Wahlprogramm-Check Vol.1: Bürokratische Hürden hemmen den Industriestandort Deutschland
(Berlin) - Thema Bürokratieabbau in den relevanten Bundestagswahlprogrammen unterschiedlich gewichtet // Nutzen digitaler Potenziale in der Verwaltung stößt auf breite Unterstützung // Deutscher Industrieverband SPECTARIS fordert weitreichende Bürokratiebremse
Die bürokratischen Abläufe im Gesundheitssystem im Zuge der Pandemiebekämpfung haben ein uraltes Problem nochmal verdeutlicht: Die deutsche Bürokratie raubt den Unternehmen Zeit und kostet viel Geld. Eine Analyse der relevanten Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2021 zeigt: "Der Wunsch nach einem Abbau unnötiger bürokratischer Hürden ist endlich auch im Zentrum der politischen Wahrnehmung angekommen. Nun gilt es in der kommenden Legislaturperiode die Hebel für einen echten Bürokratieabbau in Bewegung zu setzen, um die Flut an Anträgen, Berichtspflichten und Bescheinigungen für deutsche Unternehmen endlich einzudämmen," appelliert Josef May, Vorsitzender des Deutschen Industrieverbands SPECTARIS.
Wie stark das Thema Bürokratieabbau in ausgewählten Wahlprogrammen präsent ist, zeigt ein Vergleich:
- Die CDU/CSU möchte die Bürokratiebremse in ein "One in, two out" Prinzip ausweiten und EU-Vorgaben "eins-zu eins" und somit ohne zusätzliche nationale Hürden umsetzen. Schwellenwerte für die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen will man erhöhen, die Ist-Versteuerung ausweiten und die Informations- und Statistikpflichten begrenzen. "Die Schwellenwerte, die sich an der Betriebsgröße orientieren", will man "so weit wie möglich vereinheitlichen und vereinfachen." Der Spitzenkandidat der CDU/CSU hat darüber hinaus eine Art Belastungsmoratorium für Unternehmen vorgeschlagen, das im Jahr nach der Bundestagswahl keine neuen bürokratischen Belastungen vorsieht.
- Die Grünen wollen mit "barrierefreien E-Government-Dienstleistungen wie digitale Beteiligungsformaten und Open
Government" die Verwaltungsprozesse digitalisieren und dadurch "unnötige Bürokratie wie Schriftformerfordernisse abbauen." Für den Mittelstand setze man beim Bürokratieabbau auf schnellere Planungen und Genehmigungen sowie eine "effiziente, digitale Verwaltung." Durch Bürokratieabbau will die Partei außerdem die Rahmenbedingungen im Handwerk und in der Pflege verbessern.
- Die FDP fordert u.a. die "Entbürokratisierung des Gesundheitswesens" in Form einer "Bepreisung der Bürokratie- und Berichtspflichten." Im Pflegebereich fordert sie "einen umfassenden Bürokratieabbau sowie die Nutzung digitaler Potentiale" und setzt sich für den Ausbau der Bürokratiebremse ein. Für jede neue Belastung durch geplante Regelungen sollen im doppelten Umfang bestehende Belastungen abgebaut werden. Auch mit Blick auf die Einhaltung bestimmter Standards entlang der Lieferkette lehnt die FDP neue Dokumentationspflichten bzw. unnötige bürokratische Hürden für Unternehmen ab.
- Die SPD will die Verpflichtung von Bund, Ländern und Kommunen zur Bereitstellung digitaler Verwaltungsdienstleistungen ausbauen. Damit sollen alle Verwaltungsleistungen möglichst schnell auch digital verfügbar sein. Jeder Bürger soll ohne zusätzliche Kosten oder Geräte die Möglichkeit haben, diese Leistungen freiwillig und datenschutzkonform mit einer digitalen Identität zu nutzen. Inwieweit dies auch für Unternehmen gelten soll, bleibt im Wahlprogramm offen.
Die meisten Parteien können sich grundsätzlich darauf einigen, dass bürokratische Belastungen nicht überhandnehmen sollten und eine stärkere Digitalisierung von Verwaltungsprozessen notwendig ist.
Der deutsche Industrieverband SPECTARIS appelliert daher an die nächste Bundesregierung, seine Empfehlungen für den Bürokratieabbau auch im Koalitionsvertrag einzubringen. "Der aktuelle Flickenteppich an Regularien führt mittelfristig zu einem Investitionsrückgang und zu Wettbewerbsverzerrungen und muss endlich praxisnahen, industriefördernden Entlastungen für Unternehmen und Gesellschaft weichen," unterstreicht May. Folgende Vorschläge für einen innovationsfördernden Bürokratieabbau stellt SPECTARIS vor:
- Einführung einer gesetzlichen Bürokratiebremse nach dem "One In, One Out" Prinzip auch im europäisch-deutschen Wechselspiel. Für jede neue Regulierung - egal woher - muss mindestens eine bestehende Belastung entfallen.
- E-Governments müssen flächendeckend etabliert werden. Die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse und das Zusammenführen vorhandener Daten gilt es entschiedener als bisher voranzutreiben.
- Keine neuen bürokratischen Hürden, wenn auf EU-Ebene bereits ähnliche Verordnungsvorschläge beraten werden oder andere Ressorts innerhalb der Bundesregierung auf nationaler Ebene ähnliche Gesetzesvorschläge planen.
- Speziell im Gesundheitswesen kommen zur allgemeinen Bürokratie noch weitere regulatorische Anforderungen hinzu, wie die jüngst eingeführte Medical Device Regulation (MDR). Viele Anforderungen stehen in einem zweifelhaften Verhältnis zum Patientennutzen, verzögern die Einführung von Innovationen und drängen mittelständische Hersteller und ihre versorgungskritischen Produkte aus dem Markt. "Künftige Regulierungen im Gesundheitswesen werden sich vor ihrer Einführung daher an den Zielen Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und Innovationskraft messen lassen müssen", so May abschließend.
Die ausführlichen SPECTARIS-Positionen zur Bundestagswahl 2021 finden Sie hier: https://www.spectaris.de/fileadmin/Content/Verband/Positionen/Leitplanken2021_final.pdf
Quelle und Kontaktadresse:
SPECTARIS. Deutscher Industrieverband für Optik, Photonik, Analysen- und Medizintechnik e.V.
Werderscher Markt 15, 10117 Berlin
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