ZAW-Verbände: 2004 zunächst "mit angezogener Handbremse" / Herbstanalyse zeigt vorerst nur leichte Impulse
(Berlin) - Der Abwärtstrend im deutschen Werbemarkt hat sich in den letzten neun Monaten verlangsamt, das Jahresergebnis wird aber mit einem Minus von rund 1 Prozent auf 29 Mrd Euro abschließen, schätzt der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) auf der Grundlage seiner traditionellen Herbstumfrage bei den 41 Mitgliedsorganisationen der werbenden Firmen, Medien und Agenturen. Die Werbeausgaben der Wirtschaft hätten mit dieser Bilanz 2003 das dritte Jahr in Folge in der roten Zone verharrt die längste Rezessionsphase in der deutschen Werbegeschichte. Für das kommende Jahr rechnet der ZAW mit leichten Impulsen, die den Werbemarkt aus dem Abwärtstrend hinaus auf die Ebene der Stagnation führen, "aber vorerst mit angezogener Handbremse", wie ein ZAW-Sprecher am 21. Oktober in Berlin sagte. Die Mitgliedsverbände der Dachorganisation gingen mehrheitlich (68 Prozent) davon aus, dass sich die Talsohle über das Jahr 2004 hinzieht. Ein Drittel (32 Prozent) rechneten mit wieder ansteigenden Investitionen der Markenartikelindustrie, des Handels und der Dienstleister in ihre Marktkommunikation.
Tageszeitungen am stärksten betroffen, Internet wächst
Das zögerliche Werbeverhalten der Firmen spiegelt sich im Geschäft der Medien mit der Werbung wieder: Es bleibt schwach. Für das laufende Jahr kalkuliert der ZAW bei den Netto-Werbeeinnahmen mit einem Minus von
2 Prozent auf rund 19,7 Mrd. Euro.
Besonders der monetär stärkste Werbeträger in Deutschland, die Tageszeitungen, hatten mit erneut deutlichen Anzeigenverlusten zu kämpfen. Sie erreichten im Stellenmarkt punktuell bis zu 40 Prozent, bei den Kfz-Anzeigen 18 Prozent sowie Rückläufe bei Inseraten für Veranstaltungen bis zu 20 Prozent.
Auch bei anderen Werbeträgern sei die Werbekrise noch nicht abgehakt, so der ZAW. Zwar hätten nach den Daten des Instituts Nielsen Media Research GmbH (Hamburg) fast alle klassischen Medien im Ferienmonat Juli einen kräftigen Werbeaufschwung verzeichnen können, dieser sei aber in den nachfolgenden Monaten wieder geschrumpft trotz des einsetzenden Weihnachtsgeschäfts. Von stabilen Verhältnissen im Werbegeschäft der Medien könne angesichts der Datenlage daher noch nicht die Rede sein.
Ausgenommen davon ist das Internet. Das Werbewachstum dort werde im laufenden Jahr bei über 20 Prozent liegen und das Online-Medium seinen Marktanteil am Werbegeschäft der Medien Richtung zwei Prozent steigern. Weil das Internet für Konsumenten und Unternehmen zu einem selbstverständlichen Bestandteil des täglichen Lebens geworden sei, wachse organisch dessen Bedeutung auch für die Marktkommunikationspolitik der Firmen. Der ZAW rechnet mit dem Anstieg des Anteils am Werbemarkt auf fünf Prozent bis 2006. Bereits zum Jahresende werde jeder zweite Haushalt in Deutschland über einen eigenen Internetanschluss verfügen.
Getroffen von der labilen Werbekonjunktur ist dagegen die Druckindustrie. Ihre Umsätze hängen zu rund zwei Dritteln mit Aufträgen der werbenden Wirtschaft zusammen. In der bisher erfassbaren ersten Hälfte des Jahres 2003 sank der Druck-Produktionswert bei den werbeabhängigen Erzeugnissen der Druckindustrie um 6,7 Prozent.
Abflauende Autowerbung, werbeoffensive Medien
Im gesamten Werbemarkt gebe es immerhin Anzeichen für einen "zarten Werbefrühling" im Jahr 2004. So stünden in der Spitzengruppe der 25 werbeintensivsten Branchen 15 mit ihren Werbeausgaben bis September im Plus, 10 im Minus. Besonders kräftig investieren die Medien einen Teil ihrer Werbeeinnahmen in Eigenwerbung: Laut Nielsen stehen sie wieder an der Spitze der Werbeinvestoren mit einem Plus von 16 Prozent allein im September. Der Wettbewerb um Marktanteile bei Zuschauern, Lesern und Werbeinvestoren reflektiere sich in der Werbeoffensive.
Tendenziell rückläufig verhielt sich dagegen die zweitplatzierte Branche: Die Autobauer senkten ihre Werbeausgaben allein im September um 6,8 Prozent ab, während der Handel sowie die Telekommunikationsbranche offensichtlich ihr Weihnachtsgeschäft durch erhebliche Aufstockung ihrer Werbeetats um durchschnittlich ein Drittel forcieren wollen.
Abbau von Arbeitsplätzen
Spuren hat die Rezession in der Werbewirtschaft im Arbeitsmarkt der Branche hinterlassen. 57 Prozent der ZAW-Verbände melden Stellenabbau für das laufende Jahr. Die Welle der Kosteneinsparung durch Personalabbau in Agenturen, Werbeabteilungen der werbenden Firmen und bei den Medien verlangsame sich aber in den kommenden sechs Monaten, sagen ZAW-Verbände voraus. Dies deckt sich mit einem leicht anziehenden Markt der Stellenangebote für Werbefachkräfte, die der ZAW ständig analysiert.
Rückblickend gestiegen ist indessen noch einmal die Arbeitslosenquote in der Werbebranche. Betrug sie im Dezember 2002 noch 4,9 Prozent, so liegt sie Ende September 2003 bei 5,6 Prozent. Der ZAW geht aber davon aus, dass mit einsetzender Werbekonjunktur die Nachfrage nach Kommunikationsexperten wieder steigt und der Bestand an rund 183 000 Beschäftigten im Kernbereich der Werbewirtschaft weitgehend erhalten bleibt.
Stabiles Meinungsklima für Werbung
Als Bestätigung für die Leistungen der Werbebranche wertet der ZAW auch das weiter ansteigende Klima für kommerzielle Kommunikation in der Bevölkerung. Laut Erhebung des Marktforschungsinstituts TNS Emnid (Bielefeld) halten 62,4 Prozent der Bürger ab 14 Jahre die Werbung für hilfreich für die Verbraucher, die auch nützliche Hinweise über neue Produkte gebe (76,9). Im Jahr 2000 lagen die Vergleichswerte noch bei 33,4 und 66,7 Prozent.
Sorgen mit der Politik
Im politischen Bereich sieht die Werbebranche eher Rückschritte. "Die Politik der EU-Kommission driftet in Bezug auf die Kommunikationsfreiheit der Firmen in ihren Märkten immer stärker in behördlichen Dirigismus ab", sagte der Präsident des ZAW, Hans-Henning Wiegmann, in Berlin. Dass vor allem Deutschland sich so vehement gegen die Erosion der Werbefreiheit und damit der Marktwirtschaft wehre, hänge nicht nur mit historischen Erfahrungen zusammen, sondern auch mit dem Organisationsgrad der Werbewirtschaft in diesem Land. Durch die Dachorganisation ZAW mit ihrem dichten Solidarverbund seien Analyse, Kommunikation und Aktion im politischen Bereich besser zu bewerkstelligen als anderswo.
Die nationale Politik sieht Wiegmann grundsätzlich positiv: "Alle deutschen Regierungen und ich möchte ausdrücklich betonen: auch die rot-grüne Koalition unter Bundeskanzler Schröder haben die Kommunikationsfreiheit der Unternehmen als Wert für Wirtschaft und Gesellschaft gesehen und bisher politisch gestützt."
Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.
Am Weidendamm 1 A, 10117 Berlin
Telefon: 030/590099700, Telefax: 030/590099722
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