Weidepflicht zum 1.1.2025: Vertrauensschutz für Biomilchbetriebe statt ausnahmsloser Zwangsausstieg
(Freising) - Mit der Entscheidung der EU-Kommission, im Rahmen eines EU-Pilotverfahrens die Umsetzung der in der EU-Öko-Verordnung 848/2018 festgelegten Weidepflicht für Pflanzenfresser auch in Deutschland einzufordern, stehen viele Biomilcherzeuger vor unüberwindbaren Problemen.
„Für mindestens ein Viertel der Biomilcherzeuger in Süddeutschland bedeutet diese Weideverpflichtung das Aus ihrer Biomilcherzeugung“, stellt BDM-Vorstand Manfred Gilch fest. „Infrastrukturelle Gründe wie das Fehlen von Weideflächen am Stall, stark befahrene Straßen, die bei Weideaustrieb gequert bzw. auf denen die Kühe zu Weideflächen getrieben werden müssten, machen einen Weidebetrieb für die betroffenen Betriebe in der geforderten vollumfänglichen Form schlicht unmöglich.“
„Für die betroffenen Biomilchbetriebe stellt diese seit 1.1.2025 geltende Weideverpflichtung auch einen Vertrauensbruch dar“, so Gilch, selbst Biomilcherzeuger aus Franken. „Zum einen werden sie während der laufenden KULAP-Vereinbarung 010 („Ökologischer Landbau im Gesamtbetrieb“) gezwungen, aus der Bioproduktion auszusteigen, zum anderen haben Bioanbauverbände ihren Mitgliedern, die vor dem 1.12.2018 dem Bioanbauverband beigetreten sind, noch im vergangenen Jahr mitgeteilt, dass für sie eine bis zum 31.12.2030 geltende Ausnahmeregelung von der Weidepflicht bestünde. Damit erwischt die Weidepflicht zum 1.1.2025 jetzt viele Betriebe kalt.“
„In einem Schreiben an die bayerische Agrarministerin Michaela Kaniber und einem Gespräch mit EU-Kommissar Christophe Hansen haben wir auf die weitreichenden negativen Auswirkungen einer ausnahmslosen Umsetzung der Weidepflicht für Biobetriebe hingewiesen“, erklärt Manfred Gilch. „Wer die Biomilcherzeugung stärken und sogar ausbauen will, muss sich umgehend dafür einsetzen, dass diese jetzt geltende Regelung überarbeitet wird“, fordert Gilch. „Das erwarten wir von der Politik!“
„Wir werden einen faktischen Rauswurf aus der laufenden KULAP-Vereinbarung 010 nicht einfach so hinnehmen, das ist ein Vertrauensbruch erster Güte“, betont Manfred Gilch.
„Von den Bioverbänden erwarten wir ebenfalls klare Kante. Sie müssen alles dafür tun, dass die in ihren Mitteilungen benannte Frist für eine Ausnahmegenehmigung eingehalten wird“, fordert Manfred Gilch mit Blick auf die Biobranche.
„Auch unter Umweltaspekten ist diese rigorose Umsetzung zu hinterfragen. Betroffen sind häufig auch Betriebe, die viele kleinräumig strukturierte, nicht zusammenhängende Flächen haben – was unter Biodiversitätsgesichtspunkten von wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Seite oft als Idealkulisse beschrieben wird, unter Weidegesichtspunkten aber ein nicht praktikables K.O.-Kriterium darstellen kann. Betriebe, die jahrzehntelang ihre Flächen ökologisch bewirtschaftet haben, aber das Pech einer ungünstigen Hoflage und Flächenverteilung haben, verlieren nicht nur den Bio-Milchpreisaufschlag, sie verlieren auch ihre Öko-Flächenprämie, weil sie das Kriterium der Weidehaltung nicht vollständig einhalten können. Damit werden sie gegenüber reinen Marktfruchtbaubetrieben eklatant benachteiligt. Mit solchen starren Regelungen erweist man Natur, Mensch und Tier wirklich einen Bärendienst“, zeigt sich Gilch überzeugt.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM), Hans Foldenhauer, Pressesprecher(in), Gutenbergstr. 7-9, 85354 Freising, Telefon: 08161 5384730