Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Zugang zum Recht braucht Gerichte in der Fläche!

(Berlin/Kiel) - Der Deutsche Anwaltverein (DAV) äußert scharfe Kritik an der geplanten Schließung zahlreicher Gerichtsstandorte in Schleswig-Holstein. Neun Arbeits- und Sozialgerichte sollen künftig an einem Standort zusammengelegt werden. Auch soll es nur noch ein Amtsgericht pro Kreis geben. Der Rückzug der Justiz aus der Fläche schadet dem Zugang zum Recht und damit auch dem Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat. Hier werde an der falschen Stelle gespart, so der DAV.

„Wer Gerichte schließt, entfernt sich buchstäblich von den Rechtsuchenden“, mahnt Rechtsanwältin Dr. h.c. Edith Kindermann, Präsidentin des DAV. Lange Wege zu den Gerichten verringern die Wahrscheinlichkeit, dass Bürgerinnen und Bürger überhaupt ihr Recht auf dem Klageweg verfolgen. Das könne dem Vertrauen in den Rechtsstaat großen Schaden zufügen. „Schleswig-Holstein ist sechsmal so groß wie das Saarland und umfasst neben dem Festland auch zahlreiche Inseln und Halligen. Wie soll ein einziger Standort für sämtliche arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Angelegenheiten logistisch funktionieren?“

Die zunehmende Digitalisierung dürfe kein Argument für einen Abbau von Gerichtsstandorten sein – denn auch die digital nicht affinen Bürgerinnen und Bürger brauchen weiterhin einen Zugang, wie Kindermann betont: „Im Sozialrecht soll die Videoverhandlung gerade nicht zum Standard werden, damit sich die Bürgerinnen und Bürger gehört fühlen.“

Gerade das Arbeitsrecht und das Sozialrecht betreffen das alltägliche Leben – und nicht selten Existenzgrundlagen. „Wenn die Menschen das Gefühl haben, die Justiz zieht sich zurück, der Staat interessiert sich nicht für meine Sorgen, kann das für den Rechtsstaat fatale Folgen haben“, mahnt die DAV-Präsidentin. „Wir dürfen keinesfalls riskieren, dass die Bürgerinnen und Bürger auf andere Mechanismen ausweichen, um sich ernst genommen zu fühlen.“

Es darf auch bezweifelt werden, ob sich die bezweckten Ersparnisse am Ende rechnen. Dabei geht es nicht nur um die Kosten des Umzugs der Gerichte: „Gerade in der Sozialgerichtsbarkeit haben wir einen großen Anteil an Verfahren mit Prozesskostenhilfe“, erläutert Kindermann. „Ein höherer Zeitaufwand und weitere Wege verursachen mehr Kosten – und das geht zu Lasten der Justizkasse.“ Erfahrungsgemäß wirkt sich der Rückzug der Justiz überdies negativ auf die Wirtschaft in den betroffenen Regionen aus.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV), Littenstr. 11, 10179 Berlin, Telefon: 030 7261520, Fax: 030 726152190

NEWS TEILEN: