Verkehrsunfallstatistik 2016: Orthopäden und Unfallchirurgen sehen Bedarf bei Unfallprävention für ältere Verkehrsteilnehmer
(Berlin) - Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) sieht Handlungsbedarf beim Schutz älterer Autofahrer. Anlass ist die heute vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Verkehrsunfallstatistik 2016: 3.206 Menschen wurden im vergangenen Jahr auf deutschen Straßen getötet. Davon machen die über 75-Jährigen mit 698 tödlich Verunglückten die größte Gruppe aus. "Wir müssen auch für ältere Verkehrsteilnehmer Präventionsprogramme entwickeln und dürfen uns nicht wie bisher nur auf die Fahranfänger konzentrieren", sagt DGOU-Generalsekretär Professor Dr. Reinhard Hoffmann. Die DGOU rät daher, die Forschungsbemühungen zur Entwicklung von Präventionsprogrammen für ältere Verkehrsteilnehmer zu verstärken.
Bei einem schweren Verkehrsunfall sind betagte Patienten besonders gefährdet: Sie kämpfen ungleich härter ums Überleben als jüngere. Denn viele von ihnen haben Vorerkrankungen, die sich bei einer schweren Verletzung ungünstig auf den Allgemeinzustand auswirken. Orthopäden und Unfallchirurgen rechnen entsprechend der demografischen Entwicklungen in den nächsten 10 bis 20 Jahren mit einer Verdopplung bzw. Verdreifachung älterer Verkehrsteilnehmer und damit auch Verletzter.
Die DGOU sieht daher Bedarf bei der Entwicklung von Präventionsmaßnahmen zur Stärkung bzw. Sicherung der Verkehrskompetenz von Senioren. Dabei ist ein anderer Ansatz als bei Präventionsprojekten für Jugendliche nötig. "Senioren fallen im Gegensatz zu jungen Verkehrsteilnehmern nur selten durch Unfallursachen wie überhöhte Geschwindigkeit oder Alkohol am Steuer auf", erklärt Dr. Christopher Spering, DGOU-Sektionsleiter für Prävention. Demnach seien es eher Kompetenzen, die sich im Alter ungünstig entwickeln: Reaktionsfähigkeit, Leistungsfähigkeit, Seh- und Hörvermögen sowie Beweglichkeit. Die in diesem Zusammenhang diskutierten verpflichtenden medizinischen Fahreignungsprüfungen für Führerscheininhaber greifen der DGOU zu kurz. "Zum einen würden die Fahrradfahrer und E-Bike-Fahrer durch das Raster fallen - sie machen aber einen großen Anteil der Verletzten aus. Zum anderen reichen die derzeit zur Verfügung stehenden Testverfahren nicht aus, um über die Fahreignung Älterer zu entscheiden", sagt Spering. Denn Auto- und Fahrradfahren erfordere eine sehr komplexe körperliche und psychomentale Leistung, die über eindimensionale Tests, wie beispielsweise den Sehtest, nicht ermittelt werden könne. "Ein geeignetes Testverfahren muss noch gefunden werden. Dazu ist aber schlichtweg mehr Forschung nötig", sagt Spering, der als Vertreter der Fachgesellschaft auch im Vorstandsausschuss Verkehrsmedizin des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) mitarbeitet.
Um auf den zukünftigen Präventionsbedarf vorbereitet zu sein, hat die DGOU in einem ersten Schritt ihre Sektion Prävention mit einem Konzeptaufbau für die wissenschaftliche Erarbeitung eines mehrdimensionalen Testverfahrens - das die Anforderungen an die sichere Verkehrsteilnahme erheben kann - beauftragt. Prinzipiell vertritt die DGOU die Ansicht, dass ein Test- und Präventionsprogramm nötig ist, bei dem der Betroffene im Falle der fehlenden Fahreignung selbst zu der Einsicht kommt, dass er das Auto oder das Fahrrad besser stehen lassen sollte.
Hintergrund:
Um eine optimale unfallchirurgische Versorgung älterer Menschen zu ermöglichen, hat die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) 2014 die Initiative AltersTraumaZentrum DGU® gegründet. Sie ergänzt die bereits seit 2006 bestehende Initiative TraumaNetzwerk DGU®, deren Ziel die flächendeckende leistungsstarke Versorgung Schwerverletzter ist - 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr. Denn jährlich erleiden in Deutschland ca. 33.000 Menschen schwere Verletzungen bei Verkehrs-, Arbeits- oder Freizeitunfällen. Ihre Rettung und Behandlung ist ein Wettlauf gegen die Zeit, bei dem jeder Handgriff sitzen muss. An der Initiative TraumaNetzwerk DGU® nehmen gegenwärtig 649 Kliniken aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande, Belgien und Luxemburg teil. Die Kliniken haben sich regional und grenzüberschreitend zu 54 zertifizierten Traumanetzwerken zusammengeschlossen. So ist die deutsche Unfallchirurgie in der Lage, jedem Schwerverletzten an jedem Ort zu jeder Zeit bestmögliche Überlebenschancen unter standardisierten Qualitätsmaßstäben zu bieten und auch außerhalb der Ballungszentren eine optimale Versorgung zu gewährleisten.
Mit dem Unfallpräventionsprogramm P.A.R.T.Y. richtet sich die DGU an Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren. Ziel des P.A.R.T.Y.-Programms ist es, Jugendliche darin zu bestärken, dass sie im Straßenverkehr keine unnötigen Risiken eingehen. Es wird gegenwärtig an 40 deutschen Unfallkliniken und für insgesamt 100 Schulklassen pro Jahr angeboten. Das P.A.R.T.Y.-Programm zählt seit über 25 Jahren zu den erfolgreichsten Präventionsprogrammen weltweit. Es wurde ursprünglich in Kanada entwickelt, um der hohen Zahl an Verkehrsverletzten unter jungen Menschen entgegenzuwirken. In Deutschland setzt die AUC - Akademie der Unfallchirurgie das P.A.R.T.Y.-Programm seit 2012 im Auftrag der DGU um. Partner und Unterstützer der deutschen P.A.R.T.Y.-Initiative sind der Deutsche Verkehrssicherheitsrat e.V. (DVR) und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV).
Referenzen:
1) Statistisches Bundesamt (Destatis): Verkehrsunfallstatistik 2016
www.destatis.de
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU)
Pressestelle
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Telefon: (030) 340 60 36 00, Fax: (030) 340 60 36 01
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