Pressemitteilung | (vzbv) Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.

Verbraucherverbände protestieren gegen Abschaffung der Speisewagen bei der Bahn

(Berlin/Frankfurt) - Mit einem "eat in" haben Verbraucherverbände gegen die Abschaffung der Speisewagen bei der Deutschen Bahn AG protestiert. Die Vorsitzenden des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), des Fahrgastverbandes Pro Bahn und der deutschen Slow Food-Bewegung besetzten am 14. Juni symbolisch eines der letzten noch verkehrenden ICE-Bord-Restaurants im ICE 793 auf der Strecke Berlin-Frankfurt am Main. Die vier Organisationen und die Verbraucherzentralen starteten gleichzeitig eine bundesweite Postkartenaktion, mit der Verbraucher bei Bahn-Chef Mehdorn gegen die Pläne der Bahn protestieren können. Die Postkarte ist auch als Download im Internet unter www.die-kraft-der-verbraucher.de <http://www.die-kraft-der-verbraucher.de> zu finden.

"Das neue Gastronomiekonzept der Deutschen Bahn ist ein weiteres Symbol für den Abbau von Fahrgastservice," sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. "Es ist ein Punkt erreicht, wo wir sagen: Hier zeigen wir der Bahn die rote Kelle." Mit der Abschaffung der Speisewagen verspiele die Bahn ohne Not schon zum zweiten Mal einen einzigartigen Vorteil des Zugfahrens gegenüber dem Flugzeug - bereits das neue Tarifsystem der Bahn mit dem Zwang zu möglichst frühzeitiger Ticketbuchung verbinde "die Nachteile des Fliegens mit den Nachteilen des Bahnfahrens."

Als Zumutung für die Reisenden bezeichnete der Vorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, den Ausbau der Am-Platz-Bedienung in den Fernzügen. "Bisher konnte man im Speisewagen ungestört essen, konnten sich Fahrgäste aus der 1. und 2. Klasse dort treffen," so Naumann. "Wer dagegen die Bahnfahrt künftig für die Arbeit am Laptop nutzen möchte, wird sich an den Geruch von Erbsensuppe, an Sandwich-Krümel auf der eigenen Hose und auf der des Sitznachbars gewöhnen müssen."

"Ein Bündnis für Reisekultur" forderte der stellvertretende Vorsitzende von Slow Food Deutschland e.V., Hans-Georg Pestka. "Wir begrüßen, dass die Bahn als Verkehrsmittel schneller wird. Es kann aber nicht sein, dass schnelles Reisen automatisch mehr Fast Food bedeutet," so Pestka. Der Speisewagen sei gerade für Vielfahrer und Geschäftsreisende ein letzter Ort der Ruhe und der Besinnung in einem sich ständig beschleunigenden Tagesablauf. Als schwachen Trost bezeichnete Pestka die Absicht der Bahn, bei den verbleibenden Gastronomieangeboten mehr regionale und saisonale Produkte anzubieten.

Die Teilnehmer des eat ins wurden am Frankfurter Hauptbahnhof vom Präsidenten des Spitzenkoch-Verbands Eurotoques Deutschland-Österreich-Schweiz, Ernst-Ulrich Schassberger, und der Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Hessen, Jutta Gelbrich, begrüßt. Bei einem Imbiss in der Verbraucherzentrale Hessen bot Schassberger einen Vorgeschmack dessen, was die Bahn-Reisenden beim Speisen auf Reisen in Zukunft erwarten dürfte - und wie die Bahn es anders machen könnte.

Eurotoques-Präsident Ernst-Ulrich Schassberger forderte die Verantwortlichen der Bahn auf, nicht die Speisewagen abzuschaffen, sondern durch natürliche Lebensmittel das Angebot qualitativ aufzuwerten. "Im Speisewagen haben die Reisende die Möglichkeit, natürliche Lebensmittel ohne Stabilisatoren, ohne Zusatzstoffe und ohne Geschmacksverstärker serviert zu bekommen. Dies ist beim geplanten "Am-Platz-Service" nicht mehr möglich," so Schassberger. "Die Bahn tut ihren Reisenden nichts Gutes, sondern fördert dadurch die Allergien und die Diabetes."

"Verbesserter Service am Platz" - das plant die Bahn

Das neue Gastronomiekonzept der Deutschen Bahn AG soll ab August 2002 zunächst bei den ICE3-Zügen und ab 2003 auf allen übrigen Fernstrecken eingeführt werden. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

- die Speisewagen und ICE-Bordrestaurants werden abgeschafft - stattdessen soll "der ganze Zug zum Restaurant" werden

- aus den Speisewagen werden Bistros - kleiner, enger, mit Stehtischen und kleinerer Karte; durch den frei werdenden Platz sollen noch mehr Sitzplätze untergebracht werden

- der Am-Platz-Service wird ausgebaut: mit "hochwertigem Angebot" in der 1. Klasse, mit "leichten, kleinen Gerichten in der 2. Klasse"

- ob der Am-Platz-Service auch in vollen Zügen durchkommt ist ungewiss - "das wird man sehen", so die Bahn.

Quelle und Kontaktadresse:
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Markgrafenstr. 66 10969 Berlin Telefon: 030/258000 Telefax: 030/2580018

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