Wir trauern um ...
(Berlin) - In diesem Jahr trauern wir um 46 Journalist*innen, die im Zusammenhang mit ihrer Arbeit weltweit getötet wurden. Mehr als die Hälfte davon sind gezielt ermordet worden. Hinter jeder Zahl steht ein*e mutige Journalist*in, die ihr Leben lassen musste - einzig für ihren Kampf, Informationen für die Menschen ihres Landes frei zugänglich zu machen.
Mexiko ist zum dritten Jahr in Folge das gefährlichste Land für Medienschaffende. 2021 wurden dort wieder sieben Journalist*innen ermordet. Oft werden Lokaljournalist*innen, die über heikle politische Themen wie die organisierte Kriminalität im Land berichten, kaltblütig erschossen - darunter auch Benjamín Morales Hernández, der am 3. Mai, dem Welttag der Pressefreiheit, getötet wurde. In Mexiko herrscht ein Klima der Straflosigkeit, die Täter werden selten belangt und bleiben in mehr als 90 Prozent der Fälle straflos. Anfang Dezember konnte ich mir bei einem Besuch in Mexiko mal wieder selbst ein Bild davon machen. Die Reise war Teil des juristischen und politischen Einsatzes von Reporter ohne Grenzen gegen die nahezu allgegenwärtige Straflosigkeit bei Verbrechen gegen Medienschaffende in Mexiko.
Zu den gefährlichsten Ländern für Medienschaffende zählt auch Afghanistan mit sechs getöteten Journalist*innen. In Indien und im Jemen wurden 2021 jeweils vier Medienschaffende getötet. Eine besonders traurige Nachricht erreichte uns am 9. November aus dem Jemen. Die Fernsehreporterin Rascha Abdallah al-Harazi wurde durch einen gezielten Anschlag mit einer Autobombe in Aden getötet. Sie war hochschwanger und mit ihrem Mann, der ebenfalls Journalist ist, unterwegs ins Krankenhaus. Er erlitt schwere Verletzungen, überlebte das Attentat jedoch.
Schicksale wie dieses zeigen, wie wichtig es ist, dass wir uns ohne Pause für bedrohte Medienschaffende weltweit einsetzen und an ihre Arbeit erinnern, damit wir uns nicht an die Straflosigkeit gewöhnen - auch in der Europäischen Union, der eigentlich sichersten Region der Welt für Medienschaffende: In Athen wurde etwa der Polizeireporter Giorgos Karaivaz im Frühling ermordet. Er befasste sich mit Korruption in der Polizei und hatte zuletzt zu einer Gruppe von Kriminellen und Polizeikräften recherchiert, die angeblich Schutzgeld bei Nachtclubs erpresst hatten.
Dennoch können wir teilweise auch positiv auf das Jahr 2021 zurückblicken. Selbst wenn jeder einzelne ermordete Mensch einer zu viel ist: Die Zahl der getöteten Medienschaffenden ist in diesem Jahr so niedrig wie seit 2003 nicht mehr. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Intensität der Konflikte und Kriege in Syrien, im Irak und im Jemen zurückgegangen ist. Gleichzeitig sind im nun zu Ende gehenden Jahr 2021 so viele Journalist*innen weltweit wegen ihrer Arbeit willkürlich verhaftet wie niemals zuvor.
Bei Reporter ohne Grenzen werden wir nicht aufhören, uns gegen Straflosigkeit und für Medienschaffende einzusetzen, die derzeit in Lebensgefahr sind, etwa wie die chinesische Journalistin Zhang Zhan. Zhang Zhan wurde genau heute vor einem Jahr zu vier Jahren Haft verurteilt, weil sie über den Ausbruch des Corona-Virus in der Stadt Wuhan berichtet hatte. Um gegen ihre willkürliche Verurteilung und Verhaftung zu protestieren, trat die Journalistin in einen Hungerstreik. Ihr Gesundheitszustand hat sich in den vergangenen Wochen stark verschlechtert; ihr Leben ist akut in Gefahr.
Unterstützen Sie uns bei unserem Einsatz für die Freilassung mutiger Journalist*innen wie Zhang Zhan und gegen die Straflosigkeit von Morden an Journalist*innen wie Benjamín Morales Hernández und Rascha Abdallah al-Harazi. Spenden Sie bitte für unsere weltweite Arbeit oder werden Sie Mitglied.
Quelle und Kontaktadresse:
Reporter ohne Grenzen e.V. (RSF)
Jennifer Braunschweig, Pressereferentin
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