Pressemitteilung | Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) - Hauptstadtbüro

Warnung vor einer erheblichen Einschränkung des Wettbewerbs

(Berlin) - Durch die geplante Übernahme der Kabelnetze der deutschen Liberty-Global-Tochter Unitymedia (aktiv in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen) durch Vodafone entstünden Nachteile für Bürger und Unternehmen. Vodafone hatte im Jahr 2013 bereits den Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland übernommen.

Negativ betroffen von der geplanten Übernahme wäre dabei nicht nur der Fernsehmarkt, sondern zweifellos auch der Telekommunikationsmarkt: Hier würde der flächendeckende Glasfaserausbau (FTTB / FTTH) in Deutschland erheblich gefährdet.

Vodafone und Liberty Global haben die geplante Übernahme am 19. Oktober in Brüssel notifiziert. Nun muss die EU-Kommission entscheiden, ob sie das Vorhaben für genehmigungsfähig hält.

Der BREKO hat die künftige Marktsituation nach dem beabsichtigten Verkauf der Unitymedia-Kabelnetze analysiert und stellt fest:

- Auf dem "klassischen" Kabelmarkt hätte der Zusammenschluss insbesondere negative Auswirkungen auf den Markt für Verträge mit der Wohnungswirtschaft zur Versorgung von Endkunden (so genannter Gestattungsmarkt). Hier läge der Marktanteil von Vodafone künftig bei rund 75 Prozent, was die Verhandlungsposition des Unternehmens deutlich stärken würde und letztlich zulasten der Verbraucher ginge, da diese die Kosten für das Fernsehsignal über ihre Nebenkostenabrechnung (zwangsweise) bezahlen müssen.
Dies würde in den meisten Fällen auch ein Monopol in puncto Kabel-Internet bedeuten: Da in den Gestattungsverträgen meist entsprechende Exklusivitätsvereinbarungen zugunsten der Kabelanbieter vorhanden sind, kann die Wohnungswirtschaft keine weiteren Verträge - etwa mit regionalen TK-Anbietern für Glasfaseranschlüsse bis in den Keller des Gebäudes (FTTB) oder bis direkt in die Wohnungen (FTTH) - mehr vereinbaren.

- Auf dem Telekommunikationsmarkt sind erhebliche Einschränkungen auf den eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau (FTTB / FTTH) in Deutschland zu erwarten. Einerseits entfiele künftig der Wettbewerb zwischen Vodafone und Unitymedia in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Andererseits würde Vodafone hier künftig in vielen Gebieten über einen Marktanteil von weit über 50 Prozent verfügen.

- Unbeeinflusst von der Deutschen Telekom entstünde durch den Zusammenschluss sogar ein Duopol: Beide Anbieter würden den bundesweiten TK-Markt mit einem Marktanteil von rund 70 Prozent künftig dominieren. Diese hohe Marktkonzentration birgt das hohe Risiko sinkender Wettbewerbsintensität; zudem ist eine deutliche Verringerung der Investitionen in den Netzausbau zu erwarten. Das belegt eine Auswertung des Investitionsverhaltens nach der Übernahme von Kabel Deutschland durch Vodafone oder der Übernahme des niederländischen Kabelanbieters Ziggo durch Vodafone: Die Investitionen pro Kunden sind dabei signifikant gesunken.

- Wenn mehr als 70 Prozent der Kunden vertraglich an Kupfer- oder Kabelnetze gebunden sind, verbleibt kaum mehr Potenzial für einen zukunftssicheren FTTB-/FTTH-Ausbau in diesen Gebieten. Dies würde vor allem lokal/regional tätige, mittelständische Unternehmen gefährden, die den Glasfaserausbau in der Praxis vorantreiben (82 Prozent der heute verfügbaren, reinen Glasfaseranschlüsse werden von den alternativen Netzbetreibern in Deutschland - mehrheitlich Mitgliedern des BREKO - gestellt).

- Bei einem Duopol von Vodafone und Deutscher Telekom werden beide Unternehmen auf absehbare Zeit kein Interesse an einem Ausbau von (reinen) Glasfasernetzen haben und verfolgen damit keine Glasfaser-Strategie. Vodafone wird seine Investitionen im Wesentlichen auf die Optimierung der bestehenden Kabelnetze und die Verkleinerung der so genannten Fibre nodes - derjenigen Einzugsbereiche auf der "letzten Meile", in denen sich mehrere Nutzer die verfügbare Bandbreite teilen - konzentrieren. Denn Kabelnetze sind keine Glasfasernetze, sondern kupferbasierte HFC-Netze mit Shared-Medium-Nutzung.
Die Telekom hingegen wird so lange wie möglich versuchen, durch "Tuning" ihrer vorhandenen Kupfernetze - zum Beispiel durch den Einsatz von (Super-) Vectoring - wettbewerbsfähig zu bleiben. Gegenüber den Kabelanbietern wird sie mit ihrem vorhandenen Kupfernetz auf diese Weise längerfristig konkurrenzfähig bleiben - es käme so zu einer "friedlichen Ko-Existenz" mit Aufteilung des Marktes im Duopol.

- Für einen eigenwirtschaftlich realisierten, rentablen Glasfaserausbau bliebe somit praktisch kein Raum mehr. Die für Breitband-Internet ausgebauten Kabelgebiete würden auf Jahre zur "Glasfaser-Diaspora".


"Unsere Analyse zeigt eindeutig: Die geplante Übernahme von Unitymedia durch Vodafone hätte nicht nur erhebliche Auswirkungen auf den Fernsehmarkt, sondern würde auch den Wettbewerb in puncto Glasfaserausbau erheblich beeinträchtigen. Der flächendeckende Ausbau mit der besten digitalen Infrastruktur für unser Land würde so weiter verzögert", kommentiert BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. "Weitere Verzögerungen beim Glasfaserausbau können wir uns aber nicht mehr leisten, zumal diesen zurzeit nahezu ausschließlich die alternativen Netzbetreiber in Deutschland vorantreiben."

Albers' Resümee: "Das klare Fazit des BREKO lautet daher: Die EU-Kommission muss die geplante Übernahme untersagen. Denn Zusammenschlüsse, durch die wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, sind mit geltendem Recht nicht zu vereinbaren."

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) Marc Kessler, Leiterin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Invalidenstr. 91, 10115 Berlin Telefon: (030) 58580-410, Fax: (030) 58580-412

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