Pressemitteilung | Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W)

Wieder mehr Ersatzfreiheitsstrafen für Schwarzfahrer:innen - arme und wohnungslose Menschen sind besonders stark betroffen

(Berlin) - In Berlin endete gestern (01.06.2022) das Moratorium zum Aussetzen der Ersatzfreiheitsstrafen für das Fahren ohne Fahrschein. In der Corona-Pandemie wurden Inhaftierungen ausgesetzt. Mit dem Ende des Moratoriums befürchtet die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) nun einen Anstieg der Zahl der Inhaftierungen wohnungsloser Menschen, fordert langfristige Reformen und wird selbst aktiv.
2.000 wohnungslose Menschen wegen Fahren ohne Fahrschein in Haft
Jedes Jahr landen in Deutschland tausende Menschen aufgrund von Ersatzfreiheitsstrafen wegen Fahrens ohne Fahrschein im Gefängnis. Arme Menschen sind davon überproportional häufig betroffen, darunter viele Menschen in Wohnungsnot: Die BAG W schätzt, dass jährlich bis zu 2.000 wohnungslose Menschen Ersatzfreiheitsstrafen wegen sogenannter "Beförderungserschleichung" nach §256a StGB verbüßen. Arme und wohnungslose Menschen können sich meist weder teure Fahrtickets noch die auferlegten Geldstrafen leisten - und "bezahlen" dies sehr oft mit ihrer Freiheit.
"Diese Regelungen sind somit unsozial. Wir begrüßen daher die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform des Strafrechts in Bezug auf Ersatzfreiheitsstrafen und hoffen, dass das sogenannte 'Schwarzfahren' in naher Zukunft nicht mehr als Straftat geahndet wird.", meint Werena Rosenke, Geschäftsführerin der BAG W.

Das 9-Euro-Ticket und die Spendenkampagne der BAG W 1.111 Plus X 9-Euro-Tickets für wohnungslose Menschen"
Die BAG W begrüßt die Einführung des 9-Euro-Monatstickets. Sie gewährleisten, dass wohnungslose Menschen den öffentlichen Personennahverkehr in den kommenden drei Monaten stressfrei nutzen können. Dies gilt insbesondere die rund 45.000 Menschen, die nach Schätzung der BAG W - ohne jede Unterkunft auf der Straße leben. Denn das (Über-) Leben auf der Straße erfordert eine hohe Mobilität: von der Notunterkunft zur Tagesstätte über Angebote der medizinischen Versorgung weiter zur Lebensmittel- und Kleiderausgabe.

Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, wohnungslose Menschen in ihrem Recht auf Mobilität zu unterstützen und weiteren Ersatzfreiheitsstrafen kurzfristig zuvorzukommen, hat die BAG W die Spendenkampagne "1.111 Plus X 9-Euro-Tickets für wohnungslose Menschen" gestartet. Mit der Spende der Stiftung "Die Mannschaft" konnte die BAG W 1.111 9-Euro-Tickets für wohnungslose Menschen zur Verfügung stellen. Sie werden über die Einrichtungen und Dienste der Wohnungsnotfallhilfe an Betroffene vergeben. Diese 1.111 Fahrkarten reichen jedoch nicht aus! Daher ruft die BAG W zu weiteren Spenden auf: Für nur 9 Euro kann jede:r z.B. über PayPal einem wohnungslosen Menschen für einen Monat stressfreie Mobilität ermöglichen.
9-Euro-Ticket auch ohne Personalausweis möglich?
Das Ticket ist ein persönlicher Fahrschein. Doch nicht alle Wohnungslose verfügen über gültige Ausweispapiere oder führen diese zumindest nicht ständig bei sich. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) versicherte aber auf Anfrage der BAG W, dass es an Ticketautomaten auch möglich sein wird, ohne gültige Dokumente ein 9-Euro-Ticket zu erwerben. Dazu sagt Werena Rosenke: "Die sozialpolitische Dimension sei sowohl den Fachpolitiker:innen als auch den Verkehrsunternehmen bewusst. Daher würden, so der VDV, auch in Kund:innenzentren kulante Lösungen gefunden. Wir raten Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe zudem dringend, sich mit ihrem lokalen Verkehrsbetrieb darauf zu verständigen, wie sichergestellt werden kann, dass bei eventuellen Fahrkartenkontrollen nicht auf einer Ausweispflicht bestanden wird, so dass wohnungslose Menschen vollumfänglich von den Tickets profitieren - so wie vom Gesetzgeber und dem VDV intendiert."

In Berlin ist inzwischen auf Bemühen der BAG W bereits eine entsprechende Kulanzregelung zwischen Senatsverwaltung und BVG und S-Bahn Berlin gefunden worden. Dies begrüßen wir sehr.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) Werena Rosenke, Geschäftsführerin Presse Waidmannsluster Damm 37, 13509 Berlin Telefon: (030) 2 84 45 37 0, Fax: (030) 2 84 45 37 19

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