Verdi lässt zukunftsweisenden Tarifabschluss im Hamburger Groß- und Außenhandel scheitern
(Hamburg) - Aus ideologischen Gründen ist ein zukunftsweisender Tarifabschluss im Hamburger Groß- und Außenhandel jetzt gescheitert. Mit diesen Worten kommentierte der Verhandlungsführer des AGA Unternehmensverbandes, Dr. Wolfram Konertz, die jetzt erfolgte Ablehnung des bereits am 16. Januar 2006 erzielten und von beiden Seiten paraphierten Verhandlungsergebnisses durch den Landesbezirk Hamburg der Gewerkschaft Verdi. Mit Ablauf der mehrmals verlängerten Erklärungsfrist hat Verdi dem AGA letzten Freitag (31. März 2006) mitgeteilt, dass sie dem gefundenen Tarifkompromiss nicht zustimmt.
In der tarifpolitischen Praxis seien Verhandlungsergebnisse, die die Unterschriftskürzel der Verhandlungsführer trügen, verbindliche Vorverträge, die nur noch von den regionalen Tarifkommissionen abgesegnet werden müssten, erläuterte Konertz. Das sei üblicherweise eine Formalie und geschehe in der Regel innerhalb kurzer Zeit.
Nach mehr als zehn Wochen Bedenkzeit habe Verdi das Verhandlungsergebnis jetzt jedoch abgelehnt. Das ist für uns schlicht nicht nachzuvollziehen. Offenbar hat die Gewerkschaftszentrale in Berlin aus politischen Gründen ihr Veto gegen den Hamburger Kompromiss eingelegt. Verdi stellt damit sowohl die Zukunft der regionalen Tarifautonomie als auch die Zukunft des Flächentarifvertrages in Frage, so Konertz.
Der nunmehr abgelehnte neue Rahmentarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Hamburger Wirtschaftsraum sieht unter Beibehaltung der wöchentlichen Regelarbeitszeit von 38,5 Stunden unterschiedliche Arten der Flexibilisierung der Arbeitszeit vor.
Unter anderem wurde vereinbart, dass auf Wunsch der Mitarbeiter zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie einzelvertraglich die Wochenarbeitszeit auch um bis zu 1,5 Stunden bei entsprechender Anhebung des tariflichen Entgeltes verlängert werden kann. Plötzlich verbindet Verdi diese von Mitarbeitern wählbare Regelung mit der Grundsatzdiskussion um die 40-Stunden-Woche. Für uns ist das absurdes Theater, zumal die Beschäftigten das Recht haben, mit einer Ankündigungsfrist von drei Monaten zur Arbeitszeit von 38,5 Stunden zurückzukehren. Das nach mehr als anderthalb Jahren und etlichen Verhandlungsrunden zustande gekommene Ergebnis ist ein höchst komplexes Gebilde, bei dem einzelne Regelungen nicht nachträglich geändert werden können, ohne den Charakter des Kompromisses zu verändern und damit auch das Gesamtpaket in Frage zu stellen, so Konertz. Es sei ein merkwürdiges Verständnis von Tarifautonomie, wenn die tarifpolitische Großwetterlage regionale Verhandlungsergebnisse verhindert, die einvernehmlich im Interesse der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter erzielt worden seien.
Zum Hintergrund: Der AGA hatte den Rahmentarif für den Groß- und Außenhandel im Hamburger Wirtschaftsraum im Sommer 2004 zum Ende des Jahres 2004 gekündigt. Kernziel des AGA ist es, bei ausdrücklicher Beibehaltung der bisherigen Regelarbeitszeit flexiblere Arbeitszeiten für die überwiegend mittelständischen Groß- und Außenhandelsunternehmen zu erreichen. Nach langwierigen Verhandlungen wurde am 16. Januar 2006 ein Verhandlungsergebnis erzielt und von beiden Seiten paraphiert. Am 18. Januar hatte der Verdi-Verhandlungsführer auf Grundlage des Verhandlungsergebnisses gegenüber der Presse sogar öffentlich erklärt, dass er sicher sei, in Kürze einen neuen Rahmentarifvertrag vorweisen zu können. Am 26. Januar stimmte die Große Tarifkommission des AGA Unternehmensverbandes erwartungsgemäß einstimmig dem neuen Rahmentarifvertrag zu. Auch die Zustimmung der Tarifkommission der Gewerkschaft Verdi galt als sicher. Die ursprüngliche vereinbarte Erklärungsfrist lief am 30. Januar aus. Sie wurde im gegenseitigen Einvernehmen zunächst bis zum 13. Februar, dann bis zum 31. März 2006 verlängert.
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