Pressemitteilung | Freie Ärzteschaft e.V.

Wucht des Ärzteprotests überrascht #Spahn - #Ärzte wollen weniger Bürokratie für mehr Arztzeit

(Essen) - Die Proteste der Ärzte gegen das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) am vergangenen Mittwoch haben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erreicht. Die "Wucht der Wut" habe ihn allerdings überrascht, sagte Spahn am Donnerstag der "Rheinischen Post". Wieland Dietrich, Vorsitzender der Freien Ärzteschaft, betonte am Freitag in Essen erneut: "Wir lehnen das TSVG entschieden ab, weil es massiv in die Tätigkeit der niedergelassenen Ärzte eingreift, den Ärztemangel verschärft und die Patientenversorgung verschlechtert. Das ist nicht im Sinne der Ärzte und Patienten."

Spahn hatte noch einmal das Ziel der Bundesregierung erläutert: dafür zu sorgen, dass gesetzlich versicherte Patienten schneller einen Arzttermin bekämen. Konkreten Vorschlägen der Ärzteschaft, wie dieses Ziel erreicht werden könne, wolle er sich nicht verschließen. "Unsere Vorschläge", so Dietrich, "stehen weitgehend im Gegensatz zu dem, was der Minister plant. Unsere Forderungen: Budgetierung und Regresse beenden, Bürokratie und Dirigismus abbauen, die ärztliche Schweigepflicht und die Patientendaten schützen sowie die selbstständigen Arztpraxen stärken, damit die Patienten mehr Arztzeit bekommen." Die Tätigkeit als niedergelassener Haus- und Facharzt müsse wieder attraktiv werden, das Engagement von Ärzten müsse endlich wieder belohnt statt diskreditiert werden - und zwar ohne Bevormundung durch Staat oder Kassen.

Die Bürokratie habe in den vergangenen Jahren noch zugenommen. Mit dem medizinisch sinnlosen Online-Abgleich der Versichertenstammdaten für die Kassen in den Praxen gehe die Politik diesen falschen Weg weiter. Das TSVG bringe noch mehr Bürokratie: mit den Terminservicestellen, Nachweis von akuten und neuen Patienten, medizinisch nicht hilfreichen Kodierrichtlinien für Diagnosen und vielem mehr. Dietrich macht klar, dass es endlich in Richtung Bürokratieabbau gehen muss, und rechnet vor: "Wenn Bürokratie beispielsweise halbiert würde, dann hätte jeder Vollzeit-Praxisarzt pro Woche mindestens drei Stunden mehr Zeit für die Patientenbehandlung. Bei 150.000 Ärzten würden damit insgesamt jede Woche 450.000 Stunden Behandlungszeit entstehen. Das entspricht mehr als 8.500 Ärzten in Vollzeittätigkeit." Und die Berufszufriedenheit von Ärztinnen und Ärzten würde steigen, durch mehr sinnvolle Arbeit statt durch Ausübung von Verwaltungstätigkeiten - das wäre ein wirksamer Anreiz für den derzeit wegbrechenden Nachwuchs.

Spahn äußerte zudem in der Rheinischen Post, dass die Akzeptanz für die elektronische Patientenakte (ePA) steigen werde, "wenn die Ärzte merken, dass sie besser arbeiten können, weil sie in einer elektronischen Akte die komplette Krankheitsgeschichte ihres Patienten finden." Für Dietrich ist nicht nachvollziehbar, wie wenig Aufmerksamkeit der Minister dem Datenschutz schenkt. "Hier geht um die sensibelsten Daten der Bürger", betont der FÄ-Chef. "Spätestens nach dem jüngsten Datenklau bei Politikern und Prominenten sollte jedem klar sein, dass diese Daten nicht ins Netz gehören. Als Ärzte setzen wir uns weiterhin für den Schutz der Patientendaten und den Erhalt der Schweigepflicht ein. Staatlicher Zwang für Verantwortung tragende Ärzte auf diesem sensiblen Feld ist inakzeptabel." Nach der EU-Datenschutzgrundverordnung sei jeder Arzt verpflichtet, eine Nutzen-Risiko-Analyse über den Umgang mit den Patientendaten zu machen und dies könne jeder Arzt ohnehin nur im Kontext seines jeweiligen Faches und Tätigkeitsbereiches tun.

Quelle und Kontaktadresse:
Freie Ärzteschaft e.V. Pressestelle Gervinusstr. 10, 45144 Essen Telefon: (0201) 4690939, Fax: (0201) 755816

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