Pressemitteilung | k.A.

Verkehrspolitik muss Weichen stellen

(Berlin) - Das deutsche Speditions- und Logistikgewerbe darf nicht im Stau einer diskriminierenden Verkehrs- und Abgabenpolitik stecken bleiben. Sonst verliere der Logistikstandort Deutschland immer mehr an Attraktivität und laufe Gefahr, von anderen Ländern überholt zu werden. Die Bundesregierung müsse handeln. Das forderte der Präsident des Bundesverbandes Spedition und Logistik (BSL), Manfred F. Boes, am 9. November vor Journalisten in Berlin anlässlich der Vorstellung eines Positionspapiers der Branchenvertretung zur Verkehrspolitik.

Verkehr, so der BSL-Chef, sei kein Selbstzweck, sondern abgeleitete Nachfrage. Wer Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Wohlstand wolle, müsse auch die daraus resultierenden Konsequenzen, nämlich Güterverkehr, akzeptieren. Und dazu brauche es funktionsfähige Logistikstrukturen.

In diesem Zusammenhang beklagte Boes die verkehrsfeindliche Standortpolitik der Bundesregierung. Logistik sei heute bereits ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Während dies vor allem in den westeuropäischen Nachbarländern bereits selbstverständlicher Bestandteil der Wirtschafts- und Standortpolitik sei, beharre Rot-Grün auf ihren für die Verkehrswirtschaft standortschädlichen Beschlüssen und drehe unbeirrt an der Abgabenschraube weiter. "Neben tausenden auf dem Spiel stehenden Unternehmensexistenzen und zigtausenden bedrohten Arbeitsplätzen gehe es auch um den Erhalt des Logistikstandortes Deutschland, der im Dumping-Wettbewerb mit den Nachbarstaaten durch ungleich höhere Steuer- und Abgabensätze bei uns aufs höchste gefährdet ist", warnte Boes. "Was nutzt das - verständliche - Schimpfen auf einseitig und absprachewidrig gewährte Entlastungen in anderen EU-Staaten, wenn die deutsche ,Saubermann-Politik zugleich das Ende zahlloser Existenzen bedeutet?"


Dramatische Wettbewerbssituation zur Chefsache machen

Der BSL-Präsident appellierte dringend an Bundeskanzler Gerhard Schröder, die dramatische Kostensituation des Gewerbes zur Chefsache zu machen. Handlungsbedarf bestehe jetzt. Denn die bereits weit auseinander klaffende Kostenschere im internationalen Speditions- und Logistik-Wettbewerb werde vom kommenden Januar an noch weiter gespreizt. Der Steuervorteil belgischer, französischer und niederländischer Lkw gegenüber einem deutschen Fahrzeug betrage dann, rechnete Boes vor, rund 40 Prozent. Die Branche fühle sich "abgehängt" und fordere deshalb eine Gleichstellung mit ihrer ausländischen Konkurrenz. Dazu müsse die Mineralölsteuer um mindestens zehn Pfennig gesenkt, die Kfz-Steuer auf europäisches Mindestmaß gebracht und der jährliche Automatismus der Ökosteuer abgeschafft werden.

Auch die von der so genannten Pällmann-Kommission vorgeschlagene und von Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt ab 2003 geplante Lkw-Maut dürfe nur aufkommensneutral gestaltet werden, machte Boes deutlich. Ansonsten stranguliere sie den gesamten Wirtschaftszweig. Die Wirtschaft sehe nicht ein, dass bisher aus Steuermitteln erbrachte Leistungen mit neuem Etikett umfirmieren und sie dadurch selbst die Unternehmensteuerreform mit fünf Milliarden Mark refinanzieren soll. Das halte man schlichtweg für Etikettenschwindel.


Schienengüterverkehr notfalls auch ohne DB Cargo

Die Bahnpolitik der Bundesregierung bezeichnete Boes als gescheitert. Sie sei ohne jegliche Perspektive. Immer mehr verliere der Verkehrsträger an Marktbedeutung, Leistungsverbesserungen seien nicht erkennbar. Die grundsätzlich verkehrsträgerneutrale Spedition sei darüber nicht glücklich. Sie hat, wie Boes berichtete, in mehreren Anläufen versucht, mit der Bahn konstruktiv zusammenzuarbeiten und gemeinsame Konzepte für einen attraktiveren Güterverkehr zu entwickeln. Doch solange man es dort vorziehe, in prestigeträchtige Personenverkehrsprojekte zu investieren, anstatt dem Güterverkehr freie Fahrt zu geben, könne der rasante Abwärtstrend nicht mehr gestoppt werden.

Was fehle, sei Wettbewerb. Den aber hätten so ziemlich alle Staatsbahnen in Europa bisher so gut wie verhindert.

Dem Modell Staatlicher Schienengüterverkehr - in welcher Rechtsform auch immer - räumt Boes keinerlei Chancen ein. Es sei zumindest bislang gründlich gescheitert. Die einzige Lösung sehe er darin, den Verkehrszweig konsequent als Wettbewerbsbranche zu organisieren. Dazu müssten Netz und Betrieb radikal getrennt und eine proaktiv für Wettbewerb sorgende Regulierungsbehörde installiert werden. Solange nämlich Netz und Betrieb in einer Hand lägen, so Boes, müsse man immer befürchten, dass auf der Schiene das Recht des Stärkeren gelte. "In letzter Konsequenz können wir uns den Güterverkehr auf der Schiene auch ohne DB Cargo vorstellen." Nur privates Kapital, so der Verbandspräsident, könne eine dauerhafte Trendwende bewirken.


Milliardenschäden durch verfehlte Infrastrukturpolitik

Eine weitere zentrale Forderung des BSL ist der bedarfsgerechte Ausbau der Infrastruktur. Knapp 2.000 Kilometer des Autobahnnetzes seien heute schon akut Stau anfällig. Dadurch gingen täglich Millionen Arbeitsstunden verloren, würden in der gleichen Zeit im Schnitt 33 Millionen Liter Sprit "verpufft" und Gesamtkosten von 550 Millionen Mark verursacht. Die von den Ländern erhobene Forderung nach jährlich vier Milliarden Mark zusätzlich halte man noch für ein absolutes Minimum. Dies sei, so Boes, die wichtigste Infrastrukturmaßnahme für den Logistikstandort Deutschland.

Das für 2003 angekündigte Anti-Stau-Programm komme, befürchtet er, deutlich zu spät, sei unterdotiert und kompensiere nicht einmal das, was die Bundesregierung jährlich streicht.

Ausdrücklich sprach sich Boes gegen eine "Verkehrsverhinderung durch Verkehrsbehinderung" aus. "Wer darauf setzt, dass Güter auf die Bahn verlagert werden, wenn der Lkw im Dauerstau untergeht, der übersieht die Realitäten und die Tatsache, dass die Bahn in der Fläche auch auf ihn angewiesen ist." Straßentransporte könnten nicht dadurch vermieden werden, dass man an der Abgaben- und Steuerschraube drehe. Güter lernten dadurch nicht das Umsteigen auf die Bahn. "Und außerdem", so Boes, "muss man sich fragen: Kann es sich eine Industrienation wie die deutsche im weltweiten Wettbewerb überhaupt leisten, den Standort durch noch höhere Logistikkosten zu belasten - von der auf Wirtschaft und Verbrauch zukommenden Kostenlawine einmal ganz zu schweigen."

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Spedition und Logistik e.V. (BSL) Pressekontakt: Barbara Rauch Weberstr. 77 53113 Bonn Telefon: 0228/914400 Telefax: 0228/9144099

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