Pressemitteilung | ZAW e.V. - Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft

Werbebranche trotz Konjunktur-Delle nicht pessimistisch

(Berlin) - Nach dem Werbejahr 2000 mit seinen zahlreichen Sondereffekten für den beschleunigten Auftrieb von Investitionen in Werbung läuft die Entwicklung der Werbebranche in Deutschland wieder auf dem allgemeinen volkswirtschaftlichen Wachstumspfad.

Trotz der in den ersten Wochen des Jahres 2001 spürbar gewordenen Delle in den Werbeausgaben der Wirtschaft sieht der überwiegende Teil der 39 im Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) zusammengeschlossenen Organisationen der werbenden Firmen, Medien und Werbeagenturen keinen Grund zum Pessimismus. Laut Frühjahrsumfrage rechnen 37 Prozent der ZAW-Verbände mit steigenden Werbeumsätzen beziehungsweise mit stabilen Werbemarkt-Verhältnissen (60 Prozent). Nur 3 Prozent der Mitglieder gehen von rezessiven Erscheinungen im deutschen Werbemarkt aus.

Das Ausnahmejahr 2000
Das Werbejahr 2000 schloss mit einem Volumen der Investitionen in Werbung (Honorare, Werbemittelproduktion, Medienstreukosten) in Höhe von 33,21 Mrd € ab, wie der Präsident des ZAW, Dr. Manfred Lange, am 15. Mai in Berlin berichtete. Dies entspricht einem Wachstum von fast 1,8 Mrd € oder +5,6 Prozent (Vorjahr: 31,44 Mrd €; +4,2 Prozent).

Die Medien profitierten von ihrer Dienstleistung als Werbeträger mit einem Anteil von 70 Prozent an den Werbeausgaben in Deutschland: Sie nahmen 23,29 Mrd € netto durch Werbeaufträge ein und damit plus 1,46 Mrd € gegenüber dem Vorjahr (+6,8 Prozent).

Die restlichen 30 Prozent Anteil an sämtlichen Werbeinvestitionen des Jahres in Höhe von 10 Mrd € entfielen auf Honorare und Gehälter sowie auf die Herstellungskosten für Werbemittel (beispielsweise Produktion von Anzeigenvorlagen oder Spots für Radio und Fernsehen).

Das akzentuiert positive Werbejahr spiegelt sich gleichzeitig im betriebswirtschaftlichen Anteil der Werbeagenturen wider. Die im Gesamtverband Werbeagenturen (GWA) zusammengeschlossenen Unternehmen erreichten durch den Werbeboom 2000 einen Umsatzanstieg auf 12,22 Mrd € (+15,4 Prozent).

Der deutlich gestiegene Pegel der Werbeinvestitionen in Deutschland ist insbesondere auf folgende Impulse zusätzlicher und verstärkter Werbeaktivitäten zurückzuführen:

- Starker Wettbewerb zwischen den Medienangeboten
- Ankündigung oder Abwehr von Firmenfusionen
- Preiskampf der Telefon-Netzbetreiber
- Allgemeine Börsenbegeisterung und die daraus resultierende Bereitschaft zu neuen Formen der Geldanlage
- Boom der "New-economy" mit vielen Start-Ups, die sich einem breiteren Publikum bekannt machen wollten.

Werbeinvestitionen verteilen sich auf viele Branchen
Die deutsche Wirtschaft ist überwiegend mittelständisch strukturiert. Entsprechend ergibt sich die Summe aller Werbeinvestitionen - im Jahr 2000 rund 33 Mrd € - aus den Werbeausgaben unterschiedlicher Betriebsgrößen. Nach einer erstmals durchgeführten Berechnung des ZAW entfallen gegenwärtig auf Großunternehmen 42 Prozent der Investitionen in Werbung (14 Mrd €), auf die mittelständische Wirtschaft 36 Prozent (12 Mrd €) sowie auf Kleinunternehmen, staatliche und private Firmen 22 Prozent (7 Mrd €).

Die Analyse der werbestärksten Wirtschaftsbereiche nach der Teilbeobachtung der Nielsen Werbeforschung S+P (Hamburg) zeigt mit ihren 166 gelisteten Branchen das breite Feld der Branchenaktivitäten in klassischer Werbung. Werbestärkste Branche sind erstmals die Massenmedien selbst geworden. Sie investierten brutto 1,7 Mrd € (+25 Prozent). Zweiter Euro-Milliardär ist der Automarkt, der in der Quersumme mit 1,56 Mrd € knapp 4 Prozent weniger in seine massenmediale Werbung investierte als im Jahr zuvor. An dritter Position rangieren die Telekommunikationsnetze. Sie erhöhten gleichfalls kräftig ihre Etats und gaben mit 1,41 Mrd € fast 20 Prozent mehr für Werbung aus. Der Vierte in der Gruppe der Euro-Milliardäre sind die Handels-Organisationen mit 1,16 Mrd €. Die entsprechende Steigerungsrate von 20 Prozent spiegelt die Erwartungen dieser Branche wider, die von der Steuerreform einen Aufschwung der privaten Konsumausgaben erhofft hatte.

Alle weiteren Gruppen von Werbeinvestoren lagen unter der Grenze von 1 Mrd €.

Nicht alle Medien vom Werbeboom berührt
Auffällig ist bei den Einzelergebnissen der Netto-Werbeumsätze
(23,29 Mrd €), dass ein Teil der Werbeträger von den Sonderimpulsen des Jahres 2000 profitieren konnte, andere dagegen offenkundig deutlich weniger.

Tageszeitungen
So waren die Tageszeitungen am ausgeprägtesten die Gewinner im Werbegeschäft. Sie erreichten ein Plus von 490 Mio € (+8,1 Prozent) auf knapp 6.557 Mio €. Zugute kamen ihnen vor allem Werbeschaltungen in der Auseinandersetzung der Telefonnetzbetreiber Vodafone und Mannesmann, von Internetirmen, der Deutschen Post AG in Zusammenhang mit ihrem Börsengang sowie Anzeigenkampagnen, die Firmenzusammenschlüsse (wie E.ON, Aventis) bekannt machten.

Fernsehen
Auf zweiter Position der werbeeinnahmenstärksten Mediengruppen rangiert zwar erneut das Fernsehen mit 4.705 Mio € und einer Steigerungsrate von 9 Prozent. Das monetäre Plus aber betrug mit knapp 388 Mio € deutlich weniger als bei den Tageszeitungen.

Werbung per Post
Kaum vom Werbeboom profitiert hat die Werbung per Post. Ihre Werbeerlöse stiegen auf 3.383 Mio € um 74 Mio € (+2,2 Prozent).

Publikumszeitschriften
Ein umgekehrtes Ergebnis zeigte sich bei den Publikumszeitschriften. Mit einer außergewöhnlichen Steigerung von +12 Prozent auf 2.247 Mio € (+241 Mio €) war bei ihnen die Dynamik am stärksten. Wesentlich beigetragen haben dazu die Werbeinvestoren aus den Medien selbst sowie die Finanzdienstleister und Telekommunikationsunternehmen.

Anzeigenblätter
Erholt präsentiert sich das Werbeeinkommen der Anzeigenblätter. Nach einem Minus von einem Prozent im Vorjahreszeitraum konnten sie nun mit 1.792 Mio € (+49 Mio € gleich +2,8 Prozent) an das frühere Wachstum anschließen. Neu auf den Markt gebrachte Sonntagstitel sowie ein belebteres Beilagengeschäft trugen zum positiven Werbeergebnis bei.

Auskunfts- und Verzeichnismedien
Deutlich unter dem Schnitt des Werbewachstums lagen die Werbeeinnahmen der Auskunfts- und Verzeichnismedien mit 1.243 Mio € (+16 Mio € gleich +1,3 Prozent).

Fachzeitschriften
Ähnlich die Lage bei den Fachzeitschriften mit Werbeerlösen von 1.210 Mio € (+20 Mio € gleich +1,7 Prozent).

Radio
Die Mediengattung Radio dagegen konnte von zusätzlichen Schaltungen insbesondere des Automarkts und der Massenmedien Gewinn registrieren. Sie kam auf 733 Mio € (+36 Mio € gleich +6,1 Prozent).

Außenwerbung
Bei der Außenwerbung war der positive Abschluss insbesondere ein Trend hin zur Belegung qualitativ hochwertiger Werbeträger wie City-Light- und Riesen-Postern. Dies führte zu einem Umsatz von 746 Mio € (+65 Mio € gleich +9,5 Prozent).

Wochen- und Sonntagszeitungen
Das Jahresergebnis der Wochen- und Sonntagszeitungen liegt im Trend des Werbebooms mit 278 Mio € (+16 Mio € gleich +6,2 Prozent).

Filmtheater
Nicht so positiv schlossen die Filmtheater ab mit einem Werbeumsatzergebnis von 175 Mio € (+3 Mio € gleich +1,6 Prozent).

Online-Angebote
Dagegen verdoppelte sich die Werbung in Online-Angeboten auf 153 Mio € (+76 Mio € gleich +100 Prozent).

Zeitungssupplements
Im Minusbereich aber abgebremst zeigt sich die Lage bei den Zeitungssupplements mit einem Volumen der Werbeeinnahmen von 68 Mio €. Das waren knapp 6 Mio € weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Rückgang um -7,8 Prozent im Jahr 2000 hebt sich deutlich von dem Prozent-Ergebnis des Jahres 1999 mit -20,6 Prozent ab.

Marktanteile: Pressemedien behaupten sich erneut
Das starke Werbejahr 2000 für die Pressemedien dokumentiert sich gleichzeitig in den Anteilen am Werbemarkt. Wie im Vorjahr kommen die Pressemedien (Zeitungen, Anzeigenblätter, Supplements, Zeitschriften) auf einen Marktanteil von 52 Prozent. Die Funkmedien (TV, Radio) verharren bei 23 Prozent wie im Vorjahreszeitraum. Der Internet-Bereich Online-Werbung liegt mit 0,7 Prozent noch deutlich am unteren Ende der Rangliste bei den Marktanteilen.


Prognose 2001
Für das Jahr 2001 rechnet der ZAW mit einem Gesamtwerbevolumen in Deutschland von knapp 34 Mrd €. Dies entspräche einem Plus etwas über dem von der Bundesregierung vorausgesagten Gesamtzuwachs des BIP von
2 Prozent.

Die Medien würden davon mit 23,9 Mrd € (+2,6 Prozent) profitieren. Ursache für die Rückkehr des Werbewachstums nur leicht oberhalb der allgemeinen volkswirtschaftlichen Entwicklung sind die spürbar schwächer gewordenen Sondereffekte aus dem Werbejahr 2000 wie unter anderem durch Abschwung an den Börsen, Marktbereinigung bei Telefonanbietern oder der nachlassende Trend zu Firmenzusammenschlüssen. Wenn die Werbebranche dennoch mit Stabilität und Wachstum rechnen kann, so liegt das an sich ergänzenden Einflussfaktoren. Sie bestimmen den Mikrokosmos des Werbemarkts:

- Die Werbeintensität einzelner Branchen wechselt. Während beispielsweise aus sehr unterschiedlichen Gründen die Werbeetats bei Putz- und Pflegemitteln, Tabakwaren oder der Kosmetik sinken, wachsen sie bei Massenmedien, Versicherungen, Arzneimittelherstellern und beim Handel.

- Firmenindividuelle Werbeziele gleichen Schwankungen der Werbestärke innerhalb einer Branche aus. So steigerten einige Autobauer im Jahr 2000 beispielsweise ihre Werbeetats zweistellig (BMW +11 Prozent, Ford +11 Prozent) während andere ihre Ausgaben zweistellig reduzierten (Opel -20 Prozent, VW -10 Prozent).

- Die Schnittstellen zum Kunden nehmen durch Digitalisierung der Märkte (Internet, Extranet, M-commerce, T-commerce) und wachsende Vielfalt des klassischen Medienmarktes zu .

- Klassische Unternehmen (Old-economy) wachsen mit Internetfirmen (New-economy) zur elektronischen Wirtschaft (E-economy) zusammen. Ohne Markenaufbau hat diese neue Form der Betriebsführung nur geringe Existenz-Chancen; Markenaufbau aber braucht in der modernen Wettbewerbswirtschaft Werbung.

- Werbeimpulse kommen gleichfalls vom bevorstehenden Wegfall des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung.

- Der Zwang zum vermehrten Alterssparen auf privater Basis aktiviert die Werbung von Versicherungen.

- Die Anzahl der Handy-Kunden ist im vergangenen Jahr um fast 25 Mio auf rund 48 Mio gestiegen. Technische Weiterentwicklungen wie die Vorbereitung auf internetfähige Handys (UMTS) fördern die Marktkommunikation.

- Staatliche und privatwirtschaftliche Werbekampagnen für die Einführung des Euro zum 1. Januar 2002 forcieren ebenso Wachstum.

- In der gegenwärtig werbeaktivsten Branche, dem Markt der Medien, herrscht heftiger Wettbewerb; er wird zu einem wesentlichen Teil über Werbeaktivitäten ausgetragen.

- Vertrauen in Aktien nimmt wieder zu: Die Anzahl der Anleger ist in der zweiten Jahreshälfte 2000 trotz der Kursturbulenzen an den weltweiten Börsen um rund 1 Million gestiegen. Zum Jahresende 2000 besaß durchschnittlich jeder fünfte Bundesbürger Aktien oder Fonds. Auch von dieser Tatsache gehen Anstöße für Werbekampagnen aus.

Volkswirtschaftlicher Faktor "Kommerzielle Kommunikation"
Der Vergleich von Werbevolumen und Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland zeigt nach Analyse des ZAW, dass die Relation zwischen Werbeaufwand und Volkswirtschaft ökonomisch gesund ist: Im Jahr 2000 hatten die Werbeinvestitionen von mehr als 33 Mrd € im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt (2.036 Mrd €) einen Anteil von 1,63 Prozent. Dieser Vergleichswert liegt leicht über dem Ergebnis des Vorjahres (1,59 Prozent Anteil am BIP). "Aus der mittel- und langfristigen Analyse bestätigt sich das volkswirtschaftlich sinnvolle und damit akzeptable Verhältnis", so der ZAW. Vor zehn Jahren habe der Anteil der Werbung am BIP bereits einmal 1,63 Prozent betragen - 1985 sogar bei 1,71 Prozentanteil.

Den Wert weiterer Instrumente der kommerziellen Kommunikation über die klassische Werbung hinaus zu quantifizieren, ist nach Untersuchungen des ZAW nur unter Berücksichtigung zahlreicher Einschränkungen möglich. Während Werbung weitgehend erfassbar ist, gibt es bei den weiteren Disziplinen der Marktkommunikation nur punktuelle Transparenz. Dabei handelt es sich um Verkaufsförderung, Telefonmarketing, Messen und Ausstellungen, Sponsoring, Eventmarketing, Public Relations (PR) und Werbeartikel. Hinzu kommen Werbeträger im Multimediabereich (firmenindividuelle Internet-Auftritte, Werbung per CD-ROM) sowie spezielle Zeitschriften von Firmen für Kunden.

Nach Angaben des ZAW erreichten im Jahr 2000 diese weiteren Mittel betrieblicher Marktkommunikation einen monetären Aufwand von 31,55 Mrd €. Zusammen mit den Investitionen in klassische Werbung (im Jahr 2000 rund 33,21 Mrd €) addiert sich unter Einschluss der genannten weiteren Mittel "Kommerzieller Kommunikation" ein Betrag von 64,76 Mrd €. Dies entspricht einem Anteil von 3,2 Prozent am Bruttoinlandsprodukt.

Dazu der ZAW: "Das volkswirtschaftliche Faktum ist offenkundig: Werbung und andere Mittel kommerzieller Kommunikation sind herausragender Bestandteil der Wirtschaft in Deutschland."

ZAW sorgt sich um rechtspolitische Richtung der EU
Probleme für die Weiterentwicklung der Werbung in Deutschland und Europa sieht der ZAW in der rechtspolitischen Entwicklung. Die Zukunft der Werbewirtschaft werde mitbestimmt durch den Grad ihres rechtlichen Spielraums. "Es besteht Anlass zu der Sorge, dass die Verrechtlichung von Werbeaussagen wächst und damit kreative Werbegestaltung erheblich behindert wird."

Zwar halte sich die Regierung unter Bundeskanzler Schröder weitgehend an Prinzipien liberaler Regeln für die Marktkommunikation. Das Reformvorhaben des Bundesjustizministeriums in Bezug auf das bürgerliche Recht (BGB) plane aber Regulierungen, durch die Werbeaussagen zum Vertragsbestandteil gemacht würden. Für werbende Firmen und Werbeagenturen würde damit Werbung zum grundsätzlichen Risiko. "Es droht die Gefahr, dass wir künftig hinter jedem Werbetexter nicht nur einen, sondern zwei Juristen stellen müssten."

Ohne Kontur sei bisher eine Europäische Werbeordnung. Dirigistische, interventionistische und protektionistische Tendenzen stünden im Kontrast zu Vorhaben, die Werbung der Wirtschaft in Europa zu liberalisieren. So drohten beispielsweise der Werbung für Lebensmittel Vorzensur, Umkehr der Beweislast und Meldeverfahren für Werbeaussagen bei neuen Produkten, wie sie durch Änderung der EU-Richtlinie über irreführende Werbung sowie der EU-Kennzeichnungsrichtlinie festgeschrieben werden sollen.

Ob sich die schwedische EU-Ratspräsidentschaft mit ihren Vorstellungen der Beschränkung von TV-Werbung im Umfeld von Kindersendungen durchsetzt, sei gegenwärtig noch offen. Verabschiedet sei bereits der Eingriff in die Werbefreiheit der deutschen Automobilindustrie durch eine EU-Richtlinie. Das Bundeswirtschaftsministerium erarbeite gegenwärtig eine Verordnung mit dem Kerninhalt: In der Automobilwerbung müsse zukünftig der Benzinverbrauch und der CO2-Ausstoß ebenso dominant herausgestellt werden wie die Haupt-Werbeaussage (wie z.B. „Freude am Fahren“).

An der Schraube der Einschränkungen von branchenbezogenen Werbeaktivitäten werde in Brüssel gleichzeitig bei den Produktbereichen Alkohol und nach wie vor für Tabakwaren gedreht.

Die Wirtschaft sei in vielen Bereichen längst aus Selbstverantwortung und Bedenken aus dem politischen Raum mit freiwilligen Verhaltensregeln vor allem hier auch in Deutschland in Vorleistung getreten. Der Deutsche Werberat stehe darüber hinaus für jegliche Werbung der Wirtschaft als Instanz der Konfliktregelung und Selbstdisziplin zur Verfügung.

Werbebranche orientiert sich am "neuen" Verbraucherleitbild
Der anhaltend dirigistische Kurs auf europäischer Ebene gegen die Werbung stehe im deutlichen Kontrast zum Verbraucherleitbild des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) sowie des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). In verschiedenen Urteilen bestätigten sie ausdrücklich die Lebenskompetenz der Konsumenten auch im Umgang mit Werbemaßnahmen der Wirtschaft.

Auch unterhalb dieser höchsten Gerichte werde die Selbstverantwortung des Konsumenten stärker berücksichtigt. So habe beispielsweise das Oberlandesgericht Hamm in einer Klage gegen einen Alkoholiker entschieden: Der Hersteller sei zwar im Rahmen der Produkthaftung gehalten, auf Gefahren hinzuweisen, die von einem Produkt ausgehen. Jedoch erstrecke sich diese Verpflichtung nicht auf Gefahren, die jedem einleuchten. "Die Kenntnis von der Wirkung alkoholischer Getränke gehört zum allgemeinen Grundwissen."

Nach Beobachtung des ZAW hätten sich die werbenden Firmen, die Werbeagenturen und die Medien weitaus früher als andere öffentlich agierende Gruppen wie die Politik auf die veränderten Verhältnisse in der Bevölkerung eingestellt. Die Werbung passe sich mehr denn je den komplexen Einstellungen, Lebensstilen und Wertvorstellungen zusätzlich zu den früher prägenden soziodemographischen Merkmalen wie Alter und Geschlecht an. Die Machtverhältnisse hätten sich eindeutig Richtung Konsumenten verschoben. Der Kunde von heute sei nicht mehr der zu betreuende, sondern der weitgehend selbstbestimmte und selbstbewusste Mensch.

Darin liege auch die Wurzel dafür, dass beispielsweise Homosexuelle in der Marktkommunikation thematisiert würden. Werbende Firmen bräuchten jetzt nicht mehr zu befürchten, dass die Gruppe der Standardkunden zumindest mehrheitlich von der Verwendung der beworbenen Marke abrückten.

Mit zunehmender Veränderung der Bevölkerungsstruktur werde sich auch das Bild der alten Menschen in vielen Varianten in der Werbegestaltung wieder finden. Auch dort gäbe es ausgeprägte soziale Schichtungen, ähnlich wie bei den homosexuellen Bürgern.

Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklung müsse gleichfalls die insbesondere von Politikern inszenierte Debatte um die Reinheit der deutschen Sprache gesehen werden.

Der ZAW unterstreiche im Zusammenhang mit dem Vorwurf der angeblich überbordenden Verwendung englischer Vokabeln in der Werbung seine Position: Jede Sprache sei von der gesellschaftlichen Entwicklung geprägt. Wer sie vor Außeneinflüssen rein halten wolle, reglementiere die Alltagskultur. Anglizismen seien ebenso Teil einer lebendigen Sprache wie beispielsweise Einflüsse aus dem Französischen oder Italienischen.

Der Trend zu multikulturellen Elementen in der deutschen Sprache werde noch zunehmen, weil Deutschland durch den absehbaren Rückgang der Bevölkerung Einwanderungen im größeren Umfang forcieren müsse. Werbung sei Alltag. Sie könne im Interesse der Beschäftigten, der Betriebe, des Staates nur solche Sprache verwenden, die akzeptiert werde. Das hindere niemanden daran, den hohen Wert der deutschen Sprache durch demonstrative Pflege bewusst zu halten.

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V. Villichgasse 17 53177 Bonn Telefon: 0228/820920 Telefax: 0228/357583

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