Pressemitteilung | BDP e.V. - Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen - Bundesgeschäftsstelle

Wenn Lehrer um Hilfe rufen / Psychologen setzen auf kontinuierliche Beratung statt auf "Feuerwehraktionen"

(Berlin) - Ein Hilferuf der Lehrerinnen und Lehrer der Berliner Rütli-Hauptschule hat alle auf den Plan gerufen: Politiker, Mitarbeiter der zuständigen Senatsverwaltung, Kamerateams und Reporter. Sozialpädagogen und Schulpsychologen wurden abkommandiert und unterstützen die Schule seitdem. Die Position des Schulleiters wurde kommissarisch neu besetzt.

Schulpsychologen fragen sich, warum erst "Katastrophen" passieren müssen, um öffentliche Aufmerksamkeit für Probleme zu erlangen, die über Jahrzehnte entstanden sind. Die öffentliche Aufmerksamkeit sollte sich auf Schulen richten, die bei ähnlichen Problemen wie an der Rütli-Oberschule positive Entwicklungen einleiten konnten. Klaus Seifried von der Sektion Schulpsychologie im BDP verweist auf "Berliner Hauptschulen, die hier Vorbild sein können: Die Paul-Loebe-Oberschule in Reinickendorf, die Nikolaus-August-Otto-Oberschule in Steglitz, die Heinrich-von-Stephan-Oberschule in Tiergarten und die Werner-Stephan-Oberschule in Tempelhof. Diese Hauptschulen haben mit großem Engagement der Lehrerinnen und Lehrer und der Schulleitungen, durch Kooperation mit dem Jugendamt, mit Schulpsychologen, mit freien Trägern, Sportvereinen und der Polizei ein verändertes Schulklima geschaffen. In Schulstationen werden Schüler betreut, die am Unterricht nicht teilnehmen können. In Schülerfirmen und Praxisklassen können Schüler praktische Erfahrungen sammeln. In diesen Hauptschulen hat die Gewaltbereitschaft deutlich abgenommen, ging Schulschwänzen stark zurück, sind die Motivation und die Leistungen der Schüler gestiegen und konnte die Arbeitszufriedenheit der Lehrer erhöht werden."

Doch sind erfolgreiche pädagogische Modelle nicht zum bildungspolitischen Nulltarif zu bekommen. Lehrerinnen und Lehrer brauchen Entlastung und Unterstützung bei ihrer pädagogischen Arbeit. Der BDP unterstützt daher die Forderung von SenatorsBöger, junge Lehrer einzustellen und an jeder Hauptschule einen Sozialpädagogen zu beschäftigen. Doch brauchen diese Schulen auch einen Schulpsychologen! Supervision und Coaching durch Schulpsychologen kann das Lehrerverhalten professionalisieren und den Umgang mit schwierigen Schülern erleichtern. Schulpsychologen helfen auch bei der Veränderung von Schule und dem Finden neuer pädagogischer Konzepte und der Kooperation und Vernetzung der Schule mit dem sozialen Umfeld. Deshalb ist es unverständlich, dass in den letzten Jahren die Zahl der Schulpsychologen in Berlin halbiert wurde. An der Rütli-Oberschule wurde sofort nach Schulpsychologen gerufen, doch erst im letzten Jahr wurden wieder 12 Stellen gestrichen. Weitere Kürzungen werden diskutiert.

Das Beispiel der Rütli-Oberschule und der Hilferuf anderer Hauptschulen zeigen, dass die Arbeit der Schulpsychologen im Bereich der Krisenintervention und Gewaltprävention wichtiger denn je ist. Hier darf nicht gespart werden, denn die sozialen Folgekosten sind deutlich höher. "Der Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen muss durch eine enge Kooperation zwischen Schule, Schulpsychologie, Jugendamt und Polizei entschieden begegnet werden", sagt Klaus Seifried. "In der Schule darf kein rechtsfreier Raum entstehen. Hier ist konfrontative Pädagogik gefragt. Doch sollte die kleine Zahl von Intensivstraftätern nicht mit der großen Zahl von Migrantenkindern und ihren Familien gleichgesetzt werden."

Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP), Bundesgeschäftsstelle Christa Schaffmann, Pressesprecherin Glinkastr. 5-7, 10117 Berlin Telefon: (030) 22605699, Telefax: (030) 22605698

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