALD) setzt sich die Deutsche Gesellschaft für Akustik nicht nur am *Tag gegen Lärm" dafür ein, die Lärmproblematik in Deutschland ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rufen. Der ALD bietet ganzjährig u.a. Diskussionsforen an, er informiert unter Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Ursachen und Wirkungen von Lärm und gibt Hinweise zum Schutz vor Lärm, um den Lärmschutz in Deutschland und Europa zu verstärken.
(siehe auch www.tag-gegen-laerm.de und www.ald-laerm.de)
Lärm trennt!
Jeder zweite Mensch in Deutschland fühlt sich durch Straßenverkehrslärm belästigt. Sozial schwächere Personen beeinträchtigt der Lärm häufig stärker als sozial besser gestellte, die weniger häufig an stark befahrenen Durchgangsstraßen leben müssen. Lärm hat also eine soziale Dimension. Eine effektive Lärmminderungspolitik sollte sozialer Ungerechtigkeit begegnen. Die europäische Umgebungslärmrichtlinie versucht dies, indem sie für alle Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und Großflughäfen sowie in großen Ballungsräumen so genannte Lärmkarten fordert. Diese Karten zeigen die örtliche Lärmbelastung und bilden die Grundlage für die anschließende Lärmaktionsplanung, das heißt die konkreten Maßnahmen um Lärm zu mindern. In Deutschland erarbeiten die Gemeinden oder nach Landesrecht zuständige Behörden die Lärmaktionspläne. Dabei wird besonderes Augenmerk auf den Straßenverkehr als Hauptverursacher der Lärmbelastungen gelegt.
Doch wie kann der Straßenverkehrslärm sinken? Zum Beispiel durch lärmmindernde Fahrbahnbeläge, wie eine Übersichtsstudie des Umweltbundesamtes (http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3841.pdf) zeigt: Durch Wahl eines lärmoptimierten Straßenbelags können Gemeinden selbst auf Straßen mit Tempo 50 die Lärmsituation um 2 bis 4 dB(A) verbessern.
(siehe auch www.umweltbundesamt.de)
Lärmschutz verbindet
Aus Anlass des Tages gegen Lärm werden Fachleute der BG BAU bundesweit in Ausbildungszentren der Bauwirtschaft aktiv und informieren den Baunachwuchs über die Gefahr der Entstehung einer Lärmschwerhörigkeit und Möglichkeiten sich zu schützen. Denn wo Maschinen und Werkzeuge eingesetzt werden, entsteht Lärm. Wer sich nicht schützt, kann unheilbar erkranken. Lärmschäden sind die Nummer Eins unter den Berufskrankheiten: In der Bauwirtschaft beruhen fast die Hälfte auf Hörschäden. Doch nicht jeder Lärm ist hinzunehmen. Darüber informiert die BG BAU: Es gibt Lärm geminderte Arbeitsgeräte und Maschinen können eingekapselt werden. Auch können laute und leisere Arbeitsbereiche getrennt werden. Wo Lärm dennoch unvermeidlich ist, helfen Gehörschützer: Diese müssen Beschäftigte bei einem Lärmpegel ab 85 dB (A) tragen. Lärm trennt Menschen mit Hörschäden von Gesunden: Wenn Betroffene Hinweise von Vorgesetzten und Kollegen schlecht hören, kommt es leicht zu Fehlern. Sogar das Unfallrisiko steigt, wenn die Betroffenen Warnsignale auf der Baustelle überhören. Zudem haben Lärmschäden oft Herz- und Kreislaufprobleme zur Folge: Das hat Auswirkungen in Beruf und Freizeit. Gerade Jugendliche suchen in ihrer Freizeit nicht Ruhe und den notwendigen Ausgleich, sondern setzen sich gern lauter Musik aus, auch darauf weist die BG BAU hin: Jeder vierte Jugendliche hat kein wirklich intaktes Gehör mehr, das zeigen Studien. Die Lage bei den Berufskrankheiten kann sich also zuspitzen.
(siehe auch www.bgbau.de)
Offensive für das Ohr
Das Ohr lässt uns teilhaben an allem, was um uns herum geschieht. Tag und Nacht versorgt es uns mit Informationen: Stimmen, Geräusche und Musik geben uns Auskunft über unsere Umwelt und unsere Mitmenschen, die entscheidend sind für unser Verhalten. Ohren haben keine Lider wie die Augen, die wir schließen können. Sie sind immer geöffnet, hören alles, ob es uns gefällt oder nicht. Das Gehör ist ein Warnsystem und selbst das leiseste Signal wird wahrgenommen und verarbeitet - erst recht aber der Lärm. Insbesondere hochfrequente, vor allem auch plötzlich auftretende Geräusche haben unmittelbare Auswirkungen auf unseren Organismus! Lärm, der erwiesenermaßen krank machen kann, beginnt bereits in vermeintlich *leisen" Zonen. Von schädigendem Lärm sprechen wir ab einer Lautstärke von 85 dB (A). Die sogenannte *Schmerzgrenze" liegt erst bei 120 dB (A). Das bedeutet: Lärm schädigt uns, lange bevor es weht tut!
Die INITIATIVE HÖREN engagiert sich seit Jahren und mit großem Einsatz, nicht nur am Tag gegen Lärm, für die Schärfung des öffentlichen Bewusstseins des Akustischen. Als größte lobbyübergreifende Plattform zum Thema Hören lädt die INITIATIVE HÖREN gemeinsam mit ihrem Mitglied, der DEGA, alle gesellschaftlichen Gruppierungen dazu ein, sich an dieser OFFENSIVE FÜR DAS OHR aktiv zu beteiligen.
(siehe auch www.initiative-hoeren.de)
Verkehrslärm aktiv bekämpfen
Verkehrslärm ist allgegenwärtig: 55 Prozent der Bundesdeutschen leiden unter Straßen-, 29 Prozent unter Flug- und 22 Prozent unter Schienenlärm. Lärm führt zu Gesundheitsproblemen, hat aber auch soziale Auswirkungen: Er trennt die Menschen. Ob die nachbarschaftliche Kaffeerunde auf der Terrasse ausfällt, seit diese durch zunehmenden Fluglärm unbenutzbar ist, oder meterhohe Lärmschutzwände beiderseits der Schiene oder Schnellstraße die Anwohner mehr scheiden als schützen. Da der Lärmpegel den Mietpreis entscheidend beeinflusst, verläuft die Trennung zudem entlang sozialer Grenzen: Während finanziell Bessergestellte in ruhigere Wohngebiete ausweichen können, bleiben an Hauptausfallstraßen oder in der Einflugschneise oft jene zurück, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind.
Michael Ziesak, VCD-Bundesvorsitzender: *Anstatt die Menschen durch passive Lärmschutzmaßnahmen abzuschotten, muss Verkehrslärm aktiv bekämpft werden. Dazu zählen Verkehrsvermeidung und -beruhigung - etwa durch Tempo 30 oder Shared Space, aber auch technische Ansätze wie lärmarme Reifen, Motoren und Bremsen. Sie müssen durch entsprechende politische Vorgaben oder Förderung zum Standard werden."
siehe auch www.vcd.org
Quelle und Kontaktadresse:
Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), Bundesverband
Pressestelle
Rudi-Dutschke-Str.9, 10969 Berlin
Telefon: (030) 2803510, Telefax: (030) 28035110
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