Pressemitteilung | Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA)

Zahlreiche neue Medikamente stehen für 2024 bereit - Markteinführung in Deutschland unklar

(Berlin) - Zahlreiche kürzlich erteilte Zulassungen und laufende Zulassungsverfahren zeigen: Im Jahr 2024 dürften mehr als 40 neue Medikamente gegen unterschiedlichste Krankheiten für einen Markteintritt in EU-Ländern in Betracht kommen. Allerdings ist offen, bei welchen von ihnen die Hersteller eine Möglichkeit sehen, sie auch in Deutschland auf den Markt zu bringen - und dort auch dauerhaft anzubieten.

Dazu sagt Han Steutel, Präsident des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa): "Bis 2022 ließen es die deutschen Rahmenbedingungen zu, dass Unternehmen fast alle ihre neuzugelassenen Medikamente zeitnah und dauerhaft auf den Markt bringen. Doch seit dem Inkrafttreten des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes mit seinen folgenreichen Eingriffen auch in das Erstattungssystem hat sich das geändert. Es ist daher offen, welche neuen Medikamente tatsächlich Deutschland erreichen und auch nach der Nutzenbewertung als Therapieoptionen verfügbar bleiben."

Alzheimer-Demenz

2024 könnten erstmals seit 2002 wieder ein oder zwei neue Medikamente gegen die Alzheimer-Demenz in die Versorgung kommen. Sie können den Demenzprozess nicht anhalten, aber Studien zufolge bei frühzeitiger Anwendung verlangsamen. Derzeit laufen für sie die Zulassungsverfahren bei der European Medicines Agency, der EMA.

Der Einreichung der Zulassungsanträge für diese Antikörper-basierten Medikamente gingen branchenweit mehr als 150 gescheiterte Projekte für die Entwicklung von Alzheimer-Therapeutika voraus.

Krebserkrankungen

Rund ein Viertel der Medikamente, für die 2024 eine Markteinführung in EU-Ländern möglich werden dürfte, könnte Menschen mit ganz unterschiedlichen Krebsarten zugutekommen: etwa mit Brust- oder Prostatakrebs, mit Magen-, Darm- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs, mit Gallengangkarzinom, nicht-kleinzelligem oder kleinzelligem Lungenkarzinom, Nasopharynx- oder Merkelzell-Karzinom, Melanom, Multiplem Myelom, Myelofibrose, Myelodysplastisches Syndrom oder Non-Hodgkin-Lymphom.

Die dafür in Betracht kommenden Medikamente gehören zu unterschiedlichen Arzneimittelklassen: Neben einigen Kinasehemmern, einem Antikörper-Toxin-Konjugat und mehreren Checkpoint-Inhibitoren könnten unter anderem zwei bispezifische Antikörper eingeführt werden, die Immunzellen an Krebszellen ketten, damit sie diese zerstören.

Covid-19 und Post Covid Syndrom

Zum Absenken des Risikos, dass eine Covid-19-Infektion einen schweren Verlauf nimmt, dürften im kommenden Herbst wieder neue stammangepasste Versionen von bereits zugelassenen Covid-19-Impfstoffen und möglicherweise auch noch ein neuer mRNA-Impfstoff mit Selbstverstärkung (sa-mRNA) angeboten werden. Für die, die dennoch schwer erkranken, könnte ein neues Medikament die Möglichkeiten erweitern, überschießende Immunreaktionen zu dämpfen.

Zur Therapie des Post Covid Syndroms (PCS) konnten noch keine neuen Medikamente entwickelt werden. Jedoch sollen im Verlauf von 2024 einige vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte ausgewählte Medikamente, die gegen andere Krankheiten schon zugelassen sind, auch für die PCS-Therapie erstattungsfähig werden. Klinische Studien zu Einsatz von mehreren solchen Medikamenten laufen.

Autoimmunkrankheiten

Um das Begrenzen deplatzierter Immunreaktionen geht es auch bei der Therapie von Autoimmunkrankheiten. Hierfür könnte es 2024 einige Neuzugänge geben. Dabei stehen zwei seltene Krankheiten im Vordergrund: Bis zu drei Neueinführungen sind möglich gegen PNH (paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie), bis zu zwei gegen die Nerven und Muskeln betreffende Erkrankung Myasthenia gravis. Aber auch gegen atopische Dermatitis und Multiple Sklerose könnten neue Medikamente verfügbar werden.

Angeborene Gendefekte

Trotz Fortschritten seit der Jahrtausendwende sind immer noch die meisten Krankheiten, die auf ererbten Gendefekten beruhen, nur unzureichend behandelbar. 2024 dürften aber gegen einige von ihnen neue Medikamente die Zulassung erlangen.

So könnte eine neuartige Gentherapie für langanhaltende Besserung bei Betroffenen einer Sichelzell-Krankheit oder einer Beta-Thalassämie sorgen. Beide Krankheiten beruhen auf einem genetisch bedingt defekten Hämoglobin in den roten Blutkörperchen. Das besondere dieser Gentherapie: Sie nutzt erstmals die Genschere CRISPR/Cas9, weil sie zielgenauere Eingriffe ins menschliche Erbgut ermöglicht als die bisherigen gentherapeutischen Methoden. Die EMA hat für diese Therapie Mitte Dezember die Zulassung empfohlen.

Parallel zu Gentherapien entwickeln Unternehmen aber auch andere Medikamente zur Linderung von genetisch bedingten Krankheiten. Die allerdings müssen dann immer wieder angewendet werden. Solche Medikamente könnten 2024 beispielsweise gegen Kofaktor-Molybdän-Mangel und das CDKL5-Mangelsyndrom herauskommen, zwei Krankheiten, die mit neurologischen Schädigungen einher gehen und bisher nicht gezielt behandelbar sind. Gleich zwei Medikamente könnten auch zur Linderung von Duchenne-Muskeldystrophie herauskommen, bei der fortschreitend Muskelmasse abgebaut wird.

Viele Medikamente gegen Erbkrankheiten haben von der EU während ihrer Entwicklung den Orphan Drug-Status erhalten, weil sie eine wesentlich verbesserte Behandlung für eine seltene Krankheit versprechen. Dass dies zutrifft, wird stets im Zulassungsverfahren überprüft. Nur wenn sich ihre Überlegenheit zumindest für ein Teil des Patientenkollektivs bestätigt, behalten die Arzneimittel den Status auch nach der Zulassung.

Weitere Erkrankungen

Noch für viele andere Patientinnen und Patienten dürften 2024 Medikamente für eine Markteinführung in Betracht kommen, beispielsweise solche mit Herzinsuffizienz, Menopause-Symptomen, Migräne oder Anämie. Ende des Jahres wird man sehen, welche davon das deutsche Gesundheitssystem zugänglich gemacht hat.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) Dr. Rolf Hömke, Wirtschaftspresse Hausvogteiplatz 13, 10117 Berlin Telefon: (030) 206040, Fax: (030) 20604222

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