Pressemitteilung | Deutsche Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V. (DGE)

Vergessenes Testament mit großen Folgen / Leichtfertiger Umgang führt zu jahrelangen Rechtsstreiten

(Bonn) - Nicht selten werden nach dem Tode eines Menschen handschriftliche Testamente aufgefunden, von denen niemand so recht weiß, wie diese nun zu verstehen oder auszulegen sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach dem Tode ältere Testamente aufgefunden werden, in denen Personen zu Erben eingesetzt sind, die selbst zwischenzeitlich verstorben sind. Ein derartiger Fall, so Wolfgang Kastner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V., beschäftigte kürzlich die Gerichte in gleich drei Instanzen.

In diesem, letztinstanzlich vom Bayerischen Obersten Landesgericht – AZ.: 1 Z BR 15/00 – entschiedenen Fall war ein unverheirateter Metzgermeister ohne eigene leibliche Kinder im Jahr 1998 verstorben, der über vierzig Jahre mit einer Lebensgefährtin zusammengelebt hatte, die wiederum verwitwet war und einen Sohn aus erster Ehe hatte. Ihr Sohn war bereits im Jahre 1957 aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen und hatte später selbst Familie gegründet. Die Lebensgefährtin des Metzgermeisters verstarb 1992. Nach dem Tode des Metzgermeisters im Jahre 1998 wird nun zwischen einem „Stapel alter Zeitungen“ ein formwirksam handschriftlich verfasstes und unterschriebenes Testament von ihm mit folgendem Wortlaut gefunden: „Nach meinem Ableben ist meine Lebensgefährtin ...... Alleinerbe. Warum ich so entschieden habe, brauche ich meinen Geschwistern nicht zu erklären. Bitte versteht meinen Entschluss.“ – Ort, Datum, Unterschrift –

Zwei noch lebende Geschwister des Metzgermeisters sowie insgesamt fünf Kinder zweier bereits vorverstorbener Geschwister des Metzgermeisters beantragen daraufhin bei Gericht die Erteilung eines Erbscheins, der sie als gemeinschaftliche Erben des Metzgermeisters ausweisen soll. Sie vertreten die Auffassung, dass das aufgefundene Testament aus dem Jahre 1977 „hinfällig“ ist, da die dort eingesetzte Erbin bereits 1992 vorverstorben und ein anderer Erbe im Testament nicht benannt sei. Dagegen wendet sich der noch lebende Sohn der Lebensgefährtin. Er vertritt die Auffassung, dass er anstelle seiner Mutter nun alleiniger Erbe geworden sei, auch wenn er im Testament nicht ausdrücklich erwähnt sei, denn: Auf keinen Fall habe der Erblasser gewollt, dass seine Geschwister ihn beerben, was aus der Formulierung „Bitte versteht meinen Entschluss, (dass ich Euch nicht bedenke)“, herzuleiten sei. Dieser Rechtsstreit ging durch drei Instanzen und wurde schließlich vom Bayerischen Obersten Landgericht zugunsten der Geschwister und Nichten und Neffen des Verstorbenen entschieden. „Der Fundort zwischen einem alten Stapel Zeitungen“, so das Gericht, „ließe darauf schließen, dass der Verstorbene dem Testament keine Bedeutung mehr beigemessen und es offensichtlich vergessen habe.“ Offensichtlich habe der Erblasser im Jahre 1977 nur seine Lebensgefährtin absichern wollen, weswegen er auch seine Geschwister in dem Testament „um Verständnis“ gebeten habe. Schließlich habe der Erblasser den Sohn der Lebensgefährtin in dem Testament auch nicht erwähnt und auch die Tatsache, dass der Metzgermeister in der Zeit von 1992 (Tod der Lebensgefährtin) bis zu seinem eigenen Tod 1998 kein neues Testament zugunsten des Sohnes der Lebensgefährtin habe, spräche dagegen, dass er diesen bedenken wolle. Damit war das Testament mangels Benennung eines Ersatzerben mit dem Tode der Lebensgefährtin im Jahre 1992 hinfällig, so dass die Geschwister und Geschwisterkinder als nächste noch lebende Verwandte aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu Erben berufen seien.

Dieses Urteil zeigt, dass Testamente, die keine Gültigkeit mehr haben oder haben sollen, unbedingt vernichtet oder durch ein neues Testament ersetzt werden müssen, um darauf nach dem Tode nicht jahrelang andauernde Rechtsstreite unter Verwandten und tatsächlich oder vermeintlich Bedachten entstehen zu lassen. Vor diesem Hintergrund gilt es, insbesondere ältere Testamente von Zeit zur Zeit dahingehend zu überprüfen, ob der darin niedergelegte Letzte Wille noch mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmt und bei jeder Art von Zweifel stattdessen ein neues, eindeutiges Testament zu verfassen.

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Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V. Simrockallee 27, 53173 Bonn Telefon: 0228/935570, Telefax: 0228/9355799

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