Pressemitteilung | Bauherren-Schutzbund e.V.

Verbraucher am Bau aus dem Abseits holen

(Berlin) - Wohneigentum nimmt auf der Wunschliste der Deutschen nach wie vor einen unangefochtenen Spitzenplatz ein. Wie Meinungsumfragen des BSB im Herbst vergangenen Jahres zeigten, sind die Verbesserung der Wohnqualität mit 76 Prozent und die private Altersvorsorge mit 70 Prozent Hauptmotive für die eigene Immobilie. Deren langfristige Wertsteigerung fällt allerdings nur mit 16 Prozent in die Waagschale.
Als größte Hemmnisse für die Immobilienentscheidung sieht mehr als die Hälfte der Befragten die unsichere Situation auf dem Arbeitsmarkt (56 Prozent) in Verbindung mit den hohen Kreditbelastungen (55 Prozent) - gefolgt von zu hohen Grundstückspreisen (54 Prozent) und Baukosten (50 Prozent).

Großes wirtschaftliches Engagement beim Bauen im Bestand
Angesichts demografischer Veränderungen in den Städten und gewandelten politischen Rahmenbedingungen wächst das Interesse am Bauen im Bestand und am Bestandserwerb. Private Bauherren, Immobilienerwerber und Eigentümer zeigen hier ein großes wirtschaftliches Engagement.
Nach Schätzungen der LBS wurden bei einem Gesamtvolumen von 236 Mrd. Euro im vergangenen Jahr 35 Prozent des Geldes für den Kauf gebrauchter Immobilien und 39 Prozent für Umbau und Modernisierung verwendet.

Zahlreiche Unwägbarkeiten für Verbraucher
Das große finanzielle Risiko, konstatiert der bundesweit arbeitende Bauherren-Schutzbund, das private Bauherren bei der Erfüllung ihres Lebenstraumes auf sich nehmen, wird durch zahlreiche Unwägbarkeiten vergrößert. Verbraucher am Bau bewegen sich auf einem undurchsichtigen Markt. Sie müssen sich mit Informationsdefiziten zum Haus- und Wohnungskauf, mit unklaren Angeboten, unkonkreten Preis-Leistungsvergleichen und später oft erheblichem Baupfusch herumschlagen. Sie sitzen gegenüber den Unternehmen am kürzeren Hebel und sind durch Verbraucherschutzgesetze nur unzureichend gesichert. „So können – was viele Immobilieninteressenten nicht wissen und worüber sie häufig nicht aufgeklärt werden – einmal unterzeichnete Hausbau- oder Kaufverträge nur in eng begrenzten Ausnahmefällen widerrufen werden. Ein Rücktrittsrecht wie bei anderen Waren und Dienstleistungen fehlt für Bauverträge in den neuen Verbrauchergesetzen“, erläutert der 1. Vorsitzende des BSB Peter Pirovits rechtliche Defizite.

Widerspruch zwischen langfristigen Investitionen und kurzlebiger Politik
Pirovits bezeichnet es als „Gebot sozialer Verantwortung und wirtschaftlicher Vernunft“, den Verbraucherschutz für private Bauherren, Immobilienerwerber und Modernisierer zu verbessern und ihre Verbraucherrechte zu stärken. „Verbraucher am Bau müssen aus dem Abseits geholt und anderen Verbrauchern gleich gestellt werden“, fordert er. An die Adresse der Politik gerichtet, kritisiert der BSB-Vorsitzende: „Bei der Entwicklung von Wohneigentum klafft seit Jahren der Widerspruch zwischen der Langfristigkeit privater Investitionen, ihren Auswirkungen auf die Lebensplanung und den Schwankungen in den Leitlinien der Politik.“ Für die Schaffung von Wohneigentum und Erhaltung des Wohnungsbestandes würden verlässliche Rahmenbedingungen auf lange Sicht gebraucht.

Konkrete Vorschläge für mehr Rechtssicherheit
Bereits seit Jahren macht sich der BSB als bundesweit einzige gemeinnützige Verbraucherschutzorganisation im Bau- und Immobilienbereich für den Dialog zwischen Politik, Gesetzgeber, Bauwirtschaft und privaten Bauherren stark. Dem Bundestag und den zuständigen Bundesministerien für Bau, für Justiz und für Verbraucherschutz wurden konkrete Vorschläge zur Verbesserung des Verbraucherschutzes beim Erwerb von Wohneigentum übergeben, die in der Fachwelt auf große Resonanz stießen. Vor allem beim sehr häufigen Hauskauf über Bauträger gibt es rechtliche Defizite.
Diese Vorschläge sind darauf gerichtet, die Rechtssicherheit durch ausreichende Prüfungsmöglichkeiten der Bauverträge zu stärken, den Inhalt von Teilungserklärungen zu erweitern und die Transparenz bei Bau- und Leistungsbeschreibungen durch gesetzliche Mindeststandards zu erhöhen. Pionierarbeit hat der BSB bei der Erarbeitung einer im vergangenen Jahr vom Bundesbauministerium herausgegebenen Broschüre zu Mindestanforderungen für Bau- und Leistungsbeschreibungen geleistet, in die weitgehend Erfahrungen der BSB-Berater und tausender Bauherren eingeflossen sind.
Angesichts der Tatsache, dass 18,5 Prozent der befragten Bauherren mit Firmeninsolvenzen konfrontiert sind, fordert der Bauherren-Schutzbund e.V. gemeinsam mit anderen Verbänden, der Gesetzgeber solle Unternehmen zu Sicherheitsleistungen für Erfüllung und Gewährleistung bei Bauverträgen mit Verbrauchern verpflichten und gesetzliche Regelungen für Abschlagszahlungen schaffen.

Erwartungen privater Bauherren besser gerecht werden
„Private Bauherren benötigen Rechtssicherheit bei Vertragsabschluss, brauchen Kostentransparenz und haben Anspruch auf fachgerechte, mängelfreie Ausführung ihres Bauwerkes nach den anerkannten Regeln der Technik“, erläutert Pirovits weitere Forderungen des BSB an modernen Verbraucherschutz. „Mit Blick auf die Zukunft stellt sich auch die Frage, wie Bauwirtschaft und Handwerk, Architekten und Ingenieure besser als bisher auf die Vorstellungen und Bedürfnisse dieser privaten Investoren eingehen können. Umfang und Niveau der Dienstleitungen im Immobilienbereich hinken noch immer weit hinter den Verbraucherinteressen hinterher“, konstatiert der BSB-Vorsitzende. Dabei eröffneten sich großen Chancen, neue Marktpotenziale - vor allem beim Bauen im Bestand - durch eine stärkere Hinwendung zum Verbraucher zu erschließen.

Altbau mit Zukunft - neues Beratungsangebot
Die erheblichen Risiken für private Bauherren überschaubarer zu machen, hält der 1995 in Berlin und Brandenburg gegründete, jetzt bundesweit agierende Bauherren-Schutzbund ein umfassendes Beratungsangebot durch inzwischen 60 Regionalbüros bereit. Diese Leistungen für die Vereinsmitglieder werden von der rechtlichen Unterstützung durch 60 auf Baurecht spezialisierte BSB-Vertrauensanwälte ergänzt. Jedes vierte Vereinsmitglied nimmt im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb eine Rechtsberatung wahr.

Als Mitglied im Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung e.V. bietet der BSB unter dem Motto „Altbau mit Zukunft“ seit vergangenem Jahr eine spezielle Verbraucherberatung an.
Jährlich wenden sich Tausende mit der Bitte um Fachinformation und Beratung an den BSB - 2003 allein 55.000 via Internet. Bereits jede vierte Anfrage – in einigen Bundesländern jede zweite – kommt dabei aus dem Altbaubereich. Immer mehr Bauwillige suchen den Rat der Verbraucherschutzorganisation bereits im Vorfeld ihrer Entscheidung für eine Immobilie – sei sie neu oder gebraucht.

Komplizierter Altbau wird oft unterschätzt
Fast 75 Prozent der Altbau-Immobilienerwerber erwarten Hilfe bei der Beurteilung von Bausubstanz und Werthaltigkeit der angebotenen Objekte sowie beim Erkennen von Schäden und Baumängeln. Notwendig ist ebenso Unterstützung bei der Ermittlung des Sanierungsbedarfs, bei Kostenschätzung und Vertragsverhandlung. Während des Bauvorhabens ist die baubegleitende Qualitätskontrolle durch BSB-Bauherrenberater zunehmend gefragt.
Die Anforderungen an Verbraucherberatung sind im Altbau wesentlich höher als im Neubaubereich, weil die Probleme fachlich sehr komplex sind. Gerade im Bereich Altbau setzt der BSB auf den Erfahrungsaustausch mit der Bauwirtschaft, der Baustoffindustrie, der Bauforschung und dem Handwerk.

Mängelsituation bei Neu- und Altbau unverändert dramatisch
Eine Untersuchung des Bauherren-Schutzbundes aus dem vergangenen Jahr offenbart sowohl im Neu- als auch im Altbau ein gleichermaßen dramatisches Bild: Ein Viertel der Bauschäden bewegt sich zwischen 5.000 und 15.000 Euro, ein weiteres Viertel zwischen 15.000 und 50.000 Euro.
Bei der Analyse von einhundert Altbauvorhaben von Vereinsmitgliedern – vor allem Sanierung und Modernisierung von Ein- und Zweifamilienhäusern – zeigten sich große Mängelhäufigkeiten.
Mit 34 Prozent stehen Mängel bei Kellerabdichtungen an der Spitze, danach kommen zu 28 Prozent Mängel bei der Erneuerung der Entwässerung, gefolgt von denen beim nachträglichen Wärmeschutz, der Abdichtung von Fenstern und Türen. Mit 15 bis 20 Prozent sind auch Mängel beim nachträglichen Schallschutz, der Sanierung des Außenmauerwerks, des Putzes und des Daches erheblich, gefolgt von nicht fachgerechter Erneuerung der Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallation.
Eine Studie des mit dem BSB durch gegenseitige Fördermitgliedschaft verbundenen Instituts für Bauforschung e.V. Hannover zu „Bauschäden beim Bauen im Bestand – Schadensursachen und Schadensvermeidung“ schätzt ein, dass bei einem Drittel der untersuchten Schadensfälle die Mängelbeseitigungskosten den Wert der beauftragten Bauleistung um ein Vielfaches übersteigen. Sachverständige und Bauherren benennen im Altbau deutlich höhere Nachbesserungskosten als im Neubau.

Neu: BSB darf abmahnen und auf Unterlassung klagen
In Anerkennung seiner Arbeit als gemeinnützige Verbraucherschutzorganisation wurde der BSB durch das Bundesverwaltungsamt in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß dem Unterlassungsklagegesetz eingetragen. Damit darf der Verein Unternehmen bei unzulässigen allgemeinen Geschäftsbedingungen und verbraucherfeindlichen Praktiken abmahnen und auf Unterlassung klagen. „Damit ist dem Bauherren-Schutzbund ein wesentliches Instrument zur Vertretung bauorientierter Verbraucherinteressen und Stärkung der Verbraucherrechte in die Hand gegeben“, kommentiert der Berliner BSB-Vertrauensanwalt Dr. Bernhard-Dietrich Breloer. „Wir werden mit Augenmaß davon Gebrauch machen.“

Quelle und Kontaktadresse:
Bauherren-Schutzbund e.V. Kleine Alexanderstr. 9/10, 10178 Berlin Telefon: 030/3128001, Telefax: 030/31507211

NEWS TEILEN: