Pressemitteilung | (HESSENMETALL) Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen - Bezirksgruppe Darmstadt und Südhessen e.V.

'Zukunftspakt: Gute Verkehrswege in Hessen' / Vorschlag an die Landespolitik / Erhaltungsinvestitionen für Landesstraßen anheben / Ministerien sollen Mobilitäts- und Investitionsberichte erstellen

(Wiesbaden/Darmstadt) - Ein Bündnis aus hessischen Unternehmerverbänden, Baugewerkschaft und ADAC hat heute die hessische Politik aufgefordert, den durch die Schuldenbremse erzwungenen Abbau des Defizits im Landeshaushalt nicht durch Investitionskürzungen und somit zu Lasten des öffentlichen Vermögens an Gebäuden und Straßen anzustreben. Stattdessen werden mehr Investitionen in den Erhalt der Verkehrswege in Hessen und jährliche Berichte der Landesregierung zum Sachvermögen des Landes und zur Mobilität in Hessen gefordert. Das Bündnis, das aus Herstellern und Nutzern der Verkehrsinfrastruktur besteht, bietet der Landespolitik einen "Zukunftspakt: Gute Verkehrswege in Hessen" an. Dazu gehöre auch die Einrichtung eines "Investitionsbeirats" beim Finanzministerium und eines "Mobilitätsbeirats" beim Verkehrsministerium mit Fachleuten aus der Wirtschaft.

Das Bündnis fordert mehr Transparenz über das öffentliche Sachvermögen nach dem Vorbild der Eröffnungsbilanz des Landes und schlägt zwei jährliche Berichte vor: Das Finanzministerium soll einen "Investitionsbericht Hessen" vorlegen, in dem die Investitionen im Hochbau, Tiefbau und Straßenbau erläutert werden. Das Verkehrsministerium soll einen "Mobilitätsbericht Hessen" erstellen, in dem für alle Verkehrsarten sowohl Zustand und Finanzierung der Infrastruktur als auch die laufenden öffentlichen Ausgaben dargestellt werden.

Die Landesgelder für den Landesstraßenbau sollten nicht wie geplant erneut von derzeit 85 Mio. Euro auf 65 Mio. Euro im Jahr 2012 reduziert werden, sondern schrittweise bis zum Ende der Legislaturperiode 2014 auf 100 Mio. Euro gesteigert werden. Die zusätzlichen Gelder sollten ausschließlich für die Erhaltung der Landesstraßen investiert werden.

In einem Positionspapier stellen die sieben Verbände fest, dass die Schuldenbremse die Politik zu Recht zum Abbau des Defizits im Landeshaushalt zwinge. Aber die Schuldenbremse sei noch nicht ausreichend, um eine Lastverschiebung auf kommende Generationen zu verhindern: "Wir dürfen nicht nur das finanzielle Erbe des öffentlichen Sektors, den Schuldenberg, betrachten, sondern wir müssen auch das sächliche Erbe in den Blick nehmen. Dazu zählen Straßen, Schienen- und Wasserwege, Brücken und auch die öffentlichen Gebäude. Es besteht die Gefahr, dass die Politik den Defizitabbau mittels Reduktion der öffentlichen Investitionen anstrebt - zu Lasten kommender Generationen." Die öffentlichen Investitionen seien zu gering. Weil bundesweit der Werteverzehr, also die Abschreibungen, die öffentlichen Bruttoinvestitionen übertreffe, sinke laut Bundesbank der Wert der Infrastruktur.

Volker Fasbender, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), die das Bündnis initiiert hatte, sagte: "Der Staat vererbt von Jahr zu Jahr ein kleineres Sachvermögen. Auch in Hessen ist davon auszugehen, dass per Saldo ein Werteverzehr im Infrastrukturvermögen des Landes stattfindet. Dieses Thema gehört wie die Schuldenbremse auf die politische Agenda!"

Siegfried Wetterau, stellvertretender Vorsitzender des ADAC Hessen-Thüringen, sagte: "Wir schlagen deshalb eine Infrastrukturerhaltungsregel vor, die gewährleistet, dass der jährliche Nettowerteverzehr am Sachvermögen des Landes mittelfristig gestoppt wird. Nötig ist ein Vorrang für Investitionen im Landeshaushalt vor den konsumtiven Ausgaben. Wir möchten mit der Landespolitik im Rahmen des Zukunftspakts einen Vorschlag erarbeiten, wie ein solcher Vorrang rechtlich normiert und vom Landtag beschlossen werden kann."

Dr. Hans-Hartwig Loewenstein, Geschäftsführer der Jean Bratengeier Bau-GmbH, Dreieich, und Vizepräsident des Verbands Baugewerblicher Unternehmer Hessen ergänzte: "Die Finanzierung der Landesstraßen in Hessen ist nicht nachhaltig: Allein der Bedarf zur Erhaltung der Landesstraßen von 159 Mio. Euro im Jahr 2011 liegt über den Gesamtausgaben für Neubau und Erhaltung von 135 Mio. Euro und deutlich über den Ausgaben für die Erhaltung in Höhe von 92 Mio. Euro. In den vergangenen zehn Jahren lagen die Ausgaben für Erhaltungsprojekte hessischer Landesstraßen jedes Jahr um mehr als 80 Mio. Euro unter dem Erhaltungsbedarf." Besonders die Brücken seien in einem schlechten Zustand - sowohl bei Landes- und Gemeindestraßen, als auch bei Bundesstraßen und Autobahnen wie der A45.

Hans-Georg Maas, stellvertretender Vorsitzender sowohl des Speditions- und Logistikverbands Hessen/Rheinland-Pfalz als auch der Vereinigung des Verkehrsgewerbes in Hessen, warnte vor einem "Verkehrskollaps" in Folge des rasanten Wachstums des Güterverkehrs: "Es geht uns um alle Verkehrsmodi, nicht nur um die Straße. Gerade wir Logistiker wissen, dass dringend auch die Schienenwege ausgebaut werden müssen. Deswegen fordern wir auch im Bund einen Vorrang der Investitionen vor den konsumtiven Ausgaben." Belastbare offizielle Zahlen über die Entwicklung der bilanziellen Werte der Schieneninfrastruktur in Hessen lägen leider nicht vor. Aufgrund der vermehrten Baufälligkeit der teils sehr alten Anlagen sei von einer ähnlich negativen Entwicklung wie im Landesstraßenbau auszugehen.

Dr. Michael Bröhl, Vorstandsmitglied der Bickhardt Bau AG, Kirchheim, und Vorsitzender der Landesfachabteilung Straßenbau des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen, erläuterte, warum das Bündnis zwei jährlich wiederkehrende Berichte zu Investitionen und Mobilität fordert: "Wir brauchen ein größeres Bewusstsein für die Bedeutung der öffentlichen Infrastruktur als Basis für Wohlstand und Wachstum. Mehr Transparenz ist dringend nötig! Denn Politik handelt oft nach dem Grundsatz: `Löse kein Problem, das keiner kennt!` Transparenz kann helfen, die Gefahren eines Werteverzehrs am Sachvermögen zu erkennen und die Gefahr einzudämmen, dass Tafelsilber zum Stopfen von Haushaltslöchern verkauft wird."

Hans-Joachim Rosenbaum, Regionalleiter Hessen der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt forderte, die Investitionen des Landes auf hohem Niveau zu verstetigen und nicht konjunkturabhängig schwanken zu lassen: "Unternehmen und Beschäftigte brauchen eine größere Planungs- und Beschäftigungssicherheit." Ein stetiges Investitionsniveau trage nicht nur zur Sicherung von Arbeitsplätzen am Bau bei, sondern auch in der Gesamtwirtschaft: "Eine Studie des Bundesverkehrsministeriums hat gezeigt, dass auf 100 Erwerbstätige durch Straßenbauinvestitionen fast 140 weitere Erwerbstätige in der Gesamtwirtschaft kommen."

Fasbender: "Wir schlagen vor, beim Finanzministerium einen Investitionsbeirat und beim Verkehrsministerium einen Mobilitätsbeirat zu bilden. In halbjährigen Sitzungen sollte die Kompetenz aus der unternehmerischen Praxis in die politische Entscheidungsfindung eingebracht werden." Dies sei auch ein Angebot, Chancen der Effizienzsteigerung im öffentlichen Sektor sowie schmerzliche Entscheidungen in Folge des finanziellen Konsolidierungsbedarfs mit Praktikern vorzubesprechen und gemeinsam Lösungswege zu entwickeln. Denn klar sei: "Eine Steigerung des Landesstraßenbauetats erfordert eine Gegenfinanzierung. Wir halten einen größeren Konsolidierungsbeitrag bei den Personalkosten, die mit rund 8 Mrd. Euro knapp die Hälfte aller Ausgaben des Landes darstellen, für möglich und angemessen."

Quelle und Kontaktadresse:
HESSEN METALL Unternehmerverbände Südhessen, Haus der Wirtschaft Südhessen Pressestelle Rheinstr. 60, 64283 Darmstadt Telefon: (06151) 29850, Telefax: (06151) 298520

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