Weltwasserbericht der UNESCO ignoriert nachhaltige Wasserwirtschaft / BGW: Studie unseriös und unwissenschaftlich mit schwerwiegenden finanziellen Folgen für viele Entwicklungsländer
(Berlin) - Inzwischen liegt der gesamte Weltwasserbericht der UNESCO Water for People Water for Life vor und ist vom Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) analysiert worden. Im März hatte die UNESCO bereits eine Pressemitteilung zu dem Bericht veröffentlicht, die unter anderem ein Länderranking zur Gewässerqualität (Water quality indicator values in selected countries) enthielt, wonach Deutschland unter 122 Ländern Platz 57 belegte, während beispielsweise Bangladesch auf Platz 40 kam.
Aufgrund der missverständlichen Formulierungen der UNESCO ist in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, dass es sich um einen Bericht zum Trinkwasser handelt. Es geht jedoch in erster Linie um Gewässer und deren Quantität und Qualität. Je besser allerdings die Gewässerqualität, desto eher ist die Voraussetzung für sauberes und qualitativ hochwertiges Trinkwasser gegeben. In beiden Bereichen befindet sich Deutschland weltweit schon seit Jahren qualitativ unter den Spitzenreitern. Das Ranking der UNESCO bleibt falsch, so der BGW, selbst wenn man es nur auf die Gewässerqualität bezieht.
Für den Vizepräsidenten und wasserpolitischen Sprecher des BGW, Dieter Bongert, ist inzwischen aber klar, wie dieses vollkommen unsinnige Ranking zustande kommen konnte: Der Schwerpunkt der Studie lag weder in den Bewertungskriterien für das Ranking noch in den Lösungsansätzen für eine nachhaltige, erfolgreiche Wasserwirtschaft.
Die deutsche Maxime Vorsorge statt Reparatur spielte weder als Grundprinzip noch als Einzelkriterium eine Rolle. Bongert kritisierte im Detail weiter, dass die Autoren des Weltwasserberichts als Bewertungskriterien für die Gewässerqualität beispielsweise Gelöste Substanzen und Gelösten Sauerstoff angelegt hätten. Beide Parameter seien ungenau und gesundheitlich irrelevant. Selbst wenn sie direkt im Trinkwasser vorkämen, hätten sie keine Auswirkungen auf den menschlichen Organismus. Die EU hat beide Parameter aus diesem Grund aus der Trinkwasserrichtlinie gestrichen.
Relevante Parameter hingegen, so der BGW-Vizepräsident weiter, wie Schwermetalle, Pestizide, Nitrat und CKW habe die UNESCO Studie gar nicht erhoben: Diese Daten liegen in vielen Ländern einfach nicht vor oder werden nicht gemessen. Probleme wie in Bangladesch, wo jedes Jahr rund 20.000 Menschen an arsenvergiftetem Wasser aus den Brunnen und mindestens noch einmal so viele an Diarrhöe durch das verschmutzte Oberflächenwasser sterben, werden ausgeblendet. Nur so landet Bangladesch auf Platz 40. Also gerade noch im oberen Drittel, während Deutschland ins Mittelfeld abgeschlagen wurde.
Er vermisse als Resümee des Berichts Vorschläge, Handlungsoptionen und Strategien für eine nachhaltige, langfristig erfolgreiche Wasserbewirtschaftung, sagte Bongert: In dem Weltwasserentwicklungsbericht der Vereinten Nationen wird am Ende lediglich eine neue Wasserordnungspolitik gefordert, die Synergieeffekte politischer und wirtschaftlicher Liberalisierung nutzen soll. Dass eine Liberalisierung der Wassermärkte in vielen Punkten einer nachhaltigen Wasserwirtschaft entgegenstehen würde, haben dabei offensichtlich weder UNO noch UNESCO zur Kenntnis genommen.
Das sei aber noch nicht alles: Zusätzlich diskreditiert sei darüber hinaus nicht nur die Studie, sondern auch die UNESCO selbst, wenn man in Betracht zöge, dass der Weltwasserbericht zum größten Teil von Frankreich, England und den Vereinigten Staaten finanziert worden sei. Alle drei Länder fänden sich im Wasserqualitäts-Ranking unter den ersten zwölf Plätzen wieder.
Für Bongert ist besonders bedenklich, dass dieser Bericht mit seinen falschen Bewertungskriterien und Ergebnissen nach dem Weltwasserforum in Kyoto fatalerweise auch als Grundlage für die finanzielle Förderungspolitik der Weltbank dienen wird. Die Weltbank entscheidet auch anhand dieses Rankings, welche Länder Fördermittel zum Aufbau oder zur Verbesserung ihrer wasserwirtschaftlichen Infrastruktur bekommen.
Im September will die UNESCO den Startschuss für einen zweiten Welt-Wasser-Bericht geben. Es gilt nun, sagte Bongert, zum einen darauf zu achten, dass diesmal Kriterien angelegt werden, die eine nachhaltige, ressourcenschonende Wasserwirtschaft anerkennen. Zum anderen sind Empfehlungen notwendig, die unabhängig von wirtschaftlichen Interessen einzelner Industrieländer, langfristig eine Versorgung mit sauberem Trinkwasser und eine sichere Abwasserentsorgung für die Menschen in Entwicklungsländern ermöglichen. Entwicklungs- und Schwellenländer müssen über die Empfehlungen der Vereinten Nationen die Chance bekommen, eine nachhaltige, eigenverantwortliche Wasserwirtschaft zu etablieren, die eine allgemeine wirtschaftliche Entwicklung unterstützt, ohne Raubbau an den Ressourcen zu betreiben.
Die ausführliche BGW-Bewertung der UNESCO-Studie Water for People Water for Life kann unter www.bgw.de/unesco abgerufen werden.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft e.V. ( BGW )
Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin
Telefon: 030/280410, Telefax: 030/28041520
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