Vogelgrippe: irrationale Angst vor Katzen wächst / Das Deutsche Tierhilfswerk e.V. kritisiert Diskussion um Abschusserlaubnis für freilaufende Haustiere
(Berlin) - Ginge es nach dem Verbandschef der niedersächsischen Geflügelwirtschaft, dann müssten alle streunenden Katzen getötet und alle übrigen einer Stallpflicht unterworfen werden. Der Herr vertritt die Ansicht, dass sich Katzen derzeit nicht in freier Wildbahn bewegen dürften, da sie die Vogelgrippe weiter verschleppen würden.
Äußerungen wie diese, die auf politischer Ebene geführte Diskussion um einen möglichen Abschuss von streunenden Katzen und die teilweise überzogenen Maßnahmen der Regierung schüren unnötigerweise die Angst vor Katzen in der Bevölkerung, kritisiert Ursula Bauer, Biologin des Deutschen Tierhilfswerks Berlin. Dabei ist die Vogelgrippe nach wie vor eine hauptsächlich bei Wildwasservögeln auftretende Vogelkrankheit und die auf Rügen gefundenen infizierten Katzen Einzelfälle in einem isolierten Gebiet mit derzeit hohem Infektionsdruck. Es wurde weltweit auch noch kein einziger Mensch durch ein Säugetier mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert. Durch den Fund von drei angeblich infizierten Katzen wird die Vogelgrippe für den Menschen nicht gefährlicher. Daher besteht im Moment auch kein Anlass, gegen Katzen irgendwelche Maßnahmen zu verhängen.
Zur Zeit geben viele verängstigte Tierhalter ihre Hauskatzen in Tierheimen ab. Die Zahl der ausgesetzten Tiere steigt ebenfalls und Tierärzte werden vermehrt von verängstigten Haltern darum gebeten, ihre Katzen prophylaktisch einzuschläfern. Für derartige drakonische Maßnahmen besteht keine Veranlassung. Der geliebte Haustiger wird nicht aus heiterem Himmel zum virenstrotzenden Todbringer.
Unabhängig von der moralischen Verantwortung, die wir gegenüber unseren Haustieren haben, darf kein Tierarzt ein gesundes Tier vorsorglich einschläfern, betont Ursula Bauer vom Deutschen Tierhilfswerk Berlin. Und natürlich ist auch in Zeiten der Vogelgrippe das Aussetzen von Tieren strafbar.
Auch von verwilderten Hauskatzen, den sogenannten Streuner- oder Straßenkatzen, geht keine Gefahr aus. Die scheuen Tiere lassen sich in der Regel nicht einmal von Menschen anfassen. Seit vielen Jahren setzt sich das Deutsche Tierhilfswerk im Rahmen seines Streunerkatzenprojekts aktion kitty aktiv für Straßenkatzen in ganz Deutschland ein. Etwa 1,7 Mio. Streunerkatzen leben in Deutschland, davon alleine etwa 40.000 in Berlin. Unqualifizierte Äußerungen wie die des Chefs des niedersächsischen Geflügelwirtschaftsverbands gefährden unser Projekt in der Hauptstadt, klagt Ursula Bauer vom DTHW- Berlin. Die Tierschützer haben jahrelang mit Engelszungen um Akzeptanz für ihre Futterstellen und die Duldung der Katzen-Schlafhäuschen gekämpft. Die aktuelle Angst vor Katzen führt jedoch dazu, dass kitty-Mitarbeiter von Haus- oder Grundstücksbesitzern gezwungen werden, Futterstellen aufzulösen und Schlafhäuser abzuholen. Jetzt im Winter hat dies für die Straßenkatzen katastrophale Folgen, betont Ursula Bauer. Die Tiere werden krank und verelenden zusehens, so Ursula Bauer weiter, und wir beginnen mit unserer Arbeit wieder von Vorne.
Das Deutsche Tierhilfswerk rät zu mehr Gelassenheit und bittet: Verschonen Sie die Katzen mit irgendwelchen unsinnigen Maßnahmen. Sowohl Ihre eigene Hauskatze als auch die Straßenkatzen.
Der verbale Vorstoß des Verbandschefs der niedersächsischen Geflügelwirtschaft mutet wie ein Ablenkungsmanöver an. Schließlich gilt es als wahrscheinlich, dass gerade die Geflügelindustrie mit ihren extremen Haltungsbedingungen und ihrem laxen Umgang mit verseuchten Produkten und Abfallstoffen nicht unwesentlich an der Verbreitung von H5N1 beteiligt ist.
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