ver.di kritisiert weitere Verschiebung verbindlicher Personalvorgaben in Psychiatrien - Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) wird seiner Verantwortung nicht gerecht
(Berlin) - Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) übt deutliche Kritik am vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) veröffentlichten Beschluss zur Personalausstattung in psychiatrischen Einrichtungen. "Krankenkassen und Kliniken verschieben die Umsetzung der Personalvorgaben in der Psychiatrie auf den Sankt Nimmerleinstag. Sie nehmen damit weiterhin eine mangelhafte Versorgung und schlechte Arbeitsbedingungen billigend in Kauf", kritisierte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Der G-BA, in dem Krankenkassen und Krankenhäuser den Ton angeben, hat beschlossen, dass die Richtlinie "Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik" (PPP-RL) erst 2026 voll umgesetzt werden muss.
Derzeit ist vorgeschrieben, dass die personellen Mindestvorgaben zu 90 Prozent erfüllt werden. Doch nach einer aktuellen ver.di-Befragung liegt der tatsächliche Umsetzungsgrad der PPP-RL mit durchschnittlich 78 Prozent weit darunter. "Die Personalvorgaben für Psychiatrien werden flächendeckend unterlaufen", sagte Bühler. "Und nach dem Willen des G-BA darf das auch noch ein paar Jahre so weitergehen, denn das Inkrafttreten von Sanktionen für Kliniken, die die Regeln brechen, wurde erneut verschoben." Frühestens 2024 haben die Träger Strafen zu befürchten, wenn sie weniger Personal einsetzen als vorgeschrieben. "Mit diesem Beschluss degradieren Kliniken und Krankenkassen die Psychiatrie-Personalrichtlinie auf Jahre hinaus zum Papiertiger. Regeln müssen eingehalten werden, nur dann machen sie Sinn."
Die Gewerkschafterin sorgt sich auch bei einem weiteren Punkt des G-BA-Beschlusses um den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten. So werde Alleinarbeit in der Nacht legitimiert, statt sie zu beseitigen. "Dass Beschäftigte nachts allein auf psychiatrischen Stationen arbeiten müssen, ist unverantwortlich sowohl ihnen als auch den Patienten gegenüber", erklärte Bühler. Der G-BA begründe diese Entscheidungen mit dem Argument, die benötigten Arbeitskräfte seien nicht zu finden. "Seit Jahren hören wir diese Argumentation, sie wird durch ständiges Wiederholen aber nicht besser", so Bühler. "Wir müssen endlich den Teufelskreis durchbrechen. Die ständig hohe Arbeitsbelastung treibt weitere Beschäftigte aus ihren Berufen. Da kann doch die Antwort nur lauten: Wir verbessern die Arbeitsbedingungen durch mehr Personal." Der Gemeinsame Bundesausschuss werde seiner Verantwortung gegenüber Patientinnen und Patienten sowie den Beschäftigten nicht gerecht, so die Gewerkschafterin. "Die Bundesregierung, in deren Auftrag der G-BA handelt, kann nicht zulassen, dass ihre Personalvorgaben derart sabotiert werden. Der Bundesgesundheitsminister muss hier eingreifen."
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