Vor einer schwierigen Tarifrunde / Arbeitgeberverband sieht keinen Spielraum für Entgeltsteigerung.
(Berlin) - "Wie groß muss die Krise sein, damit es einmal keine Entgeltforderung gibt?" fragt Dr. Paul Kriegelsteiner, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Nordostchemie e. V. auf der Jahrespressekonferenz der NORDOSTCHEMIE. Denn wenn die Gewerkschaft, IG BCE, in ihren Forderungen Beschäftigungssicherung, Nachwuchssicherung und Ausbildung in den Vordergrund stellt, pocht sie mit Nachdruck auch auf eine Entgelterhöhung. Der Arbeitgeberverband Nordostchemie e. V. weist diese Forderungen zurück.
Die Mitgliedsunternehmen sind zum Teil sehr hart von der Krise getroffen, bis hin zu Umsatzrückgängen im zweistelligen Bereich. Für diese Unternehmen hat Krisenbewältigung Vorrang. "Die Tarifverhandlungen am kommenden Freitag werden nicht für die wenigen Unternehmen gemacht, die sich über ein erfolgreiches Wirtschaftsjahr freuen können", sagt Dr. Andreas Hungeling, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Nordostchemie e. V. Weiter führt er aus: "Die Konditionen müssen für alle Unternehmen bezahlbar und verkraftbar sein. Unternehmen, die gute Ergebnisse erzielt haben, machen schon jetzt von den flexiblen tariflichen Regelungen Gebrauch und erhöhen beispielsweise das Weihnachtsgeld oder erbringen andere außertarifliche Leistungen."
Die Arbeitgeber haben für die Beschäftigungssicherung in der Krise viel Geld ausgegeben. Die Remanenzkosten fallen in der Chemieindustrie besonders hoch aus, weil die Tarifverträge die Arbeitgeber verpflichten, das Kurzarbeitergeld auf 90 Prozent des Normaleinkommens anzuheben. Unternehmen, die sowieso in einer schwierigen Lage waren, mussten so eine zusätzliche Bürde tragen.
Auch die Arbeitnehmer haben ihren Beitrag geleistet, indem eine vorher nicht dagewesene Anzahl von Flexibilisierungsinstrumenten vereinbart werden konnte. Fakt ist heute aber: Für das aktuelle Produktionsniveau, das noch unter einer Normalauslastung rangiert, haben die Unternehmen einen hohen Beschäftigungsstand und eine niedrigere Produktivität. Beschäftigungssicherung hat auch für die Arbeitgeberseite Priorität. Gerade vor dem Hintergrund der demografischen Situation ist es wichtig, Fachkräfte im Unternehmen zu halten.
Deshalb bilden die Mitglieder der NORDOSTCHEMIE auch in hohem Maße aus und übernehmen grundsätzlich die Auszubildenden. Verpflichtungen der Unternehmen zur Arbeitsplatzerhaltung können in einer solchen Lage nicht gegeben werden.
Weil weitere Kosten keine Jobs sichern und die Wettbewerbsfähigkeit verringern, lehnen die Unternehmen weitere Maßnahmen zur Beschäftigungs-sicherung ab.
Wenn sich die Sozialpartner einig darüber sind, dass wir es mit der schwersten Krise seit Jahrzehnten zu tun haben, kann nichts verteilt werden.
Bereits in den letzten Jahren haben die Beschäftigten mit 4,4 Prozent und 3,3 Prozent (mitten in der Krise!) bei einer Inflation von nahe Null ein kräftiges Reallohn-Plus verbuchen können. Übrigens: Für jeden tariflichen Arbeitnehmer zahlen die Unternehmen 2010 einen Demografie-Beitrag von 300 Euro.
Es gibt aktuell keinen Spielraum für Entgeltsteigerungen.
Die Mitgliedsunternehmen mussten im Jahr 2009 zweistellige Umsatzeinbrüche verkraften, zum ersten Mal seit 1999 gingen in der Ostchemie Arbeitsplätze verloren. Ein Viertel der Unternehmen befürchtet in diesem Jahr einen Arbeitsplatzabbau. Die Krise ist noch längst nicht überstanden, das Ausgangsniveau von 2008 wird vor 2013 nicht erreicht sein - die Abnehmerbranchen kränkeln nach wie vor.
Die Unternehmen freuen sich über die ersten Anzeichen einer Konjunkturbelebung, fürchten aber, dass dem Aufschwung die Kraft ausgeht. Bisher gilt "Auf ohne Schwung". Steigende Rohstoffkosten, Probleme der Chemie-Abnehmerbranchen und die Kreditklemme belasten besonders die kleinen und mittelgroßen Chemieunternehmen und damit die große Mehrzahl der Unternehmen der Ostchemie. Die Sorge um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit belastet die Unternehmen sehr, gerade auch im Hinblick auf die bevorstehenden Marktverschiebungen (Naher Osten, Asien).
Seit dem 16. März 2010 finden regionale Tarifrunden in der chemischen und pharmazeutischen Industrie statt, am 26. März 2010 für die NORDOSTCHEMIE in Berlin. Erstmals verhandeln die Tarifgebiete (Berlin-West, Berlin-Ost und Ost) gemeinsam. Am 20. und 21. April 2010 wird es in Würzburg Verhandlungen auf Bundesebene geben.
Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitgeberverband Nordostchemie e.V.
Torsten Kiesner, Referent, Verbandskommunikation
Hallerstr. 6, 10587 Berlin
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