Wohneigentumspolitik muss junge Generation in den Blick nehmen
(Berlin) - Wir brauchen dringend eine ganzheitliche Wohneigentumspolitik, damit jüngere Menschen wieder vermehrt Wohneigentum bilden können. Denn in dieser Altersgruppe ist ein dramatischer Einbruch der Eigentumsquote zu verzeichnen. Dies trägt zu einer zunehmend ungleichen Vermögensverteilung bei. Die Teilnehmenden des diesjährigen ifs Wohnungspolitischen Forums des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) am 7. November 2023 im Bausparhaus in Berlin plädierten dafür, die Wohneigentumspolitik des Bundes zu stärken. DV und ifs haben dazu ein umfassende Maßnahmenpaket vorgeschlagen. Teile davon werden nun auch mit Unterstützung der Abgeordneten auf den Weg gebracht. Darunter fällt neben der verbesserten Familienförderung auch das Auflegen eines neuen Programms "Jung kauft Alt" für den Bestandserwerb. Nun geht es darum, dieses mit ausreichenden Mitteln auszustatten und es für mögliche Käufer:innen handhabbar auszugestalten, damit es in der Breite wirken kann.
Ungleiche Vermögensverteilung
In Deutschland sind die Vermögen im europäischen Vergleich ungleich verteilt, was auch an der geringen Wohneigentumsquote liegt. In den letzten zehn Jahren haben eine Millionen Haushalte weniger den Sprung ins Wohneigentum geschafft als in der Dekade davor, trotz günstiger Rahmenbedingungen in der Niedrigzinsphase. Gerade jüngere Menschen haben momentan kaum Perspektiven, Wohneigentum zu bilden, obwohl sich die meisten dies wünschen. In Bezug auf die Generationengerechtigkeit ist dies ein besorgniserregender Trend. Denn die Eigentumsquote wirkt positiv auf eine ausgewogene Vermögensverteilung.
Ressortübergreifende Förderstrategie entscheidend
"Die Förderung des Wohneigentums ist Bestandteil einer ganzheitlichen Wohnungspolitik, von der am Ende die ganze Gesellschaft profitiert", sagte Michael Groschek, Präsident des DV und ehemaliger Bauminister von Nordrhein-Westfalen. Er trug die Forderung des DV und der Partner des ifs nach einer ressortübergreifenden Förderstrategie der Bundesregierung für die Wohneigentumsbildung vor. Diese müsse insbesondere die Herausforderungen der jüngeren Generation bei der Wohneigentumsbildung in den Blick nehmen und den Bestand einbeziehen.
Für Generationengerechtigkeit sorgen
"Der gesellschaftspolitische Stellenwert von Wohneigentum für breite Schichten findet sich in der Wohnungspolitik leider kaum noch wieder. Im Bundeshaushalt sind nurmehr 350 Millionen Euro explizit für die Eigentumsförderung von Familien vorgesehen", sagte Oda Scheibelhuber, Vorsitzende des ifs Institut Wohneigentum im DV. Und dies, obwohl die Vorzeichen für die Bildung von Wohneigentum für breite Bevölkerungsschichten derzeit so schlecht stehen wie nie zuvor: Die seit Jahren zurückgehende Wohneigentumsquote sinkt bei den jüngeren Jahrgängen besonders stark ab, bei der Gruppe der 25 bis 44-Jährigen von 32 Prozent auf 26 Prozent in den letzten zehn Jahren. Aktuell machen es zudem Zinswende und explodierende Baukosten bei hohen Immobilienpreisen gerade Familien mit durchschnittlichen Einkommen vielerorts unmöglich, sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen. "Wir sollten erkennen, wie sehr das Wohneigentum dafür geeignet ist, das Leben planbarer zu machen und für Generationengerechtigkeit zu sorgen", mahnte Scheibelhuber.
Maßnahmen des Bundes
Annett Jura, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, erläuterte, was der Bund angesichts dieser Situation unternimmt. Dabei ging sie insbesondere auf die im Sommer 2023 gestartete Eigentumsförderung des Bundes ("Wohneigentum für Familien" - WEF) ein. Deren Berechtigtenkreis wurde kürzlich ausgeweitet, die Förderung beschränkt sich jedoch auf Neubau mit übergesetzlichen Energie- und Nachhaltigkeitsstandards. Deshalb - so Frau Jura - plane der Bund die Auflage eines weiteren Programms zur Förderung des Bestandserwerbs unter dem Motto "Jung kauft Alt". Dieses werde den Kauf unterstützen. Gleichzeitig solle das neue Programm über die Verknüpfung mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) die Häuser innerhalb eines gewissen Zeitraums nach dem Kauf auf einen besseren energetischen Standard bringen. So könnten Eigentumsbildung und Klimaschutz verbunden werden. Die Rahmenbedingungen, insbesondere die Sanierungsauflage, werden dabei laut Jura so ausgestaltet, dass niemand überfordert wird.
Diskussion der Fachreferenten
Bei der Diskussion der Fachreferenten zeigte Prof. Oliver Lerbs von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, dass eine höhere Wohneigentumsquote wie bei unseren europäischen Nachbarn sich positiv auf eine gerechtere Vermögensverteilung auswirkt. Und auch hierzulande hat der Immobilienboom - anders als zu erwarten wäre - mit den Wertsteigerungen dazu geführt, dass die Vermögensverteilung etwas ausgeglichener wurde. Hauptgrund für die derzeitigen Schwierigkeiten seien die Eigenkapitalschwäche bei gestiegenen Eigenkapitalanforderungen mit den erhöhten Grunderwerbsteuersätzen bei stark gestiegenen Preisen. Frank Nase, Bürgermeister der Gemeinde Barleben und stellvertretender Bundesvorsitzender des "Netzwerks junger Bürgermeister:innen", stellte dar, wie man in der Speckgürtelkommune Barleben bei Magdeburg mit dem Wachstumsdruck umgeht. Mit dem Konzept von Mini-Häusern will die Kommune den Generationenwechsel in Eigenheimen befördern. Diese bieten älteren Eigentümer:innen, die häufig in großen und unsanierten Einfamilienhäusern leben, eine Alternative. Die damit freiwerdenden Eigenheime sind für junge Familien günstiger zu erwerben als Neubauten und werden im Zuge des Eigentümerwechsels saniert.
Kontroverse Diskussion um geeignete Instrumente
Wie mehr Menschen der Zugang zu Wohneigentum ermöglicht werden kann, diskutierten auch die Baupolitiker:innen der Bundestagsfraktionen zum Abschluss der Veranstaltung Es bestand Einigkeit darin, dass man sich trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen nicht vom politischen Ziel des Wohneigentums für breite Schichten verabschieden dürfte. Kontrovers diskutierten die Abgeordneten geeignete Instrumente, um dieses Ziel zu erreichen: so etwa die Senkung der Erwerbsnebenkosten, mögliche Mitnahmeeffekte bei Förderungen in der Breite, den ordnungsrechtlichen Gestaltungsrahmen oder die Ausgestaltung des neuen Programms "Jung kauft Alt". Einig waren sich die Baupolitiker:innen, dass Freibeträge für die Grunderwerbsteuer ein zentraler Hebel wären. Dies aber scheitere aber nach wie vor am Widerstand der Bundesländer.
Quelle und Kontaktadresse:
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