Pressemitteilung | wvib - Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden e.V.

Wachstum trotz Gegenwind

(Freiburg) - Der wvib (Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden e.V.) hat bei seinen rund 1.000 Mitgliedsunternehmen die Konjunkturdaten für das erste Halbjahr 2012 erhoben. Fast jedes zweite Mitglied (48%) hat sich an der Umfrage beteiligt und seine Daten zur Auswertung geschickt. Nachdem einige Unternehmen das Jahr 2011 als bestes in der Firmengeschichte abgeschlossen haben, sind die Umsätze nach dem rasanten Aufschwung wieder auf Normalniveau angekommen. Das durchschnittliche Umsatzplus von 3,7 Prozent ist noch immer klar im grünen Bereich. Die Werte liegen in allen Branchen über der Null-Linie. Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Münzer: "Europa befindet sich in einer schweren Rezession - in der "Schwarzwald AG" haben wir uns bislang trotz Finanzkrise klar davon abgekoppelt."

Die Ergebnisse der Konjunkturumfrage präsentierte der wvib in den Räumen der Alexander Bürkle GmbH & Co. KG, Freiburg. Im Unternehmernetzwerk wvib sind rund 1.000 produzierende Unternehmen mit ca. 180.000 industriellen Arbeitsplätzen und einem Umsatz von rund 32 Milliarden Euro zusammengeschlossen.

Zwei Branchen konnten in den ersten sechs Monaten Umsatzzuwächse über dem errechneten Durchschnittswert von 3,7 Prozent verbuchen: die Elektrotechnik und Optik (6%) und die industrienahen Dienstleistungen (5%). 45 Prozent der Firmen konnten ihre Umsätze gegenüber dem 1. Halbjahr 2011 nochmal steigern, 25 Prozent meldeten gleiche Umsatzzahlen und bei 30 Prozent der Unternehmen sind die Umsätze leicht gesunken.
Wie sehen die Umsatzerwartungen der wvib-Unternehmen für das zweite Halbjahr 2012 aus? Wie im zweiten Halbjahr 2011 rechnet knapp die Hälfte der Firmen (49%) mit unveränderten Umsätzen. Jede dritte Firma (32%) erhofft sich weitere Steigerungen bis zum Jahresende (zuletzt 37%) und 19 Prozent vermuten, dass die Umsätze sinken werden. 81 Prozent der wvib-Mitglieder erwarten also steigende oder gleichbleibende Umsätze - das klingt optimistisch und nicht nach herabregnenden Wolken am Konjunkturhimmel. Da sind sie aber, die Wolken! Blickt man auf die Zahlen der vergangenen Halbjahre zurück, hat sich die Dynamik verlangsamt. Nach der Krise waren die Erwartungen verständlicherweise viel höher: Ende 2010 rechneten 64 Prozent der Befragten mit Umsatzzuwächsen, im ersten Halbjahr 2011 waren es 46%, im zweiten Halbjahr 2011 nur noch 37 Prozent und jetzt ist der Wert auf 32 Prozent gefallen. Für sich genommen sind die Werte gut, in Reihe gesehen kühlt sich die Lage nach der überhitzten Phase des gigantischen Wieder-Aufschwung ab.

Ein Grund für die wachsende Skepsis der wvib-Mitglieder ist das schwierige internationale Umfeld. Die Auswirkungen bekommen die exportstarken Unternehmen unmittelbar zu spüren. Die Entwicklung der Exporte -vor allem innereuropäisch - ist im ersten Halbjahr rückläufig, aber noch auf einem guten Niveau. 41 Prozent der Unternehmen im Verbandsgebiet haben in den ersten sechs Monaten steigende Exporte gemeldet, was für sich genommen ein guter Wert ist. Im Vorjahreszeitraum (Januar bis Juni 2011) verbuchten allerdings 57 Prozent der Firmen steigende Exporte, zum Ende 2011 waren es 51 Prozent der Unternehmen). Erfreulicher Ausreißer nach oben: Die Firmen im Maschinenbau konnten im ersten Halbjahr 2012 überdurchschnittliche Exportsteigerungen (46%) feststellen. Bei 34 Prozent der befragten Mitglieder haben sich die Auslandsgeschäfte auf gleichem Niveau eingependelt, die Werte der vergangenen Halbjahre weichen nur um 1 Prozent ab. Bei 25 Prozent der Firmen waren die Aufträge aus dem Ausland in den beiden ersten Quartalen rückläufig.

Die Auftragsbücher sind in den meisten Firmen gut gefüllt, einige arbeiten sogar 7 Tage die Woche und rund um die Uhr, um pünktlich liefern zu können. Die Auswertung der Umfrage hat ergeben, dass die Zuwächse im Auftragseingang im Vergleich zum 1. Halbjahr 2011 durchschnittlich bei 2 Prozent liegen. Fast alle Unternehmen konnten zwischen Januar und Juni nochmal ein Plus im Auftragseingang verbuchen. Weit über dem Durchschnittswert liegen die Branchen industrienahe Dienstleistungen mit 8 Prozent und die Elektrotechnik und Optik mit 6%. Wenn es in dieser Größenordnung Ausreißer nach oben gibt, muss es auch Firmen geben, die unterdurchschnittliche Zahlen gemeldet haben: Die Betriebe im Maschinenbau sind mit einem Rückgang im Auftragseingang von
- 2,3 Prozent als einziger unter die Null-Linie gefallen. Damit ist die Auftragslage im Verbandsgebiet insgesamt stabil, die eher unnormalen Ausschläge nach oben haben deutlich nachgelassen.

39 Prozent der Unternehmen haben sich in den ersten sechs Monaten über einen Zuwachs im Auftragseingang gefreut, bei 24 Prozent war der Auftragseingang unverändert gegenüber dem 1. Halbjahr 2011 und bei 37 Prozent sind die Aufträge gesunken. Die Unternehmen aus der industrienahen Dienstleistung haben im ersten Halbjahr 2012 überdurchschnittlich zulegt. Hier haben mehr als die Hälfte der Firmen (54%) von gestiegenen Aufträgen gegenüber dem Vergleichszeitraum 2011 berichtet.

Unter den wvib-Mitgliedern gibt es mehr Optimisten als Pessimisten. Überzeugt von der Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen rechnen sie auch in Zukunft damit, Abnehmer im In- und Ausland zu finden. Für das zweite Halbjahr 2012 erwarten 27 Prozent nochmal steigende Auftragseingänge (2. Halbjahr 2011 35%), und nur 22 Prozent rechnen mit rückläufigen Zahlen. Die Hälfte der Befragten sieht sich zwischen Juli und Dezember weiter in der Seitwärtsbewegung und glaubt an stabile Auftragseingänge ohne große Schwankungen.

Der Arbeitsmarkt hat sich vor, während und nach der Krise durchweg positiv entwickelt. Das belegen auch die Zahlen der wvib-Umfrage. Gerne melden wir, dass die wvib-Mitglieder 2011 rund 10.000 neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Die gute Auslastung in der Produktion führte auch in den ersten beiden Quartalen zu weiterem Beschäftigungsaufbau. Im ersten Halbjahr 2012 haben 43 Prozent der Unternehmen zusätzliches Personal eingestellt. Die 1.000 Mitgliedsunternehmen konnten von Januar bis Ende Juni nochmal netto knapp 3.000 (2.962) zusätzliche Stellen schaffen. Bei 39 Prozent der befragten wvib-Mitglieder ist die Zahl der Beschäftigten unverändert. 18 Prozent der Unternehmen mussten zwischen Januar und Juni 2012 Entlassungen vornehmen. Die Nachfrage nach Fachkräften ist weiter hoch, das belegt auch der wvib-Stellenmarkt. Hier sind derzeit 241 freie Stellen auf Fach-und Führungsebene im Angebot. Durch die anhaltende Zunahme bei der Beschäftigung und die Lohnentwicklung steigen die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte an und die Kaufkraft der Verbraucher kurbelt den Konsum an.

Die Belegschaft der Schwarzwald AG soll weiter wachsen. Für die Zeit von Juli bis Dezember 2012 planen 22 Prozent der Firmen mit weiteren Einstellungen. 68 Prozent wollen in der gleichen Mannschaftsstärke weiter arbeiten, nur 10 Prozent rechnen damit, im zweiten Halbjahr 2012 Personal abbauen zu müssen. Damit bleibt der Fachkräftemangel eines der aktuellen Probleme in der Region.

Seit dem 2. Halbjahr 2010 fragt der wvib in der Konjunkturumfrage auch die Zahl und den Anteil der Leiharbeiter in der Belegschaft der wvib-Mitgliedsunternehmen ab. Nachdem der Anteil der Leiharbeiter an der gesamten Mitarbeiterzahl in den drei zurückliegenden Zeiträumen immer knapp über 4 Prozent lag, ist er im ersten Halbjahr 2012 erstmals unter die 4%-Marke gesunken auf 3,8%. Das könnte schon die erste zarte Reaktion auf die neue Gesetzeslage sein. Nach dem § 2 (3) IGZ Tarifvertrag werden die tarifgebundenen Verleiher ab 1.November 2012 verpflichtet, auf die Entgelte für die Leiharbeitnehmer stufenweise einen Branchenzuschlag auf das Stundentabellenentgelt des Entgelttarifvertrages Zeitarbeit zu zahlen. Die Zuschläge von 15-50 Prozent errechnen sich nach der Beschäftigungsdauer. Im 1. Halbjahr 2012 beschäftigen 48 Prozent der Unternehmen Leiharbeiter, in der ersten Hälfte des Jahres 2011 waren es noch 53%. Auch hier ist ein geringer Rückgang sichtbar.

Die stabile Nachfrage hat für eine überwiegend gute Auslastung in der Produktion in den vergangenen Monaten gesorgt. Eine leichte Abschwächung ergibt auch die Auswertung der Umfrage. Die Zahl der überausgelasteten Betriebe ist zwar nur um einen Prozentpunkt von 9 Prozent (2. Halbjahr 2011) auf 8 Prozent gefallen. Aber nur noch 60 Prozent der Unternehmen meldeten für das erste Halbjahr 2012 Vollauslastung, im zweiten Halbjahr 2011 lag dieser Wert noch bei 72%. Mit insgesamt knapp 70 Prozent über- oder vollausgelasteten Kapazitäten im ersten Halbjahr 2012 können die Unternehmen hochzufrieden sein.

32 Prozent der Firmen klagten in der ersten Jahreshälfte über unterausgelastete Kapazitäten, dieser Wert lag in den letzten beiden Umfragen aus dem Jahr 2011 noch bei 18%.

Seltsam: Einerseits geht die Auslastung zurück. Andererseits wollen alle weiter einstellen. Der "war for talents" geht weiter und hat sich vom Konjunkturzyklus abgekoppelt.

Knapp 80 Prozent der Unternehmen haben in den ersten sechs Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahr die gleiche Summe oder mehr investiert. 31 Prozent der wvib-Unternehmer haben von Januar bis Juni ihre Investitionen gegenüber dem Vorjahr erhöht (im 2. HJ 2011 waren es 45%), 47 Prozent haben so viel investiert wie im ersten Halbjahr 2011. 22 Prozent der Firmen waren in den beiden ersten Quartalen eher zurückhaltenden und haben weniger für Investitionen ausgegeben als im Vorjahrszeitraum.

Die Investitionsquote ist mit 5 Prozent vom Umsatz im ersten Halbjahr auf einem guten Niveau, jedoch um einen Punkt gegenüber den Vorjahreswerten zurückgegangen. Auch für die kommenden Monate planen die wvib-Unternehmen Investitionen und unterstreichen damit auch ihre optimistische Haltung. Rund 82 Prozent der Betriebe stellen für die zweite Jahreshälfte nochmal die gleiche Summe oder mehr für Investitionen zur Verfügung. 25 Prozent der wvib-Mitglieder wollen ihre Investitionen zum Jahresende nochmal steigern, das hatten zum 30.06.2011 noch 35 Prozent der Unternehmen geplant. 57 Prozent der Firmen planen mit dem gleichen Budget für Gebäude, neue Entwicklungen, Menschen und Maschinen, das waren im Vergleichszeitraum 2011 nur 54%. Zum 30.06.2012 haben 18 Prozent der Betriebe angegeben, dass sie bis zum Jahresende ihre Investitionen zurückfahren werden, der letzte Vergleichswert vom 31.12.2011 lag minimal darüber bei 19%.

Die Ertragslage ist für über 80 Prozent der wvib-Mitglieder zufriedenstellendend. Zum 30.06.2012 meldeten 32 Prozent der Betriebe gute Erträge, über die Hälfte (52%) der Unternehmen bezeichnet ihre Ertragslage von Januar bis Juni als befriedigend. Die Zahl der Betriebe, die über schlechte Erträge klagt, liegt im ersten Halbjahr bei 16%.

Um zu wissen, wo aktuell im Mittelstand am meisten der Schuh drückt, haben wir die Zusatzfrage diesmal wie folgt formuliert: "Welchem Thema gilt Ihre größte Sorge?" Die Unternehmer hatten drei Themengebiete, die sie ankreuzen konnten: den Fachkräftemangel, die Energiewende und die europäische Währungsunion. Wer glauben Sie, hat das Rennen gemacht? Die Energiewende ist mit knapp 5 Prozent der Nennungen eher kein aktueller Problemfall. Der Fachkräftemangel macht 31 Prozent der wvib-Mitglieder das Leben schwer. Über die Krise im Europa und die Instabilität des Euro grübeln 58 Prozent der befragten Unternehmer. (Zur Vollständigkeit: 6 Prozent konnten oder wollten sich nicht entscheiden und haben keine Angaben gemacht.)

Fazit: Wir stehen an einem Scheideweg! Allen ist klar, dass uns die Rechnung für zehn Jahre hemmungsloses Schuldenmachen in großen Teilen Europas erst noch präsentiert wird. Wer seine Währung nicht (mehr) abwerten kann, wird eben realwirtschaftlich (Verlust der Wettbewerbsfähigkeit) und an den Kapitalmärkten (hoher Zins bei Neukreditaufnahme des Staates) abgewertet. Und fällt dann als Wirtschaftspartner und Exportland zurück. Deutschland hat davon realwirtschaftlich auch profitiert. Aber die Profite Deutschlands reichen niemals aus, um das ganze aus der Balance geratene System zu stützen. Europa hat nur dann politisch eine Zukunft, wenn es auch wirtschaftspolitische Grundwerte wie finanzielle Solidität kennt und durchsetzt.
Bislang glauben die Unternehmen, dass dies den europäischen Stabilitätsländern mehr oder weniger gelingen kann. Anders ist ihr Optimismus und ihre Zuversicht kaum zu erklären.

Quelle und Kontaktadresse:
wvib Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen in Baden e.V. Silke von Freyberg, Mitarbeiterin, Öffentlichkeitsarbeit Merzhauser Str. 118, 79100 Freiburg Telefon: (0761) 4567-0, Telefax: (0761) 4567-599

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