Wohneigentumspolitik als sozialer Auftrag
(Berlin) - "Vielerorts besteht die Gefahr, dass Wohneigentum zum Privileg Besserverdienender wird. Dem muss die Politik entgegensteuern. Nicht um individuelle Träume zu erfüllen, sondern weil Wohneigentumspolitik praktizierte Sozialpolitik ist". So formulierte es der Vorstandsvorsitzende des Verbands der Privaten Bausparkassen, Bernd Hertweck, beim Bauspartag in Berlin.
Bundesbauministerin Klara Geywitz erklärte: "Mit unserer neuen Wohneigentumsförderung werden wir Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen helfen, sich Wohneigentum zu leisten."
Stark gestiegene Immobilienpreise, steigende Bauzinsen, explodierende Energiepreise bei sinkendem Realeinkommen: "Normalverdiener", so Hertweck, "tun sich vielerorts zunehmend schwer, sich ihren größten Lebenstraum, eigene vier Wände, zu erfüllen. Ihnen über die Schwelle zum Wohneigentum zu helfen, muss ein Kernanliegen der Politik sein." Wohneigentumsbildung sei der klassische Einstieg in den Vermögensaufbau, der die Vermögensverteilung gerechter mache. Als Absicherung im Alter durch mietfreies Wohnen entlasteten eigene vier Wände die sozialen Sicherungssysteme. Hertweck forderte mehr Unterstützung beim Eigenkapitalaufbau, weil mangelndes Eigenkapital die größte Hürde beim Wohneigentumserwerb darstelle. Konkret mahnte er die Verbesserung der Arbeitnehmersparzulage an, die seit 23 Jahren nicht mehr angepackt worden sei. Viele Arbeitnehmer seien dadurch aus der Förderung herausgefallen, obwohl sie real nicht mehr verdienten als früher. Dringenden Handlungsbedarf gebe es auch bei der staatlich geförderten Eigenheimrente - auch Wohn-Riester genannt. Sie müsse radikal vereinfacht werden und auch Selbstständige sollten sie nutzen dürfen. Hertweck: "Viele Menschen sind nicht in der Lage, gleichzeitig auf zwei Wegen für ihr Alter privat vorzusorgen: mit einer Eigenheimrente und einer Geldrente. Die Eigenheimrente muss deshalb eine frei wählbare und gleichberechtigte Alternative zur Geldrente bleiben."
In der Panel-Diskussion hat Bundesbauministerin Klara Geywitz auch ausgeführt, dass ihr Ministerium den Erwerb von Genossenschaftsanteilen zur Selbstnutzung wie zur Neugründung fördere. Es gebe ein Bedürfnis nach neuen Genossenschaften. Hierfür werde in Kürze ein attraktiver Anreiz gesetzt.
Trotz einer spürbaren Verunsicherung infolge des Kriegs in der Ukraine und dessen Auswirkungen ist Wohneigentum für die Menschen unverändert attraktiv. Darauf wies der Geschäftsführer des forsa-Instituts, Dr. Peter Matuschek, hin. 80 Prozent der Mieter würden nach der neuesten Umfrage am liebsten in eigenen vier Wänden wohnen, betonte er. 25 Prozent von ihnen planten einen Immobilienkauf, auch wenn sie fast alle meinten, dass dies heute schwieriger sei als noch vor fünf Jahren.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Dr. Florian Toncar MdB (FDP), zeigte sich zuversichtlich, mit den Ländern eine Einigung bei der Grunderwerbsteuer hinbekommen zu können. Bei Überlegungen zu eigenkapitalersetzenden Darlehen bzw. Tilgungszuschüssen müsse man die finanzielle Situation im Auge behalten. Hier gelte es, einen "guten Hebel" zu finden, der neue Haushaltsrisiken vermeide.
Der Vorstandsvorsitzende der BHW Bausparkasse, Henning Göbel, machte in der Diskussion deutlich, dass eigene vier Wände die mit Abstand beliebteste Form der privaten Altersvorsorge seien. "Wer eine Immobilie erwirbt, sorgt nicht nur für sein Alter vor, sondern schafft zugleich einen inflationssicheren Vermögenswert, der an Kinder und Enkel weitergegeben werden kann." Das erfordere jedoch privates Engagement über die gesetzliche Vorsorge hinaus. "Um zukünftige Rentner vor Illusionen zu bewahren, ist es wichtig, dass die Politik die Notwendigkeit von zusätzlichen Sparanstrengungen intensiv kommuniziert", erklärte Göbel. "Wohneigentum steht für Unabhängigkeit, Mietfreiheit im Alter, Schutz vor Kündigung."
Kassem Taher Saleh, MdB, Obmann im Bauausschuss des Bundestags von Bündnis`90/Die Grünen, plädierte für eine Bauwende und eine weitgehende Konzentration der Fördermittel auf den Bestand. Umbau vor Neubau und Lebenszyklusbetrachtung seien dabei zentrale Pfeiler.
Mike Kammann, Mitglied des Vorstands der Bausparkasse Schwäbisch Hall, wies auf die 40 Milliarden Euro hin, die die Bausparkassen pro Jahr an Baugeldern auszahlen. Der Großteil davon fließe in energetische Sanierungsmaßnahmen. Im Bestand liege der stärkste Hebel. "Fast ein Drittel der bestehenden Wohngebäude zählen zu den schlechtesten Energieeffizienzklassen G und H", so Kammann. "Hier müssen wir ran - das betrifft auch die künftige Förderung. Es gilt: ohne Immobilien keine Klimawende."
Die Bausparkasse Schwäbisch Hall habe Kennzahlen definiert, mit denen sie die Nachhaltigkeit ihrer Kredite bewerten und Fortschritte messen könne. "Ein Drittel unseres Kreditportfolios zahlt bereits auf die Umweltziele der EU-Taxonomie im Wohngebäudebereich ein und lässt sich damit als ökologisch nachhaltig klassifizieren."
Quelle und Kontaktadresse:
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