Pressemitteilung | freier zusammenschluss von studentInnenschaften e.V. (fzs)

Willkürliche Beschneidung des hochschulpolitischen Mandats durch Präsidium der Goethe-Universität Frankfurt

(Berlin) - Der AStA der Goethe-Universität Frankfurt und der freie zusammenschluss der student*innenschaften (fzs) verurteilen das juristische Vorgehen des Frankfurter Uni-Präsidiums gegen die eigene Studierendenschaft.

In dieser Woche musste sich der AStA der Goethe-Universität Frankfurt aufgrund der wiederholten Einleitung rechtsaufsichtlicher Maßnahmen durch das eigene Uni-Präsidiums vor Gericht verantworten. Dabei geht es um eine vermeintliche Überschreitung des im Hochschulgesetz festgelegten hochschulpolitischen Mandats. Das Präsidium wirft dem AStA vor, sich unzulässigerweise allgemeinpolitisch zu äußern und damit die Grenzen seines Mandats zu verletzen. Indessen erlaubt die aktuell geltende Rechtsprechung dem AStA, sich zu allgemeinpolitischen Themen zu äußern und einen gesellschaftlichen Zusammenhang in den Blick zu nehmen, wenn dabei ein hochschulpolitischer Bezug vorliegt.

So erhebt das Uni-Präsidium den Vorwurf, bei der 2019 vom Studierendenparlament der Goethe-Universität verabschiedete Resolution 'gegen BDS und jeden Antisemitismus' handle es sich um eine Überschreitung des hochschulpolitischen Mandats. Die Resolution fordert unter anderem die Stärkung der gemeinsamen Forschung und des studentischen wie akademischen Austausches zwischen Deutschland und Israel. Festgehalten wird darin außerdem, dass jüdisches Leben auf dem Campus nicht gefährdet sein darf und sich jüdische Studierende an allen Hochschulen sicher fühlen können müssen. Die Resolution, deren hochschulpolitischer Bezug kaum ernsthaft in Zweifel gezogen werden kann, erfuhr Unterstützung von verschiedensten hochschulpolitischen Akteur*innen, unter anderem von der Hochschulrektorenkonferenz, der auch das Präsidium der Goethe-Universität angehört. Doch davon will die Goethe-Universität unter der Leitung des seit Anfang des Jahres amtierenden Präsidenten Enrico Schleiff offenbar nichts mehr wissen.

"Mit diesem Vorwurf stellt sich das Präsidium indirekt gegen einen Beschluss, den sie auf der Hochschulrektorenkonferenz vor einem Jahr noch selbst mitgetragen hat. Durch diese Kehrtwende lässt das Uni-Präsidium ihr gemeinsames Engagement mit der Studierendenschaft gegen israelbezogenen Antisemitismus dem Wunsch zum Opfer fallen, die politische Willensbildung der Studierendenschaft zu kontrollieren und zu beschneiden. Hierin zeigt sich im besonderen Maße die Willkür, mit der das Präsidium dem AStA gegenüber agiert", so AStA-Vorsitzende Kyra Beninga.

Ganz ähnlich verhält es sich bei der Einberufung einer Vollversammlung von 'Students for Future', die den studentischen Bezug schon im Namen trägt. Auch hier macht das Uni-Präsidium eine Überschreitung des hochschulpolitischen Mandats ausfindig. Tatsächlich stand das Thema vor einem Jahr im Rahmen einer monatlichen Gesprächsrunde zwischen Uni-Präsidium und AStA-Vorstand auf der Tagesordnung. Damals ließ das Präsidium noch verlautbaren, dass es leider nicht selbst zur Vollversammlung aufrufen könne und ein solcher Aufruf stattdessen durch den AStA zu erfolgen habe. Es erklärte sich aber gerne dazu bereit, eine entsprechende Einladungsmail an alle Universitätsmitglieder zu verschicken. Dazu meint AStA-Vorsitzender Mathias Ochs: "Was eine Übertretung des hochschulpolitischen Mandats darstellt und was nicht, ist den wechselnden Launen des Uni-Präsidiums überlassen. Dem AStA fehlt hier jegliche Rechtssicherheit."

Im Rahmen der Verhandlung vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht machte die Universitätsleitung dann auch deutlich, was sie vom hochschulpolitischen Bezug dieser und anderer Resolution hält. Dieser Bezug sei nur vorgeschoben, um das eigentliche Motiv dahinter zu verschleiern: die Thematisierung allgemeinpolitischer Fragestellungen. Pia Troßbach, Referentin für Hochschulpolitik des AStA Frankfurt, stellt dazu klar: "Wenn das Uni-Präsidium eine solche Unterstellung erhebt, zieht es nicht nur die geltende Rechtsprechung in Zweifel, die allgemeinpolitische Äußerungen in einem gewissen Rahmen erlaubt. Es stellt auch unsere hochschulpolitische Arbeit an sich in Frage. Die Lebensrealität von Studierenden lässt sich nicht in Hochschul- und Allgemeinpolitik aufspalten."

Eine studentische Interessenvertretung muss auch den gesamtgesellschaftlichen Kontext in den Blick nehmen. Die Rechtsprechung trägt eben dieser Tatsache seit mehr als zwanzig Jahren Rechnung, wenn sie einen Brückenschlag von hochschul- zu allgemeinpolitischen Themen erlaubt, um sich für studentische Interessen einzusetzen. Das Vorgehen des Präsidiums fällt hinter diese Rechtsprechung zurück und kommt somit einer Beschneidung des hochschulpolitischen Mandats gleich.

"Uns ist bundesweit kein Universitätspräsidium bekannt, das so harsch gegen den eigenen AStA vorgeht. Die konstante Machtdemonstration gegen den Frankfurter AStA ist unverhältnismäßig und hinterlässt ein Gefühl der Ohnmacht. Studierendenvertretungen sind wichtige Instanzen, um sich in demokratischen Prozessen auszuprobieren. Es wirkt jedoch so, als hätte das Universitätspräsidium kein Interesse an einer konstruktiven politischen Streitkultur an der Hochschule", resümiert Carlotta Kühnemann, Vorständin im freien zusammenschluss der student*innenschaften (fzs), dem Dachverband der Studierendenschaften in Deutschland.

Quelle und Kontaktadresse:
freier zusammenschluss von studentInnenschaften e.V. (fzs) Pressestelle Wöhlertstr. 19, 10115 Berlin Telefon: (030) 27874094, Fax: (030) 27874096

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