Pressemitteilung | MVFP Medienverband der Freien Presse e.V.

Zeitschriftenverleger schlagen Alarm: Wie Google seine Nutzer in die Irre führt

(Berlin) - Mit einer Kampagne macht Google Stimmung gegen ein Leistungsschutzrecht für Verlage. Aus Sicht der Zeitschriftenverleger ist die Botschaft des Suchmaschinen-Giganten dreist. Weshalb, erklärt Christoph Fiedler vom VDZ in einem Gastbeitrag.

Rechtsanwalt Dr. Christoph Fiedler ist Geschäftsführer Europa- und Medienpolitik des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). In seinem Gastbeitrag legt er seine Position in der Auseinandersetzung mit Google zum Leistungsschutzrecht dar.

Der Bundestag hat diese Woche nach einer lebhaften Debatte den Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger an die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Dort wird es mit einer Sachverständigenanhörung weitergehen. Ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist im ersten Quartal 2013 möglich. Der Entwurf sieht vor, dass Suchmaschinen und ähnliche Aggregatoren Presseprodukte nur im Einvernehmen mit dem Presseverleger öffentlich zugänglich machen dürfen.

Vor allem Google behauptet, das sei ein Angriff auf das freie Internet. Unter dem Slogan "Mach' mit. Verteidige Dein Netz" erklärt der Quasi-Suchmonopolist auf seiner Startseite, die User würden künftig nur noch finden, was Sie suchten, wenn sie das Gesetz verhinderten. Eine Maske für eine einfache Eingabe an den jeweiligen Abgeordneten wird gleich mitgeliefert.

Die Art und Weise der Kampagne ist selbst im Lager der Gesetzeskritiker auf Ablehnung gestoßen. Zu durchsichtig ist der Versuch, ein Kommunikationsmonopol auf der Ebene der Internetsuche in den Dienste der eigenen ökonomischen Interessen zu stellen. Mit dem Anspruch auch nur subjektiv redlicher Organisation des Wissens und der Meinungen der Welt ist es nicht vereinbar, die eigene Meinung dem Suchenden als wichtigste Antwort der aktuellen Politik aufzudrängen.

Dreiste Botschaft

Und natürlich ist das Google-Universum nicht das Netz. Insbesondere die vielfach im Interesse der eigenen Geschäftsinteressen ausgesuchten, auf Google-eigene Seiten verweisenden Ergebnisse der Monopolsuche sind nicht das Netz, weder quantitativ noch qualitativ. Das möchte man als Nutzer vielleicht gerne glauben. Und Google tut verständlicher Weise alles, um diese Illusion zu nähren. Falsch bleibt es dennoch.

Noch dreister ist allerdings die Kampagnen-Botschaft, es gefährde die Informationsfreiheit, wenn Verlage entscheiden dürfen, ob Google, Bing oder ähnlich arbeitende Medienbeobachtungsdienste Übersichten mit Ausschnitten von Presseartikeln weiterverbreiten dürfen.

Auch wenn es immer wieder zu lesen und zu hören ist: Das Leistungsschutzrecht schafft keinen gesetzlichen Entgeltanspruch. Es ist ein Verfügungsrecht des Verlegers. Es ist das in freien Märkten selbstverständliche Recht des Unternehmers, über die Vermarktung der von ihm produzierten und finanzierten Inhalte durch Dritte entscheiden zu können. Ob er seine Inhalte nur gegen Geld, nur gegen eine Beteiligung an Werbeerlösen oder ohne weiteres in der Hoffnung auf mehr Leser zur Verfügung stellt, ist ihm überlassen. Das Recht schafft mit dem Verfügungsrecht der Produzenten die Marktfähigkeit der journalistisch-redaktionellen Produkte. Und die ist unverzichtbar für jede privatwirtschaftliche, staatsunabhängige Pressefinanzierung.

Von Googles Gnaden

Erst mit diesem Verfügungsrecht kann der Verleger versuchen, einen Marktpreis für die Weitervermarktung seiner Inhalte auszuhandeln. Ob das gelingt, entscheidet: der Markt. Ohne das Recht gibt es keine Verhandlungsposition der Verleger. Es ist eben nicht schon jetzt so, wie die Linken-Abgeordnete Petra Sitte fälschlich meint, dass Verlage und Suchmaschinen "sich untereinander einig werden [müssen], wie es in der Marktwirtschaft üblich ist".

Stattdessen weist die Abwesenheit des Verlegerrechtes jedweden ökonomischen Wert der Artikelausschnitte den Aggregatoren zu. Google und jeder andere Aggregator kann auch gegen den erklärten Willen des Verlages dessen Inhalte vermarkten. Der ökonomische Wert dieser kürzeren oder längeren Snippets ist offensichtlich. Kurze Ausschnitte werden nicht nur in Suchmaschinenergebnissen über Werbung vermarktet sondern auch im Rahmen kostenpflichtiger Angebote durch Dritte zu barem Geld gemacht. Es ist in keinem der Fälle ersichtlich, wieso der Gesetzgeber - wie mit dem geltenden Urheberrecht - diesen Vermarktungswert der journalistischen Produkte ausschließlich dem technischen Aggregator zuweisen sollte.

Genau das ist aber das Ziel Googles. Es will das Recht behalten - und im Zuge der Urheberrechtsdebatte sogar ausbauen - möglichst viele Presseinhalte möglichst weitgehend auch gegen den Willen der Presseverleger nach Belieben vermarkten zu dürfen. Das gibt die Kampagne mittelbar auch zu. Denn einerseits soll die Entscheidungsfreiheit der Verleger über ihre Präsenz in der Suchmaschine das Internet bedrohen.

Aber andererseits sei das Gesetz nicht nötig und "Marktwirtschaft paradox", weil ja Google selbst schon den Verlagen (derzeit) erlaube, ihre Inhalte aus der Suchmaschine herauszunehmen. Deutlicher geht es kaum: Von Googles Gnaden, soweit und solange die Gnade reicht, soll der Inhalteproduzent über die Verwertung seiner Inhalte durch Google entscheiden dürfen. Als rechtlich geschützte Entscheidungsfreiheit des Produzenten, die bei digital geschaffenen Gütern Bedingung jeden Marktes ist, soll es eine Gefahr für das Internet sein.

Das Gegenteil ist richtig: Erst mit einem Verfügungsrecht der Verleger entsteht die Voraussetzung für einen freien Markt der Aggregation digitaler Presseprodukte. An die Stelle einer gesetzlichen Ermächtigung der Aggregatoren, sich nach Belieben bei den Produzenten zu bedienen, tritt der freie Markt.

Die bürgerlich-liberale Koalition liegt mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger völlig richtig. Wer hier in das Horn der Googles dieser Welt bläst und dennoch meint, marktwirtschaftlich finanzierte freie Presse sei ein wichtiges Gut, sollte schnellstens umdenken. Oder, falls er aus wahlkampftaktischen Gründen das Gute als böse attackiert, vielleicht andere Felder suchen, auf denen er redlicher Meriten verdienen kann.


Erschienen auf Focus Online

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ), Haus der Presse Peter Klotzki, Geschäftsführer, Presse und Kommunikation Markgrafenstr. 15, 10969 Berlin Telefon: (030) 726298-0, Telefax: (030) 726298-103

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