Weisungsrecht der Justizministerien abschaffen - UnabhÀngigkeit der Justiz sicherstellen (#transparenz, #korruption, @transparency_de)
(Berlin) - Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland e.V. fordert seit langem, in Deutschland das Weisungsrecht der Justizministerien gegenĂŒber den Staatsanwaltschaften abzuschaffen. Die seit Jahrzehnten andauernde Debatte um die Sicherstellung der WeisungsunabhĂ€ngigkeit deutscher Staatsanwaltschaften von der Exekutive hat der Generalanwalt am EuropĂ€ischen Gerichtshof Manuel Campos SĂĄnchez-Bordona neu belebt. Vor dem EuropĂ€ischen Gerichtshof fĂŒhrte er aus, dass die Staatsanwaltschaften in Deutschland keine unabhĂ€ngigen Justizbehörden im Sinne des Europarechts seien.
Die Beamten der Staatsanwaltschaft sind der Aufsicht und Leitung ihres Justizministeriums unterstellt. Das sich hieraus ergebende externe Weisungsrecht auch im Einzelfall eröffnet der Exekutive im Rahmen der Fachaufsicht Möglichkeiten, anderweitige politische Interessen zu verfolgen. Reiner HĂŒper, Leiter der Arbeitsgruppe Strafrecht von Transparency Deutschland, betont: "Bereits die bestehende Möglichkeit einer Einflussnahme seitens der Exekutive schadet dem Ansehen der Staatsanwaltschaft und der Justiz und dem Vertrauen in den Rechtsstaat."
Verpflichtungen aus internationalen Vereinbarungen einhalten
Die Bundesregierung hat bereits 2009 einer Resolution (Nr. 1685/2009) des Europarats zugestimmt und sich damit zur Abschaffung des externen Weisungsrechts verpflichtet. Auch die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) hat Deutschland 2014 eine entsprechende Empfehlung gegeben.
Prof. Dr. Edda MĂŒller, Vorsitzende von Transparency Deutschland, fordert: "Auch in Zeiten von Dieselgate und Cum-Ex gilt es, die UnabhĂ€ngigkeit der Justiz sicherzustellen. Die Bundesregierung sollte ihren internationalen Verpflichtungen nachkommen und die Eingriffsbefugnis der Politik auf die Justiz beseitigen."
Mehr Transparenz bei informeller Einflussnahme durch die Exekutive nötig
Transparency Deutschland beklagt seit langem, dass eine externe Weisung in einem Einzelfall sich in der Entscheidungsfindung niederschlagen kann. Hierzu zĂ€hlen beispielweise Anregungen oder Bitten der Justizministerin oder des Justizministers gegenĂŒber der Generalstaatsanwaltschaft. Diese werden in internen Vermerken in den fĂŒr Gerichte, Verteidiger und Anzeigenden nicht zugĂ€nglichen Handakten festgehalten.
Dazu Reiner HĂŒper: "Diese Praxis entspricht nicht den allgemeinen rechtstaatlichen GrundsĂ€tzen der Aktenwahrheit und Aktenklarheit. Zumindest sind gesetzliche MaĂnahmen erforderlich, die sicherstellen, dass aus den Akten erkennbar ist, wer an den Sachentscheidungen beteiligt war und an Sitzungen teilgenommen hat. So kann der Gefahr der Einflussnahme durch justizfremde Interessen vorgebeugt werden."
Hintergrund: Deutsche Staatsanwaltschaften erfĂŒllen nach Ansicht des Generalanwaltes SĂĄnchez-Bordona die nach EU-Recht nötige justizielle UnabhĂ€ngigkeit nicht. Dies geht aus den SchlussantrĂ€gen hervor, die der Generalanwalt im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens des Obersten Gerichtshofs und des Hohen Gerichtshofs von Irland im April 2019 veröffentlicht hat. Diese wollten in Erfahrung bringen, ob die deutschen Staatsanwaltschaften als "Justizbehörde" im Sinne von Art. 6 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses (2002/584/JI) einzustufen sind und als solche einen EuropĂ€ischen Haftbefehl erlassen können.
Zu Transparency Deutschland: Transparency International Deutschland e.V. arbeitet deutschlandweit an einer effektiven und nachhaltigen BekÀmpfung und EindÀmmung der Korruption.
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