Vor EU-Ministertreffen: Luftfahrt kann nicht zurück ins alte Wachstumsmodell / Germanwatch fordert Reformen für neue Mobilitätswelt: Priorität für Bahnverkehr, wo immer es geht - Flugverkehr schrittweise klimaneutral machen
(Bonn) - Bundesverkehrsminister Scheuer hat seine EU-Amtskolleginnen und -kollegen sowie Spitzen aus Industrie, Luftfahrtunternehmen, Flughäfen und Flugsicherungen für morgen zum Luftfahrt-Gipfel (Aviation Summit) eingeladen. Beim Treffen soll über einen klimafreundlicheren und krisenfesten Luftverkehr nach dem Corona-bedingten weltweiten Einbruch der Luftfahrt beraten werden. Nach Ansicht der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch muss dieser Gipfel den Einstieg in eine neue Mobilitätswelt markieren.
"Fliegen ist die mit Abstand klimaschädlichste Art zu reisen. Der Neustart der Luftfahrt darf kein Zurück zum alten Wachstumsmodell sein, sondern sollte ein Aufbruch in eine neue, klimaneutrale Mobilitätswelt werden. Das heißt: nur noch Fliegen, wenn es unersetzlich ist, Alternativen wie die Bahn fördern und verbleibende Flüge so wenig klimaschädlich wie möglich machen", sagt Lena Donat von Germanwatch. "Die europäischen Fluggesellschaften haben nach dieser Krise die Chance, ihre Geschäftsmodelle an diese neue Mobilitätswelt anzupassen."
Germanwatch fordert konkret, dass Kurzstrecken- und Zubringerflüge auf die Schiene verlagert werden - insbesondere dort, wo es schon schnelle Bahnverbindungen gibt. "Es gibt zahlreiche beliebte Ziele in Deutschland und den Nachbarländern, die schon heute in weniger als vier bis fünf Stunden per Zug erreichbar sind. Es ist absurd, dass es zum Beispiel 13 Flüge pro Tag zwischen Frankfurt und Paris gibt, obwohl der Zug nur knapp vier Stunden braucht. Inklusive Ein- und Auschecken sowie den Fahrten zu und von den Flughäfen ist man mit dem Flugzeug kaum schneller", so Donat.
In Frankreich und Österreich wurden die Rettungspakete des Staates für Air France und Austrian Airlines daran geknüpft, einige Inlandsflüge zu streichen - diese Verbindungen sollen durch die Bahn ersetzt werden. Donat weiter: "Dieser Ansatz - wenn auch noch nicht konsequent genug - geht in die richtige Richtung. Auch andere EU-Länder sollten darüber nachdenken, allen voran Deutschland. Nicht alle Flüge lassen sich ersetzen, aber grundsätzlich gilt: Der klimafreundlichste Flug ist derjenige, der nicht stattfindet."
Das bedeutet aber auch, dass die EU-Verkehrsminister für die klimafreundliche Wahl des Verkehrsmittels die richtigen Anreize setzen müssen. Dazu gehören der Ausbau der europäischen Bahnverbindungen - tagsüber wie auch die Nachtzüge - sowie die Einführung fairer Abgaben und Steuern. "Flugpreise müssen endlich die wahren Gemeinwohlkosten abbilden. Es ist klare Wettbewerbsverzerrung gegenüber der Bahn, dass Airlines keine Steuern auf Kerosin und keine Mehrwertsteuern auf internationale Tickets zahlen sowie dass sie CO2-Emissionszertifikate größtenteils kostenlos erhalten. Wer mit Steuergeldern gerettet wird, muss endlich auch Steuern zahlen", so Donat.
Für das verbleibende Flugaufkommen spielen alternative Kraftstoffe und neue Antriebe eine zentrale Rolle. Donat: "Die Luftfahrt hat über Jahrzehnte die Wende zum Klimaschutz verschlafen. Hier muss nachgeholfen werden." Germanwatch fordert daher eine schrittweise steigende Beimischungsquote für synthetische Kraftstoffe aus Erneuerbaren Energien und daneben eine Forschungs- und Entwicklungsoffensive für alternative, klimaneutrale Antriebe.
Quelle und Kontaktadresse:
Germanwatch e.V.
Stefan Küper, Pressesprecher
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