Pressemitteilung | Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth (IHK)

Waliser schnuppern oberfränkische Industriepraxis / Neue Wege bei der Fachkräftegewinnung: Praktikanten aus der EU

(Oberfranken/Bayreuth) - In praktisch allen Berufen herrscht inzwischen Fachkräftemangel, besonders betroffen sind technische Berufe. Ganz anders die Situation in Wales. Hier herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit, besonders betroffen sind Jugendliche. Das Erasmus-Programm der EU fördert die europäische Mobilität in der beruflichen Erstausbildung mit dem erklärten Ziel, möglichst vielen Jugendlichen in der EU praktische Erfahrungen zu ermöglichen und eine berufliche Alternative aufzuzeigen. Inzwischen haben die ersten Jugendlichen Betriebspraktika in Oberfranken absolviert, weitere sollen folgen. "Ziel ist es natürlich, den Jugendlichen Perspektiven aufzuzeigen, aber auch, unsere Unternehmen dabei zu unterstützen, ihren Fachkräftebedarf zu decken", begründet Gerd Sandler, Fachkräftereferent bei der IHK für Oberfranken Bayreuth, das IHK-Engagement.

Genau hier setzt das EU-Programm ERASMUS+ an, bei der Förderung der Mobilität in der beruflichen Erstausbildung. 13 Jugendliche im Alter zwischen 17 und 20 Jahren sowie ein 47-jähriger Umschüler sammelten bei Wiegand Glas in Steinbach/Wald (Landkreis Kronach) praktische Erfahrungen bei einem 14-tägigen Praktikum. Betreut wird diese grenzüberschreitende Kooperation durch Eucontact Limited in Manchester. Michael Zehner, dort verantwortlich für die Strategie- und Projektentwicklung, fasst die Vorteile eines derartigen grenzüberschreitenden Praktikums zusammen: "Jugendliche etwa aus Wales mit einer technikorientierten Ausbildung und eher schlechten Chancen auf dem heimischen Arbeitsmarkt bekommen Perspektiven aufgezeigt, ebenso wie oberfränkische Unternehmen, die Fachkräfte suchen."

Anders als in Deutschland gibt es in Wales kein duales Berufsbildungssystem, bei dem praktische Kenntnisse in einem Ausbildungsbetrieb und theoretisches Wissen in einer Berufsschule vermittelt werden. Die Ausbildung in Großbritannien erfolgt theorielastig, etwa an Colleges, praktische Erfahrung fehlt. Den jungen Walisern ist bewusst, dass ihre beruflichen Perspektiven nach Beendigung ihrer Schulausbildung in ihrer Heimat gering sind. Zehner: "Wir präferieren Jugendliche aus Regionen, bei denen eine Migration aus wirtschaftlichen Gründen nicht negativ besetzt ist, sondern gelebte Praxis darstellt, wie eben in Wales." Weitere Auswahlkriterien für die Herkunftsländer sind eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, entsprechende Gehaltsunterschiede zu Oberfranken sowie eine Schulausbildung in einem gewerblich-technischen Beruf.

Nachwuchskräfte für oberfränkische Industrie
Wiegand Glas ist das erste Unternehmen aus Oberfranken, das auf diesem Weg Nachwuchs gewinnen will. Das Unternehmen hat gute Erfahrungen mit dem Projekt gemacht, so Personalleiter Ingbert Löffler. "Gerade im gewerblich-technischen Bereich fehlen uns Nachwuchskräfte. Die Zeiten, in denen sich Bewerbungen auf dem Schreibtisch stapeln, sind vorbei." Besonders freut ihn, dass sich bereits nach dem ersten Praktikum einige der Waliser vorstellen können, nach Beendigung ihrer Ausbildung ihren Lebensunterhalt in Steinbach am Wald zu verdienen. Azubis von Wiegand Glas haben für die jungen Männer aus Wales Patenschaften übernommen und einen Einblick in deren Berufsalltag gewährt. Löffler: "So konnten unsere Azubis nebenbei auch ihre Sprachkenntnisse verbessern." Löffler empfand den Aufenthalt der Praktikanten als sehr bereichernd. Für ihn ist das Projekt ein Mosaikstein für die Gewinnung von Auszubildenden und Fachkräften. "Um unseren Bedarf zu decken, werden wir in der Akquise globaler denken und agieren müssen."

"Inzwischen interessieren sich auch andere Unternehmen aus dem Raum Kronach, Kulmbach und Bayreuth für ein derartiges Matching. Die Kosten für Transport, Praktikumsprogramm, Unterbringung und Verpflegung übernehmen die Unternehmen", so Zehner. Außerdem müssten die Unternehmen bereit sein, 12 bis 14 Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen. Um das Matching und die Vermittlung kümmere sich Eucontact. "Mit diesen Praktika erschließen sich Unternehmen einen neuen Zugang zu potentiellen Nachwuchs- und Fachkräften für gewerblich-technische Berufe", ist sich Sandler sicher.

Quelle und Kontaktadresse:
Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth (IHK) Dipl.-Geogr. Peter Belina, Leiter, Kommunikation Bahnhofstr. 23-27, 95444 Bayreuth Telefon: (0921) 886-0, Fax: (0921) 886-9299

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