Warum nicht konstruktiv? - Krankenkassen profilieren sich auf dem Rücken der Ärzteschaft
(Ulm) - Die Beiträge für gesetzlich Versicherte Patienten steigen zum Jahreswechsel drastisch. Aber eine schlechte Nachricht kommt nicht gut zum Jahresstart. Um das Unvermeidliche zu verschleiern, bedarf es eines Ablenkungsmanövers, am besten einer völlig unangebrachten Neiddebatte.
„Prügelknaben sind mal wieder die Ärzte“, stellt Dr. Ulrich Tappe vom Berufsverband der niedergelassenen Magen-Darm-Ärzte (bng) nüchtern fest. „Seit Jahrzehnten versuchen Teile der Politik durch Schüren einer vermeintlichen Zweiklassengesellschaft den Boden zu einer „gerechteren Bürgerversicherung zu ebnen“, allen voran unser jetziger Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
Dass der GKV-Spitzenverband hier gerne mit aufspringt, um von seinen eigenen Problemen abzulenken, versteht sich von selbst. Sind doch die steigenden Kosten im Gesundheitssystem durch Fehlentscheidungen der Politik verursacht, die sich weigert, ambulante Medizin und stationäre Versorgung gemeinsam zu betrachten. Krankenkassen treten das gesetzlich geregelte Wirtschaftlichkeitsgebot für die ärztliche Versorgung mit Füßen, wenn sie Versichertengelder zu Werbungszwecken missbrauchen oder eben nicht medizinisch relevante Leistungen vergüten.
Wartezeiten mit der Bevorzugung von Privatpatienten zu erklären, bedeutet eine krasse Verdrehung der Tatsachen. Die ambulante Versorgung in Deutschland krankt in Wirklichkeit an dirigistischen Beschränkungen. „Wir Ärzte sind für gesetzlich Versicherte budgetiert“, erklärt Dr. Tappe, „das heißt, die Fallzahlen, die wir im Quartal behandeln können, sind vorgeschrieben: Wir dürfen nicht mehr! Bei Privatpatienten gilt diese Budgetierung dagegen nicht."
Das Manöver der Krankenkassen ist besonders scheinheilig, weil sie gegensteuernde Maßnahmen zur Verkürzung von Wartezeiten torpedieren. Es ist nicht zuletzt ihrem Einfluss geschuldet, dass der Gesetzgeber die erfolgreiche Neupatientenregelung zurückgenommen hat. Auch die Abschaffung der Fallzahlbegrenzung durch die Budgetierung lehnen Karl Lauterbach und die Krankenkassen ab. Bei einer älter werdenden Bevölkerung und einem sich hieraus ergebenden höheren medizinischen Bedarf ist es absolut unverständlich, sich einer gemeinsamen Lösungsfindung zu verweigern und mit der Wartezeitdiskussion Nebelkerzen zu werfen. Die nächste Regierung wird sich dieser Problematik dringend annehmen müssen. Die Ärzteschaft steht dafür konstruktiv zur Verfügung.
Quelle und Kontaktadresse:
Berufsverband der Niedergelassenen Gastroenterologen Deutschlands e.V. (bng), Holdergärten 13, 89081 Ulm, Telefon: 09421 88500