Pressemitteilung | Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI)

"Verwirrend und kontraproduktiv" Wissenschaftler kritisieren EU Claims-Verordnung

(Bonn) - Darf ein Keks in Zukunft noch auf seinen Ballaststoffgehalt hinweisen? Darf ein Hustenbonbon weiterhin werben mit "wohltuend für Hals und Rachen"? Diese Fragen stehen auf dem Spiel, wenn das Europäische Parlament Mitte Mai über die so genannte Claims-Verordnung abstimmt. Wissenschaftler bezweifeln die Zweckmäßigkeit der in Brüssel vorgesehenen Werbeverbote.

"To claim or not to claim - That’s the question" - unter diesem Titel diskutierten am 25.04.2006 drei namhafte Experten auf Einladung der Europaabgeordneten Dr. Renate Sommer und des europäischen Süßwarenverbandes CAOBISCO über die umstrittene Verordnung.
Nach dem Willen der EU-Kommission sollen nährwert- und gesundheitsbezogene Werbeaussagen für Lebensmittel mit einem ungünstigen Nährwertprofil künftig verboten sein. "Dieses Konzept ist wissenschaftlich nicht machbar, verwirrend und kontraproduktiv", sagt Prof. André Huyghebaert von der Universität Gent. Falsche Botschaften würden an den Verbraucher gerichtet, wenn nur fettarme Milch vorn auf der Verpackung auf ihren Kalziumgehalt hinweisen darf, nicht aber ein gesüßter Joghurt, der ebenso viel Kalzium enthält, erläutert Huyghebaert seine Kritik den anwesenden Abgeordneten. Nährwertprofile bedeuten also weniger, nicht mehr Information für den Verbraucher. Sie sind nicht zu verwechseln mit Nährwerttabellen, mit denen viele Hersteller ihre Produkte schon heute nach EU-Recht kennzeichnen.

Mit Werbeverboten für bestimmte Lebensmittel will die Kommission Verbraucher vor ungesunder Ernährung und Fettleibigkeit schützen. Dabei lässt sich laut Prof. Jörg Diehl von der Universität Gießen kein Zusammenhang zwischen der Bewerbung und dem Konsum bestimmter Produktgruppen herstellen. Werbung erhöht nicht den Gesamtkonsum, sondern verschiebt nur Marktanteile. In Kanada (Provinz Quebec) ist seit Jahren Lebensmittelwerbung, die sich direkt an Kinder richtet, verboten. Weniger übergewichtige Kinder gibt es trotzdem nicht. "Mit der Claims-Verordnung würde die EU Maßnahmen einführen, deren Unwirksamkeit schon im Vorhinein erwiesen ist", sagt Diehl.

Der Gesundheitspsychologe Claus Vögele von der Londoner Roehampton Universität sieht die Hauptursache für Übergewicht zudem nicht in der Ernährung. "Wer Fettleibigkeit vorbeugen und bekämpfen will, muss vor allem körperliche Bewegung stärker fördern". Hierfür setzt sich die Lebensmittelindustrie im Rahmen der deutschen "Plattform für Ernährung und Bewegung" bzw. ihrem Pendant auf EU-Ebene ein.

In erster Lesung hat das EU-Parlament die Nährwertprofile aus der Verordnung gestrichen. In zweiter Lesung hat der zuständige Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit für einen Mittelweg gestimmt: Lebensmittel, die das Nährwertprofil überschreiten, dürfen weiterhin nährwertbezogene Aussagen machen, wenn auf die Nährstoffe, die das Profil überschreiten – etwa Zucker, Fett oder Salz –, hingewiesen wird. Huyghebaert befürwortet diesen Ansatz.

Damit der Ausschussvorschlag Eingang in den Gesetzestext findet, muss allerdings die absolute Mehrheit der 732 Europaabgeordneten zustimmen, wenn es am 16. Mai in Straßburg heißt: "To claim or not to claim - That's the question!"

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI) Dr. Torben Erbrath, Pressesprecher Schumannstr. 4-6, 53113 Bonn Telefon: (0228) 260070, Telefax: (0228) 2600789

(bl)

NEWS TEILEN: