Weltweites Wachstum der Nachfrage niedriger als aktuelles Milchaufkommen - Markt steht vor Herausforderung
(Berlin/Hamburg) - "Die globale Nachfrage nach Milchprodukten ist weiter positiv. Angesichts der weltweit produzierten Milchmengen, sind jedoch in den nächsten Monaten zeitweilig auch schwächere Marktkonstellationen zu erwarten", beschreibt Dr. Karl-Heinz Engel, Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes, die derzeitige Marksituation im Rahmen der Jahrestagung in Hamburg.
Die letzten 12 Monate waren bisher geprägt von hohen Preisen sowohl im Handel als auch für die Milcherzeuger. So stiegen die Preise für Rohmilch im Jahresmittel 2013 auf 37,51 Cent je kg netto bei standardisierten Inhaltsstoffen und lagen deutlich über dem bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 2011. Im aktuellen Jahr wurden bei leicht fallender Tendenz bis in den August hinein weiter über 37 Cent je kg an die Landwirte ausgezahlt, so dass auch für 2014 ein Preis ähnlich dem Vorjahr realistisch erscheint. "Das zufriedenstellende Preisniveau hat die deutschen Milcherzeuger gleichsam darin bestärkt, ihre Milchproduktion im laufenden Kalenderjahr nochmals deutlich um 3,8 Prozent auszuweiten", erläutert Dr. Engel weiter. Damit wurde auch in der Rohmilchanlieferung an die deutschen Molkereien ein Rekordwert erreicht, der zwischenzeitlich auch von maximal ausgelasteten Verarbeitungskapazitäten geprägt war. Jedoch gilt immer noch bis Ende März 2015 das 1984 eingeführte Milchquotensystem, so dass diejenigen Erzeuger, die ihre zugeteilte Milchmenge überschreiten werden, teilweise empfindliche Überschussabgaben werden zahlen müssen.
Die hohen Milchanlieferungen stellen die Molkereien auch vor die Herausforderung, die entsprechende Menge an Produkten bestmöglichst zu vermarkten. Die deutschen Molkereien sind dadurch geprägt, dass fast die Hälfte der Milch in Form von Milch und Milchprodukten in den Export geht. Dr. Engel: "Der hohe Export- aber auch Importanteil zeigt, dass die deutschen Molkereien bereits heute einen intensiven Handel mit Milchprodukten betreiben und wir in Deutschland keine Insel im Markt sind".
Denn nicht nur in Deutschland wurde im Jahr 2014 bislang sehr viel Milch ermolken sondern auch in der gesamten Europäischen Union (EU) sowie auch in einigen wichtigen milchproduzierenden Ländern wie Neuseeland oder auch den USA. Grund dafür: das hohe Preisniveau auf den internationalen Märkten und die guten Erlöse für die Milcherzeuger. So ist das Weltmilchaufkommen allein in den wichtigsten Exportländern in den ersten sieben Monaten 2014 um 6,5 Mio. Tonnen, davon 4 Mio. Tonnen aus der EU, und damit um 10 Prozent der jährlichen Weltmilcherzeugung gestiegen. Diesen mächtigen Wachstumsschritten hat die internationale ebenfalls weiter gestiegene Nachfrage bisher nicht folgen können und die Preise unter Druck gesetzt. Dazu sind Unwägbarkeiten auf der Absatzseite gekommen: China verhält sich, anders als Anfang des Jahres, eher ruhig an den internationalen Märkten und auch das Anfang August durch Russland ausgesprochene Embargo für die Einfuhr von Milch und Milcherzeugnissen u.a. aus Westeuropa trägt dazu bei. "Im Jahr 2014 durften nur noch sehr wenige deutsche Molkereien nach Russland ihre Produkte liefern, so dass der direkte Einfluss durch das Embargo deutlich geringer ausfiel als für Molkereien in anderen Ländern. Jedoch hat das Embargo ähnlich kommunizierender Röhren natürlich auch Auswirkungen auf die Absatzsituation und das Preisgefüge der deutschen Molkereien", wie Dr. Engel weiter ausführt.
Die EU hat auf diese Marktlage reagiert, ist damit ihrer bestehenden Verantwortung gerecht geworden und hat das Instrument der privaten Lagerhaltung geöffnet, um die Vermarkter und Molkereien in Form von Kostenentlastungen bei der Lagerung von Magermilchpulver, Butter und Käse zu unterstützen. Die Ausnutzung dieser Möglichkeit fällt bisher gering aus, da die Marktbeteiligten der Kraft des Marktes vertrauen, der schließlich auch in den letzten Jahren ein gutes Preisniveau trotz einer Milchquotenregelung in der EU ermöglicht hat.
"Obwohl die Preise gestiegen sind, haben die Verbraucher sich an das neue Niveau gewöhnt und weiter rege Milch, Joghurt und Käse konsumiert", stellt Dr. Engel fest. Daher stellt sich schon die Frage, ob angesichts der beschriebenen Marktlage die Herangehensweise des Lebensmitteleinzelhandels immer nachhaltig ist, ein Maximum an Preissenkungen wie in den vergangenen Wochen durchzusetzen. Ohne Frage ermöglicht der Markt derzeit solche für den Verbraucher günstigeren Preise und der Verbrauch wird in der ersten Reaktion auch mehr Milchprodukte konsumieren. Die Preise für die Milcherzeuger werden in der Folge zeitversetzt in den nächsten Monaten sinken, denn Angebot und Nachfrage regeln den Preis. "Wir sind jedoch zuversichtlich darin, dass der Boden in den Abwärtstendenzen am internationalen Milchmarkt erreicht ist und die Märkte sich in absehbarer Zeit auch im Sinne einer nachhaltigen Milchproduktion für unsere Milcherzeuger wieder erholen werden", schließt Dr. Engel seine Ausführungen.
Quelle und Kontaktadresse:
Milchindustrie Verband e.V. (MIV)
Pressestelle
Jägerstr. 51, 10117 Berlin
Telefon: (030) 4030445-31, Fax: (0228) 371535