Verbände fordern Runden Tisch zur Konfliktlösung
(Düsseldorf) - Gutachten stuft Verhalten der Wölfin GW954f als nicht auffällig ein / Konsequenten wolfsabweisenden Herdenschutz, bessere Finanzierung und klare Entnahmekriterien zügig umsetzen
Die Wölfin GW954f auch bekannt als "Gloria von Wesel" ist nicht auffällig, das Verhalten des Rudels entspricht dem anderer Rudel in Deutschland, so die Einschätzung der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW). Die Verbändeplattform Wölfe und Weidetiere NRW, ein freiwilliger Zusammenschluss von Bioland, dem Bundesverband Berufsschäfer, der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe, dem NABU NRW, dem Schafzuchtverband NRW und Wikiwolves, begrüßt ausdrücklich, dass das Umweltministerium ein Gutachten bei der DBBW zur erweiterten Bewertung der Rissgeschehen im Raum Schermbeck eingeholt hat. Das Gutachten soll im deutschlandweiten Vergleich aufzeigen, wie das Verhalten der Wölfin GW954f einzustufen ist.
Das Ergebnis des Gutachtens wird von den einzelnen Verbänden der Plattform jedoch unterschiedlich bewertet. Von Naturschutzseite aus sieht man sich darin bestärkt, dass vorgefundene, unzureichende Herdenschutzmaßnahmen die Übergriffe auf Weidetiere stark erleichtert haben, die Wölfin also nicht verhaltensauffällig ist. Die Weidetierhalter verweisen darauf, dass dennoch von der Wölfin unstrittig eine permanente Gefahr für die Weidetiere ausgeht. Einig sind sich die Verbände wiederum darin, dass diese Gefährdung unbedingt abgewehrt werden muss.
"Wir müssen uns auf das konzentrieren, was bei einer guten Koexistenz von Wolf und Weidewirtschaft entscheidend ist, einen konsequent und effektiv umgesetzten Herdenschutz. Und zwar überall da, wo es Wölfe gibt", erklärt Christian Chwallek, stellvertretender Vorsitzender des NABU NRW. Denn Wölfe lernen schnell. Seien Weidetiere keine leichte Beute mehr, wenden sie sich auch wieder stärker den Wildtieren zu.
Dazu müssen dringend die zumutbaren Herdenschutzmaßnahmen getroffen und finanziert werden. "Die Beratung insbesondere der Kleinsthalter sollte flächendeckend intensiviert werden.", meint Nicole Kronauer von der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V.
Auch herrscht unter den Verbänden Einstimmigkeit darüber, dass Wölfe, die die "rote Linie" überschritten haben, entnommen werden sollen, wenn zumutbare, sanftere Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Diese Meinung teilen auch die Behörden, denn sie entspricht den aktuellen rechtlichen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG).
"Warum diese Wölfin Weidetiere regelmäßig auf ihren Speiseplan genommen hat, ist inzwischen unerheblich. Von ihr geht völlig unstrittig eine Gefahr für die Weidetiere aus. Die gilt es abzuwenden. Das ist auch die entscheidende Rechtsgrundlage für eine Entnahme," so Günther Czerkus, Vorsitzender des Bundesverband Berufsschäfer. Ob eine solche rote Linie hier nicht überschritten wurde, sei nach wie vor strittig, meint auch der Schafzuchtverband NRW. Zwar gebe es generell die Möglichkeit auffällige oder als problematisch eingestufte Wölfe nach §45 des Bundesnaturschutzgesetzes zu entnehmen, doch würden die bereits bestehenden und bekannten Kriterien von den unterschiedlichen Interessengruppen ebenso unterschiedlich interpretiert.
Diese Kriterien zu konkretisieren sei aus Sicht der Verbändeplattform aber der dringende nächste Schritt. Derzeit wird im Auftrag und für die nächste Umwelt- und Agrarministerkonferenz von einer Bund-Länderarbeitsgruppe ein konkretisierender Handlungsleitfaden zu §45 des BNatschG erarbeitet- die Gelegenheit, konkrete Entnahmekriterien für auffällige Wölfe festzulegen, um die Interpretationsspielräume und damit die Ursache für Bewertungsunterschiede weiter einzuschränken.
Die Plattform fordert das Umweltministerium auf, eine Gesprächsrunde zu installieren, die in solchen noch strittigen Fragen den Behörden und entsprechenden Runden Tischen zuarbeitet. Im Interesse der Allgemeinheit, zum Wohle der Weidetiere wie auch in letzter Konsequenz für die Akzeptanz der Wölfe in der Gesellschaft sollten Konflikte um den Rückkehrer Wolf zügig mit allen Betroffenen gemeinsam gelöst werden.
Hintergrund
Die Verbändeplattform Wölfe und Weidetiere NRW ist ein Zusammenschluss von Bioland, dem Bundesverband Berufsschäfer, der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe, dem NABU NRW, dem Schafzuchtverband NRW und Wikiwolves. Seit 2016 dient dieser freiwillige Arbeitskreis zwischen Schäfern, Landwirten, Natur- und Artenschützern dem gemeinsamen Austausch. Er will unter anderem das gegenseitige Verständnis fördern, aber auch konkrete Lösungen erarbeiten, um den Konflikt Wolf und Weidetiere zu entschärfen und so letztendlich die Akzeptanz für den Wolf zu steigern.
Quelle und Kontaktadresse:
(NABU) Naturschutzbund Deutschland Landesverband Nordrhein-Westfalen
Birgit Königs, Pressesprecherin
Völklinger Str. 7-9, 40219 Düsseldorf
Telefon: (0211) 159251-0, Fax: (0211) 159251-15
Christian Chwallek, stellvertretender Vorsitzender NABU NRW,
Mobil: 0172 30 50 359, Mail: christian.chwallek@nabu-nrw.de
Thomas Pusch, Sprecher des Landesfachausschusses Wolf im NABU NRW,
Mobil: 0170 21 58 624, Mail: t.pusch@nrw-wolf.de
Günther Czerkus, Vorsitzender des Bundesverband Berufsschäfer,
Mobil: 017671637178, Mail: czerkus@berufsschaefer.de
Thomas Golz, Sprecher des Bundesverband Berufsschäfer für NRW,
Mobil: 0179 63 47 330, Mail: Thomas.Golz@berufsschaefer.de
Ortrun Humpert, Vorsitzende des Schafzuchtverband NRW,
Tel.: 05277/282,Mail: info@schaeferei-humpert.de
Joachim Koop, Landesvorsitzender Bioland NRW,
Mobil: 0160 700 37 19, Mail: achim.koop@gmail.com
Nicole Kronauer, Vorstandsmitglied der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V., Tel.: 0201/780672, Mail: nicole.kronauer@gzsdw.de
Steffi Sakowitz, Ansprechpartnerin für NRW WikiWolves,
Mail: nrw@wikiwolves.org