Ziviles Handeln verlangt Besonnenheit
(Berlin) - Gemeinsame Presse-Erklärung von Gustav Heinemann-Initiative (GHI), Humanistische Union (HU), Komitee für Grundrechte und Demokratie, Pro Asyl, Republikanischer Anwaltsverein (RAV), Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ). Die unterzeichnenden Organisationen, die für Menschenrechte, Frieden und Gerechtigkeit eintreten, erklären:
Wir sprechen allen, die Verwandte und Freunde verloren haben, unser Beileid und Mitgefühl aus. Den Verletzten wünschen wir die baldige Wiederherstellung ihrer Gesundheit. Wir hoffen, dass alle Überlebenden die erlittenen schweren äußeren und inneren Schäden überwinden können.
Um derartige Verbrechen zu bestrafen, sind angemessene rechtsstaatliche Sanktionen notwendig. Die Ausführenden der verbrecherischen Anschläge haben sich selbst umgebracht und dabei Tausende mit in den Tod gerissen. Es ist deshalb nur noch möglich, eventuelle Anstifter und Helfer ausfindig zu machen und zu bestrafen. Dass das notwendig ist, kann niemand bestreiten.
Auch schwerste Verbrechen rechtfertigen es jedoch nicht, die notwendige Suche nach Anstiftern und Helfern und das Bemühen um ihre Bestrafung zum Krieg eskalieren zu lassen. Der Beschluss der NATO, die Anschläge in den USA als Bündnisfall zu behandeln, ist unangemessen und weit überzogen. Wer wissen will, was die Eskalation eines Verbrechens zum Krieg bedeutet, sollte sich an den Beginn des ersten Weltkriegs erinnern, der unendliches Leid über die Menschheit gebracht hat.
Ebenso wichtig, wie die Suche nach Mitschuldigen ist die Frage nach den Ursachen von Hass, religiösem Fanatismus und darauf basierender Gewalt. Wer solche Verbrechen verhindern will, muss weltweit für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen. Solange die reichen Industriestaaten mit erheblicher struktureller, vor allem wirtschaftlicher, oft auch mit direkter Gewalt verhindern, dass den hungernden und verhungernden Millionen in armen Ländern geholfen wird, düngen sie selbst den Boden aus dem Hass, Fanatismus und blindwütige Gewalt hervorgehen. Nicht Krieg sondern gerechte Strafe, nicht neue Gewalt sondern eine Außen- und Entwicklungspolitik, die der Gewalt den Boden entzieht, sind jetzt notwendig.
Die Verfolgung schwerer internationaler Verbrechen verlangt politisches Tun. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass nicht wegen einzelner Verbrechen ganze Länder, Bevölkerungen oder Religionsgemeinschaften diffamiert oder sogar angegriffen werden. Wir rufen dazu auf, das internationale Recht zu stärken und die voreilige Eskalation der Verfolgung dieser schweren Verbrechen zum NATO-Bündnisfall und damit zum Krieg zurückzunehmen.
Darüber hinaus weisen wir darauf hin, dass alle Pläne, Krieg gegen Afghanistan zu führen, wie es derzeit diskutiert wird, zweierlei übersehen. Viele Taliban in Afghanistan wie der dort lebende angebliche Anstifter der Anschläge, Osama bin Laden, sind nach Pressemeldungen von der CIA unterstützt oder sogar aus-gebildet worden und haben mit USA-Hilfe den größten Teil Afghanistans erobert. Die große Mehrheit der afghanischen Bevölkerung, insbesondere alle Frauen und Mädchen, werden von ihnen auf das Übelste unterdrückt. Jeder Angriff auf das Land würde diese Unterdrückten am schlimmsten treffen. Ein solches Unrecht müsste Hass, Fanatismus und gewalttätiges Aufbegehren gegen den reichen Teil der Erdbevölkerung weltweit verstärken und religiösen Fundamentalisten in die Hände arbeiten.
Wer das nicht will, ist aufgerufen, der emotionalen Kriegsvorbereitung Besonnenheit und rechtsstaatliches und freiheitliches Denken entgegen zu setzen. Wir wollen Gerechtigkeit statt Rache und weltweite Hilfe statt Krieg gegen die Armen.
Unterzeichner:
Gustav Heinemann-Initiative, Sprecher: Ulrich Finckh
Humanistische Union, Vorsitzender Dr. Till Müller-Heidelberg
Komitee für Grundrechte und Demokratie,
Vorstand: Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr, Prof. Dr. Roland Roth
Pro Asyl, Sprecher: Heiko Kauffmann
Republikanischer Anwälteverein, Vorsitzender: Wolfgang Kaleck
VDJ Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen:
Sprecher Prof. Dr. Martin Kutscha
Quelle und Kontaktadresse:
HUMANISTISCHE UNION e.V. (HU)
Greifswalder Str. 4
10405 Berlin
Telefon: 030/20450256
Telefax: 030/20450257
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