Pressemitteilung | Marburger Bund - Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. - Bundesverband

Wer nicht hören will muss fühlen!

(Köln) - Seit Oktober 2000 haben wir den Kampf um bessere Arbeitsbedingungen massiv verschärft. Denn Konsequenz der miserablen Arbeitsbedingungen ist: Den deutschen Krankenhäusern laufen die Ärzte weg!

- Die Arbeitsverdichtung im Krankenhaus durch Krankenhausschließungen, Bettenabbau, Verweildauersenkung und Fallzunahme hat zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen geführt.
- Zugleich haben die Krankenhausträger das frühere Überangebot an ärztlicher Arbeitskraft zu ausbeuterischer Unterbezahlung genutzt.
- Und schließlich hat sich im Krankenhaus ein oftmals mittelalterlich anmutendes Hierarchiegefüge erhalten, in dem junge Ärztinnen und Ärzte oft behandelt werden wie Fußabtreter. Damit muss endgültig Schluss sein!
Auf dem vergangenen Ärztetag in Ludwigshafen haben wir Politik und Öffentlichkeit überzeugend und eindringlich von der Intensität und Tragweite des Problems informiert. Wir haben Langmut und Nachsicht mit unseren "Partnern" in Politik, Tarifparteien und Krankenhäusern geübt. Ich glaube, sie alle haben unsere Position der Vernunft nicht ausreichend genutzt.
- Die Arbeitgeber feiern seit 1996 in den Tarifverhandlungen ohne verhandlungsfähige Angebote.
- Die Krankenhausträger klagen und jammern, statt zu handeln,
- und die Politik belässt es bei Lippenbekenntnissen.

Nach dem Arbeitszeitgipfel bei Ministerin Schmidt am 4. März haben wir der Politik, den Arbeitgebern und den Krankenhäusern noch eine Schonfrist bis zum Ärztetag gegeben. Bisher gibt es weder einen Formulierungsvorschlag der Regierung Schröder zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes, noch ein tragfähiges Angebot der Arbeitgeber in den Tarifverhandlungen, noch haben die Krankenhausträger konstruktiv reagiert.

Wer nicht hören will, muss fühlen! Wir brauchen auf Hauptversammlung und Ärztetag eine Bestätigung unserer Beschlüsse der Vergangenheit, nunmehr den angedrohten "bürgerlichen Ungehorsam" auszuüben. Wir müssen den Sommer nutzen, um in der Endphase der Kodierungsarbeiten für das Fallpauschalengesetz die Datenerfassung lahm zu legen.

Dabei müssen wir mit besonderer Intensität zwei Gruppen von Kolleginnen und Kollegen noch von unseren Argumenten überzeugen: Diejenigen, die Angst vor Einkommensverlusten haben und die, die Angst haben, eine Verminderung der Arbeitszeit behindere sie in ihrem beruflichen Fortkommen.
Der ersten Gruppe sei entgegengehalten, dass das Grundproblem ihrer Einkommenssorgen doch in einer generellen Unterbewertung ärztlicher Arbeit liegt. Unser Druck - zusammen mit der begrüßenswerten Verknappung ärztlicher Arbeitskraft - gibt uns allen aber die Kraft, zu einer Neubewertung ärztlicher Arbeit zu gelangen. Unser Ziel muss sein, dass man Bereitschaftsdienste gar nicht mehr braucht, um auf ein ausbildungs- und verantwortungsadäquates Gehalt zu kommen!

Die zweite Gruppe aber muss begreifen, dass es einen Unterschied darstellt, ob man als Arzt bereit ist, in Ausnahmesituationen auch über die Höchstgrenzen hinaus zu arbeiten (was wir alle tun und wollen) oder aber billige Liebedienerei begeht, indem man seinen Chefs und Arbeitgebern unentgeltliche Mehrarbeit anbietet nach der (vor allem von einigen Ordinarien vertretenen) Devise: "Ein guter Arzt arbeitet mehr als 60 Stunden in der Woche". Mit diesem Blödsinn muss Schluss sein. Wer so etwas sagt, den muss man vor sich selbst schützen - und damit auch seine Patienten vor ihm.

Die Politik hat ihre Chance gehabt und sie nur unzureichend genutzt. Jetzt kommt es auf uns an, damit endlich Ärzte
- anständig bezahlt werden, - - vernünftige Arbeitszeiten haben,
- gute Arbeitsbedingungen vorfinden,
- und es sich für junge Ärztinnen und Ärzte wieder lohnt, den Beruf auszuüben!

Dr. Frank Ulrich Montgomery
Marburger Bund
- 1. Vorsitzender -

Quelle und Kontaktadresse:
Marburger Bund - Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V. - Bundesverband Riehler Str. 6 50668 Köln Telefon: 0221/9731680 Telefax: 0221/9731678

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