Wirtschaft hart an der Rezession / Unternehmen in der Region Köln von allgemein schlechter Lage stark betroffen
(Köln) - Die große Mehrheit der Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen in der Region Köln stecken mitten in einem wirtschaftlichen Tal. Sowohl ihre aktuelle Situation als auch die kurz- und mittelfristige Aussicht wird von den knapp 1.000 befragten Unternehmen so schlecht wie schon seit Jahren nicht mehr beurteilt. Erstmals leiden alle Branchen fast gleichermaßen unter dem weltweiten und in Deutschland besonders ausgeprägten Konjunkturabschwung. Dies ergab die Herbst-Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Köln. "Die Wirtschaft befindet sich in einer prekären Lage und sieht kaum Licht im Tunnel. Jede zusätzliche Belastung der Unternehmen durch die Politik verschlimmert die Lage, verschärft den Abschwung und zögert zumindest den Aufschwung weiter hinaus ", beschreibt der Hauptgeschäftsführer der IHK Köln, Dr. Herbert Ferger, die in vielen Bereichen fast schon dramatische Lage. Entsprechend vorsichtig sind die Investitions- und Personalplanungen der Unternehmen.
Aktuelle Geschäftslage durchweg schlecht
Die Lage der Unternehmen im Bezirk der IHK Köln (umfasst die Städte Köln und Leverkusen, den Rheinisch-Bergischen und den Oberbergischen Kreis sowie den Erftkreis) ist durchweg schlecht: Nur 14 Prozent der befragten Unternehmen schätzten ihre Lage als "gut" ein; fast 38 Prozent dagegen als "schlecht". Erstmals betrifft der Abschwung alle Branchen fast gleichermaßen. So bewerteten über ein Drittel aller Industrie- und Verkehrsunternehmen, 52 Prozent der Händler und fast ein Drittel der Dienstleister ihre Geschäftslage als "schlecht". Damit ist auch in den Dienstleistungsbranchen der Saldo aus guten und schlechten Bewertungen erstmals negativ. In keinem der genannten Bereiche beurteilten mehr als ein Fünftel der Unternehmen ihre derzeitige Lage als "gut". Belegt werden die Angaben der Unternehmen durch den Umsatzrückgang der regionalen Industrieunternehmen um elf Prozent sowie Exporteinbußen der Industrie um 18,6 Prozent.
"Das erschreckend schlechte Ergebnis zeigt, dass die Belastungsgrenze vieler Unternehmen erreicht oder sogar überschritten ist. Die Wirtschaft benötigt dringend positive Signale von der Politik, um sich aus diesem Tal befreien zu können", fordert der IHK-Hauptgeschäftsführer. "Die direkt nach der Wahl losgetretenen Diskussionen über Steuererhöhungen sind allerdings genau das falsche Signal für Verbraucher und Unternehmen und in der derzeitigen Verfassung der Wirtschaft pures Gift."
Aussichten nur schwach positiv
Eine Wende zum Besseren erwarten die Unternehmen frühestens ab Mitte nächsten Jahres. "Dabei setzen alle Branchen auf den Nachholbedarf beim Konsum und bei den Investitionsgütern, der durch ein Anziehen der Konjunktur angestoßen und verstärkt werden soll", sagt Ferger. Ausgehend von der desolaten Ausgangslage erwarten nur noch wenige Unternehmen weitere Verschlechterung - eine gewisse Hoffnung, den Tiefpunkt bereits durchschritten zu haben, macht sich breit. Immerhin gut 34 Prozent aller befragten Unternehmen hoffen auf eine Verbesserung ihrer Geschäfte. Allerdings befürchtet immer noch jedes fünfte Unternehmen weitere Umsatz- und Gewinnrückgänge. Insgesamt am wenigsten optimistisch blickt der Handel in die Zukunft; eher zuversichtlich äußerten sich die Dienstleistungsunternehmen und die Industrie.
"Leider bestimmen zur Zeit viele verschiedene negative Faktoren die Zukunftsaussichten", erklärt Ferger die insgesamt schlechte Stimmung: Die drastisch gefallenen Kurse an den Börsen vernichten große Werte, entziehen den Unternehmen Eigenkapital und bremsen die Konsumfreude der Verbraucher. Ebenfalls konsumdämpfend wirkt die Sorge der Menschen um ihren Arbeitsplatz und vor erneut steigenden Kosten für die Alters- und Gesundheitsvorsorge.
Investitionen und Beschäftigung rückläufig
Angesichts dieser Einschätzungen sind die Investitions- und Beschäftigungspläne der Unternehmen sehr zurückhaltend. Nur gut 16 Prozent aller Unternehmen planen steigende Aufwendungen für neue Maschinen, Anlagen und neue Hard- und Software. Mehr als doppelt so viele Unternehmen (36,7 Prozent) wollen in Zukunft weniger als bisher investieren. Besonders vorsichtig will die Industrie investieren, etwas optimistischer planen lediglich die Verkehrswirtschaft und die Dienstleister.
Ebenso vorsichtig sind die Beschäftigungspläne der befragten Unternehmen: Nur 12,8 Prozent aller Firmen wollen zusätzliches Personal einstellen; knapp 37 Prozent der Unternehmen rechnen mit weniger Mitarbeitern. Besonders schwarz sieht der personalkostenintensive Handel die Beschäftigungsentwicklung. Gerade noch zehn Prozent planen mit mehr Personal, 44 Prozent gehen von weniger Beschäftigten aus. Verhalten optimistisch sind weiterhin die Dienstleister. Dort plant gut ein Fünftel der Unternehmen mit mehr und ein Drittel der Firmen mit weniger Personal.
Kaum Impulse vom Export
Anders als in den vergangenen Jahren erwarten die Unternehmen in diesem Jahr und in den ersten sechs Monaten des kommenden Jahres keine besonders starken Impulse durch den Außenhandel. Nur gut ein Viertel der Unternehmen rechnet mit wachsenden Exporten im Zuge einer Erholung der Weltwirtschaft. Doch genau diese Belebung ist noch nicht in Sicht: Die US-Wirtschaft will weiterhin nicht anspringen, aus Asien und Südamerika kommen ebenfalls keine positiven Impulse, und auch der für die deutsche Wirtschaft besonders wichtige EU-Raum entwickelt kaum Dynamik. Dazu kommen die Sorgen vor weiter steigenden Rohölpreisen und vor den Folgen eines möglichen Irak-Krieges. Positive Impulse erwarten die Exporteure allenfalls aus China, Russland und anderen osteuropäischen Staaten.
Politik muss Binnenwirtschaft stärken
Die große Anzahl ernstzunehmender Risikofaktoren für eine Erholung der Weltwirtschaft verunsichert Unternehmen und Verbraucher und drohe, das Grundvertrauen in die wirtschaftliche Zukunft zu untergraben. In dieser Situation sei die Politik gefordert, das in den vergangenen Jahren verlorene Vertrauen durch mutige Reformen zurück zu gewinnen, so Ferger. Die Forderungen der Wirtschaft seien seit vielen Jahren bekannt und könnten als Beleg für einen schon viel zu lange anhaltenden Reformstau gelten: Die Senkung der Arbeitskosten durch Deregulierung des überreglementierten Arbeitsmarktes, eine nachhaltige Sanierung der Sozialsysteme zur Senkung der Lohnnebenkosten, eine Reform des öffentlichen Bildungssystems und eine Steuerpolitik, die besonders dem Mittelstand zugute kommt und die Staatsquote senkt. Der IHK-Hauptgeschäftsführer rät der neuen Bundesregierung, die derzeitige Lage als Chance zu sehen, "um endlich die längst überfälligen Reformen auf den Weg bringen zu können. Die wirklich ernste Lage eröffnet die Chance, auch weniger populäre Entscheidungen zu treffen." Diese Chance hätten in den vergangenen Jahren viele europäische Staaten genutzt - mit dem Ergebnis, dass heute alle EU-Staaten bessere Wirtschaftsdaten ausweisen als Deutschland.
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