Wissenschaftsfreiheit bedeutet nicht einfach alles sagen zu dürfen
(Berlin) - Im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaft sollte an der HU Berlin ein Vortrag einer Meeresbiologin, die in den sozialen Medien durch enorm transfeindliche Aussagen hervorsticht und keine nachvollziehbare Expertise zum Thema Geschlecht besitzt zu eben diesem stattfinden. Von Studierenden wurden Proteste angekündigt, um klare Stellung gegen den zu erwartenden transfeindlichen Vortrag zu beziehen und dessen Positionierung im Rahmen einer universitären Veranstaltung zu kritisieren. Die Universitätsleitung sagte daraufhin den Vortrag ab, um ihn später offiziell zu verlegen. Grund dafür waren jedoch schließlich laut Universität nicht die Proteste, sondern vermeintliche "Sicherheitsbedenken". Medien, transfeindliche und rechte Akteur*innen reagierten darauf mit dem Vorwurf der "Cancel Culture" und machten die Protestierenden für die Absage verantwortlich.
Der fzs widerspricht diesem in Teilen offen rechten und von Ignoranz bzw. absichtlicher Verdrehung geprägten Diskurs, sowie dem verkürzten Verständnis von Wissenschaftsfreiheit. Als bundesweite Studierendenvertretung kritisiert der fzs insbesondere auch Bundesbildungsministerin Stark-Watzingers Kritik an der Veranstaltungsabsage und spricht seine Solidarität mit den Aktivist*innen vor Ort, sowie allen von Trans- und Nicht-Binär-Feindlichkeit betroffenen Studierenden aus.
"Proteste gegen den geplanten wissenschafts- und transfeindlichen Vortrag sind absolut legitim und nichts anderes als ein Mittel des demokratischen Protests. Wir stehen solidarisch mit den Protestierenden. Die Entscheidung der Universitätsleitung den Vortrag abzusagen ist ebenso legitim. Die Universität muss jetzt aufarbeiten, wie der Vortrag einer Meeresbiologin, die keine nachvollziehbare fachliche Expertise zum Thema besitzt, überhaupt auf das Programm der Veranstaltung gelangen konnte. Denn Wissenschaftsfreiheit bedeutet nicht die Freiheit trans- und wissenschaftsfeindliche Positionen auf einer universitären Veranstaltung äußern zu dürfen. Auch Frau Stark-Watzingers Verständnis von Wissenschaftsfreiheit scheint ein sehr verkürztes zu sein. Mit ihrer Kritik an der Vortragsabsage reihte sie sich nahtlos in die Debattenbeiträge zu vermeintlicher "Cancel Culture" ein, die das Engagement von Studierenden als Gefahr sehen und diesen die Schuld an dem von der Universitätsleitung abgesagten Vortrag zuwies. Diese Äußerung der Wissenschaftsministerin schockiert uns. Immerhin sollte anzunehmen sein, dass eine Ministerin für Bildung und Wissenschaft einen fundierteren Begriff der Wissenschaftsfreiheit vertritt und sich ihrer Verantwortung bewusst ist.", macht Lone Grotheer, Vorständin im fzs, deutlich.
"Der abgesagte Vortrag verfolgte eine klare politische Agenda und sollte der Agitation und Radikalisierung des Publikums gegenüber trans und nicht-binären Personen dienen. Die Reaktion in den deutschen Medien triefte überwiegend von Trans- und Nicht-Binär-Feindlichkeit unter dem Vorwand Wissenschaftsfreiheit verteidigen zu wollen. Wir erklären ausdrücklich: Menschenfeindlichkeit ist keine Meinung und bekräftigen unsere Solidarität mit allen Betroffenen. Wir fordern die Universität zudem dazu auf, ihre eigenen Leitlinien zur Anti-Diskriminierungsarbeit anzuwenden und für ein sicheres, von Diskriminierung freies Klima an der Universität und in Lehrveranstaltungen zu sorgen. Das gilt nicht nur an der HU sondern überall. Student*innen müssen ohne Angst vor Diskriminierung, schlechterer Benotung ihrer Arbeiten und menschenfeindlicher Äußerungen im Universitätsalltag leben & studieren können.", bekräftigt Marie Müller, ebenfalls Teil des fzs-Vorstands.
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