"Verantwortungslos, unsozial und von geringer Sachkenntnis" / KZBV zum Vorschlag, Zahnbehandlungen aus der GKV zu nehmen
(Berlin) - Bis zum 31. Mai sollte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach weitere Vorschläge zur Stabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen vorlegen. Doch bevor die angekündigten Reformvorschläge des Gesundheitsministers überhaupt bekannt sind, verkündet die erste Gesetzliche Krankenkasse just zu diesem Zeitpunkt öffentlichkeitswirksam ihre Forderungen nach Leistungskürzungen.
Offensichtlich aus Unkenntnis und aus der Hüfte mit Vorschlägen schießend, ließ sich Ralf Hermes, Krankenkassenbetriebswirt und Vorstand der IKK - Die Innovationskasse, im Handelsblatt mit einer Forderung nach Leistungskürzungen zitieren, die weit über jedes nachvollziehbare Maß hinausgeht: "Der Lage angemessen wäre es, die komplette zahnärztliche Versorgung aus dem Leistungskatalog zu streichen." Begründung: "Dieser Bereich ist stark durch Prävention beeinflussbar. Wer sich im Wesentlichen zweimal am Tag ordentlich die Zähne putzt, bekommt fast keine Probleme".
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung erteilt dieser, im Grunde völlig unsozialen und gegen jede wissenschaftliche Erkenntnis formulierten Forderung, eine klare Absage, so Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. "Es ist unverantwortlich, den Wert einer hochwertigen, evidenzbasierten und auf neuestem wissenschaftlichen Stand befindliche Zahnmedizin derartig zu bagatellisieren. Ein Beispiel: Gerade die mit breiter Unterstützung aller relevanten Entscheidungsträger im Gesundheitswesen und insbesondere der Krankenkassen im Jahr 2021 eingeführte neue präventionsorientierte Parodontitis-Therapie beweist das Gegenteil. Diese fußt nämlich auf der Erkenntnis, dass die Parodontitis nicht nur die häufigste Ursache für Zahnverlust bei Erwachsenen ist, sondern vielmehr im direkten Zusammenhang mit schwerwiegenden chronischen Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes mellitus oder rheumatoider Arthritis steht.
Mundgesundheit und regelmäßige zahnärztliche Vorsorge lassen sich nicht auf den vermeintlich griffigen Slogan "zweimal täglich Zähne putzen reicht" reduzieren. Die Leidtragenden solcher verantwortungslosen Vorschläge wären einmal mehr die Patientinnen und Patienten sowie in besonderem Maße die sozial Schwächeren".
Gerade die auf Prävention fokussierte Zahnmedizin beweist bereits seit über zwei Jahrzehnten und jedes Jahr aufs Neue, dass eine hervorragende zahnmedizinische Versorgung mit einem sinkenden Anteil an den Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenkassen einhergehe. Derzeit beträgt dieser nur noch sechs Prozent.
"Wir möchten Herrn Hermes daran erinnern, dass die Gesundheitsversorgung der auch ihm anvertrauten Krankenkassenmitglieder ein hohes Gut ist. Undifferenziert ganze Bereiche und damit betroffenen Menschen aus der Versorgung ausgliedern zu wollen, ist definitiv der falsche Weg, Kosten und Einnahmen in Deckung zu bringen. Dass dieser zudem in höchsten Maße unsozial ist, sei nur am Rande bemerkt".
Quelle und Kontaktadresse:
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV)
Sylvia Schröder, Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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