Pressemitteilung | Wirtschaftsrat der CDU e.V.

Wirtschaftsrat-Stellungnahme zum Thema "Gegenfinanzierung der Steuerreform durch Erhöhung der indirekten Besteuerung"

(Berlin) - Der Präsident des Wirtschaftsrates Deutschland, Prof. Dr. Kurt J. Lauk bezieht Stellung zum Thema Gegenfinanzierung der Steuerreform durch Erhöhung der indirekten Besteuerung und erklärt im Detail: "Die Steuerreformdiskussion in Deutschland hat bisher zumindest eines erreicht: Über 80 Prozent der deutschen Bevölkerung sind überzeugt, dass eine radikale Steuerreform eines der derzeit dringendsten politischen Ziele darstellt. Diese Reform muss unter allen Umständen noch 2004 in Angriff genommen werden, weil eine Verschiebung auf die nächste Legislaturperiode zu einer Umsetzung frühestens 2008 - und damit viel zu spät - führen würde."

Aus Sicht des Wirtschaftsrates sind drei Forderungen existenziell und sollten den Fahrplan der Parteien bestimmen: Runter mit der Staatsquote! Der Staat muss sich aus der Wirtschaft zurückziehen, um den neuen Wachstumskräften eine Chance zur Entfaltung zu geben. Keine Steuererhöhung jetzt! Dies wäre das Signal zum Rückzug für die wieder erwachende Investitionsbereitschaft in Deutschland. Im Sinne einer verlässlichen Investitionsplanung dürfen Änderungen der Ertragsteuersätze in der Zukunft nur nach unten weisen! Erst im Ertragsteuerrecht aufräumen und den Haushalt konsolidieren! Die Unruhen in der politischen Diskussion der vergangenen Wochen lassen Wirtschaft und Unternehmer daran zweifeln, das Deutschland überhaupt noch reformfähig ist. Um ihren Wählern das Gegenteil zu beweisen, müssen die Parteien die konsequente und rasche Neugestaltung des Ertragsteuerrechts und den Ausstieg aus der Verschuldungsspirale vorantreiben.

In der politischen Diskussion wird von den Gegnern einer Steuerreform vor allem die Gegenfinanzierung thematisiert. Friedrich Merz MdB hat sich eindeutig dahingehend geäußert, dass für die Umsetzung seines Reformkonzepts keine Mehrwertsteuererhöhung benötigt werde. Nur zur Finanzierung der notwendigen Reformen im Gesundheitswesen, vor allem bei der Einführung der Gesundheitsprämie, dürfe eine Erhöhung der indirekten Steuern nicht generell tabuisiert werden.

Nach Auffassung des Wirtschaftsrates handelt es sich bei einer eventuellen Erhöhung der Verbrauchsteuern um die "method of last
ressort": Auf sie darf nur dann zurückgegriffen werden, wenn die übrigen Gegenfinanzierungsmaßnahmen für die anstehenden Reformen, insbesondere der Subventionsabbau und die Streichung von Steuerausnahmen, nicht ausreichen, um die dringend notwendige Vereinfachung und Steuersatzsenkung bei den direkten Steuern darzustellen.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat bereits in seinem Jahresgutachten 1995/96 eine dahingehende Änderung der Steuerstruktur vorgeschlagen. Hierzu sollten die steuerliche Belastung der Einkommensentstehung gemindert und die Besteuerung der konsumtiven Einkommensverwendung erhöht werden, denn "nur auf diesem Weg können Leistungsanreize und Investitionsbereitschaft gestärkt werden." Der Sachverständigenrat schreibt weiter: "Es sollte [..] geprüft werden, ob die aus beschäftigungs- und wachstumspolitischen Gründen gebotene steuerliche Entlastung der Investitionen nicht durch eine stärkere steuerliche Belastung des Konsums aufkommensneutral erreicht werden kann."

Die Argumente für die Konsumbesteuerung liegen auf der Hand: Indirekte Besteuerung ist weitaus schwerer zu umgehen als direkte Steuerbelastung: Während die Einkommensteuer inzwischen als "Dummensteuer" verschrien ist, die durch eine kompetente Steuergestaltung stark beeinflusst werden kann, ist die Vermeidung der indirekten Steuern auf legalem Wege nur durch Konsumverzicht möglich.

Durch eine verteilungspolitisch ausgerichtete Konsumbesteuerung lässt sich leichter steuerliche Gerechtigkeit erreichen, als es im Rahmen der Ertragsbesteuerung derzeit möglich ist. Hierzu ist vor allem die Steuersatzdifferenzierung z.B. bei der Umsatzsteuer geeignet: Schon derzeit sind Mietausgaben steuerfrei, und die Ausgaben für Nahrungsmittel unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent.

Sparen und Investieren bleiben bei der Umsatzsteuer steuerfrei. Von einer Senkung der Ertragsbesteuerung (auch) auf Kosten einer Erhöhung der Verbrauchsbesteuerung können daher ein Beitrag zu mehr Wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze erwartet werden. Auch der Sachverständigenrat betont nochmals im Jahresgutachten 2002/03, dass "eine Steuerstruktur, die stärker auf indirekte Steuern setzt, investitionsfördernd [wirkt]."

Hinzu kommt, dass die Umsatzsteuersätze in Deutschland im Vergleich zu denen der übrigen EU25-Staaten eher niedrig liegen: Während in Deutschland Umsätze mit maximal 16 Prozent belastet werden, reicht die Besteuerung in zwanzig der Vergleichsländer von 17,5 Prozent in Großbritannien bis zu 25 Prozent in Dänemark, Schweden und Ungarn. Auch ein Vergleich des Verhältnisses zwischen indirekten und direkten Steuern der OECD-Staaten zeigt, dass Deutschland mit 47,8 zu 51,6 durchaus im Mittelfeld liegt.

Nicht unberücksichtigt sollte ferner bleiben, dass die Steueränderungen der letzten Jahre vor allem auf Kosten der Unternehmen, insbesondere auf Kosten des Mittelstandes durchgeführt wurden. Auch aus diesem "Gerechtigkeitsargument" darf die Gegenfinanzierung weiterer Steuersenkungen durch eine stärkere Verbrauchsbesteuerung nicht tabuisiert werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Wirtschaftsrat der CDU e.V. Erwin Lamberts, Pressesprecher Luisenstr. 44, 10117 Berlin Telefon: 030/24087301, Telefax: 030/24087105

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