Pressemitteilung | DGHO e.V. - Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie

Von Künstlicher Intelligenz bis Gentherapie: Zukünftige Strategien gegen Krebs- und Blutkrankheiten

(Berlin) - Die Frühjahrstagung der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. am 14. März 2025 bot auch in diesem Jahr eine hochkarätige Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft, klinischer Praxis und Gesundheitspolitik. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen aktuelle Entwicklungen in der Hämatologie und Medizinischen Onkologie, insbesondere wurde die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) und Large Language Models (LLMs) in der modernen Medizin beleuchtet.

PD Dr. med. Peter Bobbert, Präsident der Berliner Ärztekammer, unterstrich in seinem einleitenden Grußwort die große Verantwortung, die mit der Nutzung von Künstlicher Intelligenz einhergeht: „KI wird die Medizin revolutionieren. Sie birgt ein enormes Potenzial und eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Doch mit dieser Entwicklung geht auch eine Verpflichtung einher: Wir müssen sicherstellen, dass wir nicht nur eine veränderte, sondern eine verbesserte Medizin schaffen.“

Prof. Dr. med. Andreas Hochhaus, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO, ging in seiner Einführung auf notwendige Veränderungen in der medizinischen Ausbildung ein: „Wir brauchen wissenschaftlich ausgebildete Fachmediziner, die das Fachgebiet in seiner gesamten Tiefe verstehen. Hier sind jenseits föderaler Grenzen flächendeckende Regeln für die Ausbildung erforderlich; eine Harmonisierung ist unerlässlich.“

Gleichzeitig machte Hochhaus auf die wachsenden Probleme der klinischen Forschung in Deutschland aufmerksam: „Deutschland fällt im internationalen Vergleich bei klinischen Studien zurück, vor allem durch übermäßige Bürokratie, lange Genehmigungszeiten, unzureichende Finanzierung akademischer Studien und mangelnde Integration in die Regelversorgung. Das muss sich dringend ändern.“ Die Einführung von Paragraph 42e Medizinforschungsgesetz sei zwar ein wichtiger Erfolg der DGHO und bedeute einen wichtigen Schritt zur Stärkung akademischer Studien, trotzdem seien weitere Reformen notwendig, um Deutschland als Forschungsstandort konkurrenzfähig zu halten.

ATMPs und LLMs – innovative Therapien und leistungsstarke KI-Modelle
Ein Themenschwerpunkt der Tagung konzentrierte sich auf neue Wirkstoffe für seltene Erkrankungen. Besonders im Fokus standen dabei die sogenannten Advanced Therapy Medicinal Products (ATMPs), die innovative Therapieansätze wie Zell- und Gentherapien umfassen. Dr. med. Antje Haas vom GKV-Spitzenverband hob hervor: „Weitere Gentherapien stehen kurz vor der Marktreife, zahlreiche ATMPs befinden sich in der klinischen Erforschung. Bei den Medikamenten zur Behandlung seltener Krankheiten besteht die Herausforderung, angesichts der hohen Kosten den Therapiezuwachs neuer Wirkstoffe im Vergleich zu etablierten Therapien zu erfassen."

Large Language Models (LLMs) sind leistungsstarke KI-Modelle, die über riesige Datenmengen trainiert werden und Texte generieren, analysieren und interpretieren können. In der Medizin finden sie zunehmend Anwendung, etwa bei der Strukturierung von klinischen Dokumentationen, der Unterstützung in der Diagnostik und der datenbankgestützten Vermittlung von Studien. Dr. med. Jan Moritz Middeke vom Universitätsklinikum Dresden erläuterte die tiefgreifenden Veränderungen im medizinischen Alltag: „LLMs helfen, die zunehmende Komplexität – etwa durch mehr Therapieoptionen oder komplexere Nebenwirkungen neuer Therapieformen – zu bewältigen.“ Er verwies zudem auf die Vision eines virtuellen Labors: „Als Zukunftsmusik winkt das virtuelle Lab, in dem Agenten oder digitale Forscher virtuell interagieren und so zur Weiterentwicklung der Medizin beitragen.“

Eindrucksvoll war auch die Vorstellung der digitalen Wissensplattform Onkopedia durch Prof. Dr. med. Daniel Truhn von der RWTH Aachen. Er erklärte: „Foundation Models sind leistungsfähige KI-Modelle, die für verschiedene medizinische Anwendungen angepasst werden können. Diese Modelle unterstützen die Diagnostik beispielsweise durch die Erkennung von Tumoren sowie die Analyse von MRT-Befunden und histologischen Präparaten. Zudem erleichtern sie die personalisierte Therapie durch die Auswertung genetischer Daten und die Erarbeitung individueller Therapieempfehlungen.“ Auch die klinische Dokumentation profitiert von KI, indem Arztberichte automatisiert erfasst und strukturiert werden. Truhn fasst zusammen: „Die KI-gestützte Studienrecherche und das Patienten-Matching für klinische Studien eröffnen völlig neue Möglichkeiten für die personalisierte Onkologie.“

Die Tagung machte deutlich, dass KI und LLMs die Effizienz und Präzision der medizinischen Versorgung erheblich steigern können. Gleichzeitig wurde betont, dass diese Technologien sorgfältig validiert und ethisch kontrolliert werden müssen, um die Sicherheit und Qualität der Patientenversorgung zu gewährleisten.

Bedeutung und Herausforderungen von Registern
Ein weiterer zentraler Themenblock der Tagung war die Bedeutung medizinischer Register für die Forschung und Therapieoptimierung. Fachvorträge aus den Bereichen Pädiatrie, Onkologie, Hämatologie und Regularien beleuchteten verschiedene Perspektiven auf dieses essenzielle Thema. Prof. Dr. med. Angelika Eggert von der Charité Berlin unterstrich die Notwendigkeit spezifischer Forschungsprogramme: „Pädiatrische Krebserkrankungen sind anders und benötigen spezifische Studien, Register und Forschungsprogramme."

Dr. med. Martin Sebastian vom Universitätsklinikum Frankfurt stellte die CRISP Clinical Research-Plattform vor, die molekulare Testungen, Behandlungen und Therapieergebnisse von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom systematisch erfasst.

Prof. Dr. med. Christoph Röllig, Universitätsklinikum Dresden, behandelte das Thema „Register in der Hämatologie" und präsentierte die Studiengruppen SAL (Study Alliance Leukemia) und AMLCG (Acute Myeloid Leukemia Cooperative Group), die sich mit der Verbesserung der Therapieoptionen für Leukämiepatienten befassen. Er betonte: „Es gibt jede Menge Daten und es fehlen Schnittstellen."

Immer wieder beschrieben die Expertinnen und Experten die aktuellen Herausforderungen: Der Datenschutz erfordert höchste Standards bei der Speicherung und Nutzung sensibler Patientendaten. Zudem ist die Datenqualität entscheidend – nur präzise, vollständige und standardisierte Informationen liefern aussagekräftige Ergebnisse. Darüber hinaus wurde das Ziel einer stärkeren Vernetzung nationaler und internationaler Register unterstrichen, um noch umfassendere Erkenntnisse zu gewinnen. Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die Analyse wird hierbei zukünftig eine Schlüsselrolle spielen. Um das volle Potenzial von Registern auszuschöpfen, müsse die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Kliniken und Gesundheitspolitik optimal genutzt werden.

Die DGHO zieht ein positives Fazit und sieht in der Frühjahrstagung 2025 einen wichtigen Meilenstein, um die Zukunft der Hämatologie und Medizinischen Onkologie aktiv mitzugestalten. Der fachübergreifende Austausch zwischen Medizin, Wissenschaft und Gesundheitspolitik – so das Resümee – ist von großer Bedeutung, um innovative Lösungsansätze für die Herausforderungen der modernen Medizin zu entwickeln.

Quelle und Kontaktadresse:
DGHO e.V. - Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie, Bauhofstr. 12, 10117 Berlin, Telefon: 030 27876089-0

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