Verbraucher-Pisa: Konsumentenschutz in Deutschland nur Mittelmaß / Vergleich in zehn OECD-Staaten zeigt Schwächen vor allem im Rechtswesen
(Berlin) - Deutschland ist im internationalen Vergleich im Verbraucherschutz nur Mittelmaß. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse einer jetzt veröffentlichten Studie über den Stand des Verbraucherschutzes in zehn OECD-Staaten. Die Untersuchung war vom britischen Ministerium für Handel und Industrie erstellt worden. Sie untersucht die Standards beim Verbraucherschutz in den Punkten Gesetzgebung und Rechtsdurchsetzung in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Niederlande, Dänemark, USA, Kanada und Australien. Auch dem britischen Verbraucherschutzsystem attestiert der Bericht gravierende Schwächen.
Der Bericht stellt fest, dass trotz der Neugründung des Bundesverbraucherministerium der wirtschaftliche Verbraucherschutz für die Bundesregierung nur eine geringe Priorität habe. Die Verbraucherschutzgesetze und das Verhalten der Behörden tragen wenig dazu bei, das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen Verbrauchern und Unternehmen auszugleichen, so die Autoren.
Der Bericht hebt hervor, dass es für deutsche Verbraucher im internationalen Vergleich besonders teuer und aufwendig sei, ihre Ansprüche gegenüber Firmen vor Gericht durchzusetzen. So seien die Möglichkeiten für außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren in Deutschland unterentwickelt, die Verfahrenskosten vor Gericht dagegen relativ hoch. Anders als in den USA, Großbritannien oder Australien müssten Unternehmen in Deutschland oder Japan kaum befürchten, von Konsumenten wegen des Verstoßes gegen Verbraucherschutzgesetzen gerichtlich belangt zu werden. Zwar hätten die Verbraucherzentralen und der vzbv wirksame Instrumente zur Durchsetzung der Verbraucherrechte. Wegen des geringen Budgets der Verbraucherorganisationen könnten diese Instrumente jedoch nicht ausreichend genutzt werden.
Der vzbv forderte, die Defizite bei den Verbraucherrechten in Deutschland abzubauen. Dazu sind die folgenden Schritte notwendig:
- die Stärkung alternativer und kostengünstiger Streitschlichtungsverfahren
- die Schaffung individueller Rechtsansprüche für Verbraucher bei unfairen Geschäftspraktiken wie irreführender Werbung
- die Schaffung von Auskunfts- und Informationsansprüchen der Verbraucher gegenüber Unternehmen
- die Einführung effektiver Schadensersatzansprüche für Verbraucher, etwa bei Kapitalanlagen, unterstützt durch eine ausreichend lange Verjährungsfrist und eine Beweislastumkehr
- eine verbesserte finanzielle Ausstattung der Verbraucherzentralen.
Kritisiert wird auch die Verbraucherpolitik der Europäischen Union. Trotz der Einführung eines rechtlichen Kapitels für Verbraucherschutz in den Vertrag von Maastricht, gibt es bis heute wenig Hinweise, dass Verbraucherinteressen tatsächlich in anderen Politikfeldern berücksichtigt werden, so die Studie. Die Behörden sind in Sachen Verbraucherschutz vor allem in den USA und in Australien besonders aktiv.
Ausführlich befasst sich die Studie mit den Erfahrungen mit freiwilligen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft im Verbraucherschutz. In allen untersuchten Ländern habe sich der Selbstregulierungsansatz immer wieder als drittbeste Lösung erwiesen wesentlich wirksamer seien allgemeine gesetzliche Regelungen (wie zum Vertrags- oder Haftungsrecht) oder sektorspezifische Gesetzen (wie zum Anlegerschutz oder für Lebensmittelsicherheit). Verhaltenskodices und Selbstverpflichtungen seien nur dann sinnvoll, wenn bei einem Verstoß spürbare Sanktionen griffen.
Die Studie "Comparative Report on Consumer Policy Regimes" finden Sie im Internet auf der Website des britischen Ministeriums für Handel und Industrie (DTI).
Quelle und Kontaktadresse:
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