Zahlungsmoral im Keller / ZDH und Inkassoverband: Handwerk braucht mehr Liquidität
(Berlin) - Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) erreicht die Pleitewelle 2003 einen neuen Höchststand. 40.000 Unternehmen brechen dieses Jahr zusammen über 6 Prozent mehr als noch 2002. Der volkswirtschaftliche Gesamtschaden der Pleitewelle geht gegenüber 2002 allerdings um ein Drittel auf 35 Milliarden Euro zurück. "Bei den Unternehmensinsolvenzen deutet sich eine Trendwende an. In den letzten drei Monaten ist die Zahl der Firmenpleiten zu den Vorjahresmonaten insgesamt rückläufig. Der Scheitelpunkt der Pleitewelle könnte erreicht sein", so Ulf Giebel, Vorstandssprecher des BDIU.
Private und gewerbliche Schuldner der Unternehmen lassen sich immer länger Zeit, ihre Rechnungen zu bezahlen. Immer häufiger bezahlen sie sie auch gar nicht. 55 Prozent der im BDIU zusammengeschlossenen Unternehmen sagen in ihrer Herbstumfrage: Schuldner zahlen heute schlechter als noch vor einem halben Jahr. Die Zahlungsmoral ist so schlecht wie noch nie. Allerdings hat sich der Abwärtstrend deutlich verlangsamt. Noch vor einem Jahr hatten über zwei Drittel der BDIU-Mitglieder eine Verschlechterung der Zahlungsmoral beobachtet. Die Zahlungsmoral stabilisiere sich jetzt auf einem sehr niedrigen Niveau, so Giebel.
Der Pleitegeier kreist immer mehr über kleinen Firmen und Betrieben - oft aus dem Handwerk. In diesem Jahr werden 4.800 Handwerkerpleiten erwartet (2002: 4.100). Häufigste Gründe für Insolvenzen im Handwerksbereich: 68 Prozent der BDIU-Mitglieder nennen Forderungsausfälle privater Auftraggeber. 66 Prozent bemängeln zu wenig Eigenkapital, 65 Prozent begründen die Pleiten mit verspäteten Zahlungen der Auftraggeber. Ein großes Problem sind unberechtigte Mängelrügen. 63 Prozent der BDIU-Mitglieder sagen: Vorgeschobene, unberechtigte Reklamationen sind der Hauptgrund, warum private Auftraggeber Handwerkerrechnungen nicht bezahlen.
Besonders schwierige Zahler für die Handwerksbetriebe sind die Städte und Gemeinden. Öffentliche Auftraggeber bezahlen zwar ihre Rechnungen, sie lassen sich aber deutlich mehr Zeit als früher. Die Folgen für den einzelnen Handwerker: Das Geld wird knapp.
Ein weiter Grund für die Krise der Handwerksbetriebe ist die zunehmende Schwarzarbeit. 23 Prozent der Inkasso-Unternehmen sagen: Handwerker gehen Pleite, weil ihnen Aufträge durch Schwarzarbeit verloren gehen.
"Handwerksbetriebe müssen sich darauf verlassen können, dass für geleistete Arbeit auch der vereinbarte Lohn gezahlt wird", so Dieter Philipp, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Der Handwerkspräsident fordert mit dem BDIU die Bundesjustizministerin auf, gemeinsam mit den Betroffenen zügig die geplante Novelle des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen im Rahmen eines Forderungssicherungsgesetzes anzupacken. Das 2000 in Kraft getretene Gesetz hat an der Benachteiligung der Handwerksbetriebe gegenüber dem Besteller nur wenig geändert.
Philipp begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die Bundesregierung einen Systemwechsel im Steuerrecht diskutiert - von der Soll- zur Istbesteuerung. Heute müssen Handwerksbetriebe die fällige Umsatzsteuer auf Rechnungen direkt an das Finanzamt abführen, obwohl die entsprechenden Rechnungen oft erst viel später oder gar nicht beglichen werden. Besteller und Finanzamt verschaffen sich so Liquidität auf Kosten des schwächsten Gliedes in der Kette, des mittelständischen Unternehmers. "Mehr Liquidität ist die Voraussetzung für eine dynamische Teilhabe des Handwerks am beginnenden Aufschwung", so Philipp.
Diesen Text und weitere Texte mit detaillierten Ergebnissen der Herbstumfrage der Inkasso-Unternehmen finden Sie auch unter www.inkasso.de.
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