Zukunftsfähigkeit der deutschen Filmindustrie sichern: Produzentenallianz fordert im Wahljahr klares Bekenntnis zur Förderung der Film- und Fernsehwirtschaft
(Berlin) - Mit ihrem 12 Punkte umfassenden filmpolitischen Forderungskatalog untermauert die Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen e.V. (Produzentenallianz) die Notwendigkeit eines Innovationsschubes in der deutschen TV- und Filmindustrie
Mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 veröffentlicht die Produzentenallianz heute ihre filmpolitischen Forderungen, mit denen sie sich sowohl an die neu zu wählende Bundesregierung wie auch an die Länderregierungen wendet. Sie fordert diese auf, durch die Umsetzung der geforderten Maßnahmen ein klares Bekenntnis zur Förderung der Film- und Fernsehwirtschaft abzugeben.
Die in dem Positionspapier aufgeführten Punkte zielen darauf ab, die deutschen Produzenten als kreativen Motor der Filmwirtschaft zu stärken, auch und gerade im Zeitalter des digitalen Wandels für eine angemessene Förderung und die Erhaltung funktionierender Finanzierungsmodelle zu sorgen, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produktionen auf hart umkämpften internationalen Märkten zu erhalten und auszubauen und damit die Zukunftsfähigkeit der deutschen Filmindustrie als bedeutenden Wirtschaftsfaktor zu sichern.
So ist eine der grundlegenden Forderungen des mit über 240 Mitgliedsfirmen maßgeblichen filmpolitischen Produzentenverbandes in Deutschland, das für die Vermittlung demokratischer Werte zentrale öffentlich-rechtliche Qualitätsangebot von ARD und ZDF durch eine ausreichende Finanzierung zu sichern. Eine weitere Kernforderung ist, die Filmförderung des Bundes zu überarbeiten und zu einem effektiven, verlässlichen und international wettbewerbsfähigen Förderinstrument auch für deutsche High End-Dramen, hochwertige TV-Serien und VFX- und Animationsarbeiten weiterzuentwickeln. Die Fördermittel, die im Rahmen des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) zur Verfügung stehen, sollen auch für nationale Produktionen auf Höhe von 25 Prozent der in Deutschland getätigten Ausgaben angepasst werden. Damit entsprächen sie internationalen Standards. Beim Thema Geoblocking wenden sich die Produzenten sehr entschieden gegen ein Verbot, um bestehende Finanzierungsmodelle, die auf territorialen Rechtevergaben beruhen, in Europa nicht zu zerstören und die kulturelle Diversität in Europa zu erhalten.
Vor diesem Hintergrund erheben sie zudem die Forderung, die EU-Vorschläge zur Anhebung der Quote für europäische Programme in Video-on-Demand (VoD)-Angeboten weiter zu unterstützen. Wenn der vom EU-Ministerrat soeben beschlossene Entwurf zur Anhebung dieser Quote auf 30 Prozent nach Abstimmung mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament bestätigt wird, sollte die Einhaltung dieser Quotenregelung dann auch tatsächlich sichergestellt werden.
Von zentraler Bedeutung für die Produzenten sind auch die Regelungen zum unentgeltlichen Angebot von Produktionen in Mediatheken, da lange Verweildauern ihre Verwertungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten schwer beeinträchtigen. Daher fordert die Produzentenallianz, das bestehende Verbot, lizensierte Produktionen in den Mediatheken von ARD und ZDF aufzunehmen, auf co-produzierte Programme zu erweitern. Bei vollfinanzierten Auftragsproduktionen sollen die Produzenten einen angemessenen wirtschaftlichen Ausgleich erhalten.
Weitere Forderungen beziehen sich auf die Verstetigung der kulturellen Filmförderung des Staatsministeriums für Kultur und Medien (BKM), die weitere Stärkung des Urheberrechtsschutzes, die Fortentwicklung bzw. Änderung der Steuergesetzgebung zugunsten von TV- und Filmproduktionen, die Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten der Kreativwirtschaft im Arbeits- und Sozialrecht sowie ein entschiedenes Vorantreiben des Breitbandausbaus (gesamter Forderungskatalog s.u.).
Alexander Thies, Vorsitzender des Gesamtvorstandes der Produzentenallianz: "Die Veränderungen, die eine zunehmend digitale Welt mit sich bringt, stellen auch die audiovisuellen Medien vor ganz neue Herausforderungen. Diesen müssen wir uns im Sinne einer effizienten Weiterentwicklung bestehender Marktmodelle stellen. Unser Ziel muss es sein, die ohnehin schwierigen Rahmenbedingungen für deutsche Produzenten, um Filme finanzieren, herstellen und damit zur kulturellen Vielfalt in Deutschland und der Welt beitragen zu können, signifikant zu verbessern. Im Bundestagswahljahr 2017 fordern wir die Politik dazu auf, über eine aktive Weichenstellung dafür zu sorgen, dass der Filmindustrie als wichtigem deutschen Wirtschaftszweig die ihr zustehende Bedeutung wieder zukommt."
12 Forderungen der Produzentenallianz an Bund und Länder im Wahljahr 2017
Die Produzenten der Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen e.V. fordern von dem im Herbst neu zu wählenden Parlament und der neuen Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur Förderung der Film und Fernsehwirtschaft. Diese Forderung richtet sich in gleicher Weise an die Länderparlamente und Landesregierungen. Nur in einem Zusammenwirken von Bund und Ländern kann es gelingen, die Voraussetzungen für eine moderne Bewegtbildindustrie zu schaffen, die in der Lage ist, die großen Potentiale der digitalen Welt voll zu nutzen und im In und Ausland die Werte zu vermitteln, die wesentliche Voraussetzungen für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung sind. Film und Fernsehen in Deutschland hatten in den letzten Jahren einen jährlichen Umsatz von weit über 20 Milliarden Euro und beschäftigten über 150.000 Personen. Um diesen wesentlichen Wirtschaftsbereich erhalten und ausbauen zu können, um dem durchwegs hervorragend ausgebildeten Nachwuchs eine Beschäftigungsmöglichkeit in Deutschland sichern und um mit dem internationalen Wettbewerb chancengleich konkurrieren zu können, bedarf es verlässlicher und konsistenter Rahmenbedingungen, die sämtliche Politikfelder im Blick behalten.
Für eine gesamtheitliche Gestaltung dieser Zukunftsindustrie in Deutschland fordern wir Bund und Länder auf, folgende 12 Punkte bei der strategischen Entwicklung einer für die nächsten Jahre zu entwerfenden Industriepolitik für die audiovisuellen Medien zu berücksichtigen und so die Voraussetzungen für einen Innovationsschub der Film und TV Industrie zu schaffen:
1. ARD und ZDF kommt zur Sicherung der Demokratie in der digitalen Welt gerade auch im Blick auf die Marktmacht von internationalen Großkonzernen und die von ihnen ausgehenden Gefahren für die klassische Medienordnung, wie sie sich in Deutschland über die letzten Jahrzehnte entwickelt hat, eine besondere Bedeutung zu. Um dieser Aufgabe angemessen nachkommen zu können, wird eine ausreichende Finanzierung vorausgesetzt. Weitere Einsparpotentiale mag es bei vielleicht noch immer zu aufwändigen Strukturen geben. Weitere Einschnitte beim Programm würden hingegen zu deutlichen Qualitätsverlusten führen, die mit den berechtigten Erwartungen der Bürger an ein qualitativ hochstehendes Programm nicht zu vereinbaren wären. Nur bei angemessenen Budgets lassen sich auch international erfolgreiche Programme realisieren, die zudem in der Lage sind, unsere vielfältigen Perspektiven und Sichtweisen zu "exportieren" und damit den Premium Angeboten aus Amerika und anderen Produktionsländern auf Augenhöhe begegnen zu können. Auch bei weiterhin gebotenen Effizienzbemühungen von ARD und ZDF wird in der kommenden Gebührenperiode die Sicherung eines öffentlich rechtlichen Qualitätsangebots nicht ohne eine substantielle Anhebung der seit Jahren eingefrorenen bzw. sogar gesunkenen Haushaltsabgabe möglich sein. Vorschlägen zu einer Zusammenlegung von ARD und ZDF widersprechen wir klar.
2. Die im Deutschen Filmförderfonds (DFFF) und dem German Motion Picture Fund (GMPF) geregelte Filmförderung des Bundes ist zu überarbeiten, zu einem effektiven Förderinstrument, das auch für deutsche High End Dramen, hochwertige TV Serien und VFX und Animationsarbeiten zur Verfügung steht, fortzuentwickeln und entsprechend finanziell auszustatten. Nur so kann die gesamte audiovisuelle Produktionswirtschaft in Deutschland gegenüber den internationalen Wettbewerbern konkurrenzfähig werden. Nur einer solchen konsistenten, automatischen und verlässlich planbaren Förderung wird es auch gelingen, die Arbeitsplätze der vielen in Deutschland hervorragend ausgebildeten Nachwuchskräfte dauerhaft in Deutschland zu halten und das Potential und die Innovationskraft der digitalen Bewegtbildindustrie für Deutschland nutzbar zu machen.
3. Bis zu einer Neuregelung und ausreichenden finanziellen Ausstattung der gesamten automatischen Förderung der Bewegtbildindustrie (s. Ziff. 2) sind die Mittel des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) maßvoll zu erhöhen, sodass auch für deutsche Produktionen (unter Einschluss von Dokumentar und Animationsfilmen) eine internationalem Standard entsprechende Förderung in Höhe von 25 Prozent der in Deutschland getätigten Ausgaben dargestellt werden kann. Die vom Kabinett beschlossenen Mittel des DFFF II sind dauerhaft im Bundeshaushalt zu sichern. Diese Mittel müssen auch dann für VFX und Animationsarbeiten verfügbar sein, wenn die Dreharbeiten selbst nicht in Deutschland stattfinden.
4. Deutschland muss sich - wie schon die Regierungen von Frankreich und Spanien - klar gegen die Bestrebungen der EU Kommission zur Abschaffung territorialer Lizenzen in Europa wenden. Ein Verbot von Geoblocking und die Ermöglichung grenzüberschreitender Angebote der Mediatheken der Sender zerstören die bestehenden Finanzierungsmodelle in Europa zu realisierender Produktionen. Sie führen nicht zu größerem Angebot, sondern zu einer Reduzierung der kulturellen Diversität in Europa.
5. Die Bundesregierung sollte die Vorschläge des Europäischen Parlaments zur Anhebung der Quote für europäische Programme in Video-on-Demand Angeboten unterstützen und für eine wirksame Kontrolle der sich aus der Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie (AVMD Richtlinie) ergebenden Quotenregelungen in Deutschland und in der EU Sorge tragen.
6. Je länger Programme unentgeltlich in der Mediathek angeboten werden, desto schwerer wird es, sie wirtschaftlich erfolgreich auszuwerten. Bei Lizenz- und Co-Produktionen, deren Herstellungskosten nicht nur von der Sendeanstalt getragen werden, sondern auch vom Produzenten, muss es diesem jedoch möglich sein, sein Investment zurückzuverdienen. Um die Verwertungs und damit Refinanzierungsmöglichkeiten der Produzenten nicht schwer zu beeinträchtigen, dürfen lizensierte Produktionen in den Mediatheken von ARD und ZDF nicht angeboten werden. Dieses Verbot sollte auf co-produzierte Programme erweitert werden. Den Produzenten von vollfinanzierten Auftragsproduktionen ist für die sich immer weiter ausdehnende Mediathekennutzung ein angemessener wirtschaftlicher Ausgleich zu sichern.
7. Auch im Übrigen ist die Eigenkapitalsituation der Produzenten zu stärken. Nur starke Produzenten können "starke" Filme produzieren. Die Regularien des Filmfördergesetzes und der Filmförderanstalt sind daraufhin zu überprüfen, ob sie nicht noch immer zu sehr einer alten Medienwelt und alten Verwertungsmustern verhaftet sind.
8. Die kulturelle Filmförderung des Staatsministeriums für Kultur und Medien (BKM) ist zu verstetigen.
9. Der Urheberrechtsschutz ist für alle Güter der Kreativindustrie weiter zu stärken und somit eine effektive und wirksame Rechtsdurchsetzung im Internet zu gewährleisten. Deutschland darf sowohl bei der Regelung der Verantwortlichkeit von Access Providern, einschließlich der von Betreibern drahtloser Netzwerke (WLANs), wie auch der Plattformen, die unautorisiert urheberrechtlich geschützte Werke zum Abruf bereitstellen, nicht hinter den nach europäischem Recht zwingend gebotenen bzw. zulässigen Rechtsverfolgungsmöglichkeiten zurückbleiben.
10. Die Steuergesetze und die hierzu ergangenen Richtlinien sind so fortzuentwickeln und gegebenenfalls zu ändern, dass sie die Realisierung von Film und Fernsehproduktionen nicht mehr behindern und Co Produktionen nicht mehr erheblich erschweren.
11. Der Breitbandausbau ist entschieden voranzutreiben. Deutschland darf nicht zum digitalen Schlusslicht bei der digitalen Infrastruktur in Europa werden. Entsprechende Investitionsprogramme sind auch auf europäischer Ebene zu unterstützen.
12. Im Arbeits und Sozialrecht ist den besonderen Gegebenheiten der Kultur- und Kreativwirtschaft Rechnung zu tragen. Die Möglichkeit flexibler Arbeitszeiten muss weiterhin gegeben sein, da ohne sie filmisches Schaffen in Deutschland nicht möglich bleibt.
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