Virtualisierung: Potenziale werden von Consultingfirmen noch zu wenig genutzt
(Bonn) - Die deutschen Unternehmensberater sehen die Virtualisierung von Beratungsleistungen - zum Beispiel in Form von Online Collaboration, E-Learning oder Virtuelles Assesment - mehrheitlich als Chance. Gleichzeitig werden die Potenziale von Consultingfirmen aber zu wenig genutzt, da häufig noch die Nachfrage und Akzeptanz der Klienten vermisst werden. Zu diesen Ergebnissen kommt die gemeinsame Studie "Virtualisierung in der Unternehmensberatung" des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) und der Technischen Universität (TU) Ilmenau.
Insgesamt haben 552 Berater aus Beratungsgesellschaften aller Größenordnungen an der Befragung teilgenommen. 62 Prozent der Consultants erwarten, dass sie durch virtualisierte Beratungsleistungen die eigene Wertschöpfungskette optimieren und neue Klientensegmente erschließen können. Als Chance wird auch bewertet, dass innovative Referenzprojekte die eigene Reputation als digitaler Pionier stärken. Das Problem: Knapp Dreiviertel der Befragungsteilnehmer beklagen bislang eine fehlende Nachfrage ihrer Auftraggeber aus Wirtschaft und Verwaltung nach virtuellen Beratungsleistungen. BDU-Präsident Hans-Werner Wurzel: "Es gilt für uns, zwei Dinge voranzutreiben: Wir müssen als Branche stärker virtualisierte Beratungsangebote entwickeln und anbieten. Und wir müssen unsere Klienten parallel aktiv von den Vorteilen und Chancen der sich hieraus ergebenden neuen Formen der Zusammenarbeit überzeugen. Unter anderem schaffen wir es damit, benötigtes Know-how von Expertinnen und Experten leichter und ortsunabhängig in die Projektarbeit einzubeziehen."
In der Studienbefragung gaben weiterhin 94 Prozent der Unternehmensberater an, dass die Bedeutung der Virtualisierung in den nächsten fünf Jahren zunehmen wird. Für mehr als die Hälfte hat die Virtualisierung gegenwärtig keine oder kaum eine Bedeutung für das Geschäft. Hier werden die Beratungsleistungen weiterhin ausschließlich oder hauptsächlich in direkter, persönlicher Form erbracht. Prof. Dr. Volker Nissen, TU Ilmenau und Leiter des Fachgebietes Wirtschaftsinformatik für Dienstleistungen: "Digitalisierung ist ein Trend, der vor keiner Branche haltmacht. Während viele Beratungsfirmen ihre Kunden maßgeblich dabei unterstützen, neue Konzepte der Digitalisierung zu entwickeln, wird bei der Erbringung von Beratungsleistungen noch zu stark auf traditionelle Ansätze zurückgegriffen. Damit werden Chancen zur Optimierung der eigenen Leistungsfähigkeit und Differenzierung im Wettbewerb nicht genutzt."
Weiteres Ergebnis: Bei den typischen Phasen des Beratungsprozesses werden Projektvorbereitung, Problemanalyse und Nachbereitung eines Projektes schneller und tendenziell stärker virtualisiert als Problemlösung sowie Implementierung. Als wichtigste Technologietreiber nennen die Consultants insgesamt Mobile Technologien, Cloud-Anwendungen, Industrie 4.0, Big Data und Analytics. Zehn Anwendungsmöglichkeiten mit tendenziell niedrigem und mittlerem Virtualisierungsgrad werden momentan in den Consultingprojekten, so die Studie, besonders häufig eingesetzt:
- Online Collaboration
- Remote Analysis (manuell durch Berater oder automatisiert durch
IT-Werkzeug)
- Online Coaching (Kunden, Blended Learning)
- Informationsverbreitung via Internet (Webinare, Podcasts, Blogs,
Foren)
- E-Learning
- Data Mining & Big Data
- Virtuelles Projektmanagement
- Virtuelles Assessment (hoch bis voll digitalisiert)
- Online Wissensmanagement (Process Mining Werkzeug)
- Test von IT-Lösungen
"Sinnvoll ist in jedem Fall eine strukturierte Analyse des eigenen Leistungsspektrums, um die Potenziale der Virtualisierung innerhalb der Phasen eines Beratungsprojektes, innerhalb der Beratungsorganisation und in der Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern erschließen zu können, so Professor Nissen. "Hierzu sollte frühzeitig Wissen akkumuliert und eine durchgängige Vision entwickelt werden, die virtualisierte und traditionelle Beratungsansätze im Leistungsportfolio effektiv kombiniert."
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