Wenig Silberstreif am Horizont für Milch Anfang 2016
(Berlin) - Im Rahmen des "Berliner Milchforums 2016" in Berlin schätzt der stellvertretende Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes (MIV) Hans Holtorf, frischli Milchwerke GmbH die bestehende Marktlage als äußerst schwierig ein.
"Angebot und Nachfrage sind derzeit nicht im Gleichgewicht. So gibt es verstärkte Milchanlieferungen in einigen wenigen Ländern innerhalb der europäischen Union wie Irland, Niederlande, Polen und auch Deutschland. Aber auch im EU-Ausland hat es in den vergangenen Monaten durchaus stabile bis wachsende Produktionsmengen gegeben", führt Hans Holtorf hinsichtlich des Angebotes an Rohmilch aus. Gleichzeitig stockte die Nachfrage auf einigen wichtigen internationalen Märkten für Agrargüter und Milchprodukte. Die Gründe dafür sind vielfältig wie das Importembargo Russlands, eine schwache Konjunktur wichtiger Handelspartner, Unruhen und unsicheres Marktumfeld sowie fehlende Kaufkraft aufgrund der geringen Ölpreise.
Die Marktlage wird sich daher auch in den nächsten Monaten von 2016 weiter schwierig gestalten. Denn die milchreichen Monate in Europa stehen noch bevor und eine Rücknahme der Milchproduktion durch die Milcherzeuger als Reaktion auf die niedrigen Milchpreise ist bisher in Deutschland und Europa nicht festzustellen. Gleichzeitig lassen die bisher bestehenden Prognosen nicht erwarten, dass das globale Angebot an Milch insbesondere durch Neuseeland und die USA sich im Jahr 2016 deutlich verringern wird.
Markt bleibt unsicher
Die Exporte von deutschen Milch und Milchprodukten in 2015 weisen laut den Zahlen des Statistischen Bundesamtes zumindest mengenmäßig ein relativ stabiles Nachfrageniveau in den EU-Staaten auf. Wachstum wurde besonders in Drittlanddestinationen realisiert, hier allerdings oft auf einem vergleichsweise geringerem Niveau.
Die Absatzzahlen in Deutschland sind in der Menge ebenfalls zufriedenstellend. Teilweise konnten trotz wachsender Überalterung der deutschen Bevölkerung Zuwächse beim Pro-Kopf-Verbrauch festgestellt werden. Je nach Segment gingen die Umsätze im Handel mengenbereinigt um fast 20 Prozent zurück. Hauptumsatzrenner ist weiterhin der Käse, wobei über 50 Prozent der deutschen Milch zu Käse verarbeitet wird. Die Umsatzzahlen und Erlöse lassen aber produktübergreifend und unabhängig von den Absatzkanälen zu wünschen übrig.
Rohmilchpreise unter Druck
Die an die Erzeuger gezahlten Rohmilchpreise sind Anfang 2016 weiter gefallen. Auch für die nächsten Monate rechnet der Milchindustrie-Verband mit keinem Anstieg. Vielmehr hat eine Vielzahl an Molkereien bereits in 2015 ihre Reserven aufgebraucht und stehen nun vor teilweise starken Einschnitten bei der Auszahlungsleistung. "2015 war das Jahr der Markenhersteller und das Ergebnis fällt auf einzelbetrieblicher Ebene sehr unterschiedlich aus", stellt Herr Holtorf dazu fest. Ob der Durchschnittspreis des Vorjahres für das gesamte Jahr 2016 von ca. 29 Euro Cent/kg bei 4,0 Prozent Fett wieder erreicht wird, bleibt daher sehr abzuwarten. Eine Ausnahme bietet der Biosektor, der in Deutschland jedoch nur einen kleinen Anteil an der gesamten produzierten Milchmenge einnimmt. Die Biomilchpreise sind durch eine hohe Nachfrage sogar noch gestiegen und haben damit das Delta zum konventionellen Sektor noch weiter erhöht.
Kann Politik helfen?
Brüssel hatte bereits im Spätsommer 2015 ein Liquiditätsprogramm in Höhe von 420 Mio. Euro auf den Weg gebracht. In Deutschland wurden über 70 Mio. Euro ausgekehrt, nicht nur für die Milchviehhalter. "Verglichen mit früheren Zahlungen in vergleichbaren Krisensituationen ist das aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein", stellt der stellvertretende Vorsitzende des MIV fest.
Der Markt selber wird gestützt durch Interventionsankäufe von Milchpulver und es ist angesichts der globalen Wechselwirkungen davon auszugehen, dass die Intervention in der EU weiter genutzt werden wird. Herr Holtorf sagt dazu: "Wir sind der Kommission daher dankbar für die Erklärung, dass sie die Ankäufe auch über die Mengenschwellen hinaus vornehmen wird".
Angesichts der prekären Marktlage wurde von verschiedenen Stellen erneut die Diskussion um die Frage nach dem Strukturwandel oder -bruch gestellt. Die schlechten Milchpreise werden viele Milcherzeuger zum Nachdenken über den Verbleib in der Produktion anregen. Herr Holtorf: "Allerdings sehen wir in der Praxis draußen kaum weniger Milchkühe und die Produktion bleibt hoch. Mittlerweile bieten einige europäische Molkereien auch Prämien bei Minderlieferung an, das Milchgeld stieg jedoch dabei nicht".
Zukunft am Markt
Wann die Situation am Markt besser wird, ist schwer abzuschätzen. Der deutsche Milchpreis hängt stark vom internationalen Wettbewerb innerhalb und außerhalb der EU ab. Gleichzeitig wird die Nachfrage vom Weltmarktpreis für Erdöl beeinflusst. Die Lösung des Missverhältnisses von Angebot und Nachfrage kann im Markt jedoch nur von der Steuerungswirkung Preis kommen. Da die Zuspitzung aber deutlich ist, muss alles gemeinsam geprüft werden, was die Belastungen verringern kann. So muss die Politik intensiv ihre Möglichkeiten hierzu abwägen genauso wie die Landwirte, ob die Steigerung der Milchproduktion sich noch lohnt. Klar ist jedoch, dass eine wirkliche Verbesserung nur aus einer Veränderung der Märkte kommen kann und die Maßnahmen hier nur unterstützen können. "Da die Nachfrage in nächster Zeit nicht steigt, muss zur Stabilisierung des Marktes das Angebot sinken. Und das ohne Quote und staatliches Mengenkorsett. Denn sicher war und ist: Es bleibt volatil", so Holtorf. Volatil schließt aber auch ein Steigen der Preise ein. Und vielleicht vermittelt der Blick auf die neuesten Importzahlen Chinas zumindest den ersten Hinweis, dass gefördert durch niedrige Preise die Weltmarktnachfrage nach Milch und Milchprodukten bereits wieder steigt.
Quelle und Kontaktadresse:
Milchindustrie-Verband e.V. (MIV)
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