Weltweiter Handel mit Elektroschockwaffen wächst / Rund 30 deutsche Anbieter
(Bonn) In dem am 26. Februar veröffentlichten Bericht "Stopping the Torture Trade" dokumentiert amnesty international den wachsenden Handel mit Folterwerkzeugen. So ist die Zahl der Firmen, die Elektroschockgeräte herstellen oder vertreiben seit 1980 von 30 auf über 150 im Jahr 2000 angestiegen. Die Menschenrechtsorganisation kritisiert, dass vielen Regierungen, darunter auch der Bundesregierung, der politische Wille fehlt, Produktion und Export von Geräten, die zu Folterzwecken eingesetzt werden können, einen wirksamen Riegel vorzuschieben.
Im Rahmen der einjährigen Kampagne "Für eine Welt frei von Folter" fordert amnesty international die Bundesregierung auf, sich nachdrücklich für die weltweite Abschaffung der Folter und den sofortigen internationalen Stopp von Produktion und Vertrieb reiner Folterwerkzeuge einzusetzen. Der Einsatz bzw. Export bestimmter konventioneller "Sicherheitsausrüstung" sollte bis zum Abschluss einer unabhängigen Untersuchung über Folterrisiken und gesundheitliche Auswirkungen ausgesetzt werden.
"In den 70er Jahren waren lediglich zwei Firmen bekannt, die mit Hochspannungs-Elektroschockwaffen handelten. Heute sind es weltweit mehr als 150," stellt Mathias John deutscher ai-Experte für Rüstungstranfers, Wirtschaft und Menschenrechte fest. In den vergangenen zwei Jahren hat amnesty international in 22 Ländern Produktion von oder Handel mit Elektroschockwaffen registriert. Die führende Rolle im weltweiten Handel mit den Elektroschockern spielen die USA mit 97 Produzenten oder Anbietern. Aber auch in Deutschland bieten rund 30 Firmen solche Ausrüstung an. Trotz der 1997 auf Forderungen von ai eingeführten Exportkontrollen für Elektroschocker in Deutschland fehlt noch immer jede Transparenz über mögliche Exporte.
"Elektrizität spricht jede Sprache. Sie braucht keine Übersetzung. Jeder Mensch hat Angst vor Stromschlägen und das zu Recht," so Dennis Kaufmann, Direktor von Stun Tech Inc., einer US-amerikanischen Firma, die Elektroschockgürtel herstellt. Diese Gürtel, die mit einer Fernbedienung ausgelöst werden, jagen einen Stromstoß von 50.000 Volt durch den Körper. Die Elektroden befinden sich in der Nähe der Nieren und fügen dem Opfer große Schmerzen zu. Elektroschockgeräte werden in vielen Ländern eingesetzt, um Gefangene zu foltern, weil sie kaum sichtbare Spuren am Körper des Opfers hinterlassen.
Neben diesen Geräten werden aber auch herkömmliche Sicherheitsausrüstungen wie Handschellen oder Tränengas eingesetzt, um Gefangene oder politische Oppositionelle zu misshandeln. In Kenia warf die Polizei Tränengasgranaten in eine Kirche, in der Teilnehmer einer friedlichen Demonstration Schutz gesucht hatten. In den USA ist der Einsatz von Pfefferspray von Gerichten als übertriebene Gewaltanwendung verurteilt worden. Trotzdem verwendete die Polizei 1999 in Seattle Projektile, die bei ihrem Aufprall Pfefferspray freisetzen, um Demonstrationen aufzulösen.
Teil dieses Wirtschaftszweigs ist auch der Transfer von Know-how. In den USA wurden in der "School of the Americas" zwischen 1982 und 1991 zahlreiche Militärs aus lateinamerikanischen Staaten ausgebildet. Zu den Inhalten gehörten Hinrichtungen, Folter, Schläge und Erpressung. Frankreich hat das für Folterungen berüchtigte Regime des Präsidenten von Togo Eyadéma in ähnlicher Weise unterstützt und sogar einen hochrangigen Polizeioffizier, der von der togolesischen Menschenrechtskommission wegen der Folter an vier Personen angeklagt war, mit einem Orden dekoriert.
amnesty international fordert die Bundesregierung auf:
- Den Einsatz, die Herstellung, die Werbung, den Handel und den Export von Waffen, Ausrüstung für Polizei und Vollzugsdienst und Einsatzmitteln, die grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Folter dienen können (wie Elektroschockgürtel, Fußeisen, gezähnte Daumenfesseln) zu verbieten.
- Für sofortigen Stopp des Einsatzes und des Exportes zu sorgen bei Ausrüstung und Einsatzmitteln, deren gesundheitliche Auswirkungen nicht vollständig bekannt sind (Elektroschockwaffen), außerdem ein sofortiges Exportverbot für alle Ausrüstung (z.B. Fesselwerkzeuge wie Fußketten, Daumenfesseln, Pfeffergaswaffen), bei denen die Gefahr unverhältnismäßiger Verletzungen und des Einsatzes für Folter und Misshandlungen besteht zu verhängen. Beide Forderungen gelten mindestens bis zum Abschluss einer unabhängigen, gründlichen Untersuchung von Einsatz, Auswirkungen und Risiken.
- Gesetzliche Regelungen zur Kontrolle und Überwachung privater Anbieter von Dienstleistungen für Polizei, Militär und andere Sicherheitskräfte zu treffen.
Quelle und Kontaktadresse:
amnesty international Sektion der BRD e.V., Gst. Bonn
53108 Bonn
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